Ghost Vibration08.06.2003, Mathias Oertel
Ghost Vibration

Im Test:

Wenn in der Nachbarschaft irgendetwas Unerklärliches passiert - wen ruft man da? Ghostbusters! Und wenn in einem verlassenen Herrenhaus Geister ihr Unwesen treiben - wen ruft man da? George! Noch nie von George gehört? Kein Problem. Das von Artoon entwickelte Ghost Vibration (ab 90,00€ bei kaufen) macht Euch mit ihm bekannt. Ob sich die Geisterjagd als spielerisch angenehme Überraschung entpuppt oder vielleicht doch lieber als Ektoplasma im Spiele-Nirvana herumgeistern sollte, erfahrt Ihr im Test.

Ghosthunter? Ghostbuster? George!

George ist leidenschaftlicher Geisterjäger. Und er reagiert sofort, als seine Jugendfreundin Alicia ihm von einem Herrenhaus berichtet, in dem unerklärliche Dinge passieren. Ohne groß nachzudenken schnappt er sich sein Speer-Gewehr (!), mit dem er Geister einfangen kann und macht sich auf den Weg, um das screcklicheGeheimnis des Gemäuers zu lüften.

Lightgun-Shooter im Wolfspelz

Nachdem die Grundvoraussetzungen klar sind -Ihr müsst mit George und seinem Speergewehr Geister fangen- könnte man sich eigentlich auf ein angenehmes Gruselvergnügen freuen. Doch in der Spiel-Realität sieht das anders aus. In Zeiten, da sich Entwickler mit größtmöglicher Bewegungsfreiheit toppen möchten, geht Artoon den entgegengesetzten Weg. Denn es steht Euch nur eine Bewegungsvariante zur Verfügung: den Stick nach vorne drücken. Daraufhin läuft George einen vorgegebenen Weg ab. Die Möglichkeit nach rechts oder links zu schauen oder gar einen Schritt zurück zu machen, gibt es nicht.

Seht Ihr auf Eurem Weg durch das Herrenhaus einen Geist, könnt Ihr in den so genannten Scope-Modus schalten und nun das Speergewehr abschießen und ihm so Energie entziehen, bis er quasi seinen Geist aufgibt. Durch plötzliche Positionswechsel und Euch entgegensausende böse Energien wird versucht, Euch das Leben schwer zu machen, doch letzten Endes bedeuten diese Stolpersteine wenig Gefahr.

Dann schaltet Ihr wieder in den Geh-Modus und bewegt Euch weiter durch das unheimliche Gemäuer. Hin und wieder warten noch spezielle Spektralgegner und natürlich am Ende jedes der neun Abschnitte ein Boss-Geist.

Doch bei den Boss-Kämpfen naht schon die nächste Enttäuschung: Mit Ausnahme des ersten und des letzten Fights laufen alle nach Schema F ab, wodurch ebenfalls schnell Langeweile aufkommt.

Da sich das ganze Spielprinzip mit seinen vorgegebenen Wegen und dem Schießen des Speergewehrs -im Übrigen die einzige Waffe, die Ihr zur Verfügung habt- verteufelt nahe dem Lightgun-Shooter annährt, stellt sich natürlich die Frage, wieso die Entwickler diesen Weg nicht komplett gegangen sind. Denn dann wäre aus Ghost Vibration ein passables Spielchen geworden. Als Action-Adventure geht es jedoch massiv unter.

Auch die Story kann wenig dazu beitragen, den Spielwitz zu erhöhen. Denn durch die eigentlich nett gemachten Render-Cutscenes bekommt man nur einen oberflächlichen Eindruck. Für jeden gefangenen Geist hingegen erhaltet Ihr zusätzliche Infos, welche die Story ergänzen. Allerdings ist dies ein denkbar ungünstiger Weg, denn wenn man tatsächlich die mehr als 190 Geister besiegt hat, muss man sich durch einen Wust an Infos durchklicken, um die ganze, insgesamt nach Schema 08/15 gestrickte Geschichte zu erfassen.

Technisch mit Höhen und Tiefen

Nachdem das Spielprinzip weitestgehend den Bach runter gegangen ist, werden die technischen Anstrengungen, die Ghost Vibration unternimmt, um Spannung und Atmosphäre aufzubauen, zwar gern gesehen, können das Spiel aber nicht mehr retten.

Vor allem die Soundkulisse zeigt, dass trotz allem fähige Entwickler am Werke waren. Mit schaurig schöner Musik, die sich dynamisch ans Spiel anpasst und Spannung erzeugenden Soundeffekten wird hier eine Atmosphäre aufgebaut, die sich hören lassen kann.

Sprachausgabe gibt es auch, wenn auch leider nur in den Video-Sequenzen und vor manchen Bosskämpfen. Allerdings ist sie nicht unbedingt geeignet, um die Spannung zu erhöhen. Denn vor allem im Fall George hat man das Gefühl, dass der Sprecher einfach vom Blatt abliest.

Da die Hauptfigur auf vorgegebenen Wegen läuft, nutzen die Grafiker die geschickte Kameraführung, um zusätzlich und meist erfolgreich für Aufregung zu sorgen.

Doch so sehr die Kameraführung auch überzeugt, kann sie nicht verschleiern, dass die grafische Umgebung im besten Fall knapp unter Durchschnittsware liegt.

Die Texturen wirken häufig vollkommen unmotiviert aneinander geklebt und vermitteln selten den Eindruck einer vom Haus ausgehenden Bedrohung. Auch die Animationen der Hauptfigur sind weit entfernt davon, natürlich zu sein, was sich vor allem beim Öffnen einer Tür bemerkbar macht.

Hin und wieder gibt es sogar grafische Glanzpunkte zu sehen, so etwa bei diversen Geisteffekten oder vor Bosskämpfen. Hier wird angedeutet, was das Spiel grafisch etwa hätte werden können, wenn man eine eindeutige Linie durchgezogen hätte.

Auch die nett anzusehenden Rendersequenzen können den grafischen Absturz mildern. Zwar nicht auf einem Niveau, wie es beispielsweise Capcom oder Square Enix bieten, sind sie aber immerhin sauber produziert.

Fazit


Warum? Diese Frage zieht sich durch das ganze Spiel. Warum kann ich meinen Charakter nicht frei bewegen? Warum wird das Game bereits nach kurzer Zeit gespenstisch öde? Warum muss ich mich, um die Story zu erfahren, durch langweilige Textpassagen klicken? Und warum zum Teufel haben die Entwickler eine gute Idee so gnadenlos zunichte gemacht und keinen Lightgun-Shooter entwickelt? Das Grundprinzip der Geisterjagd ist interessant und hätte entsprechend umgesetzt als kleiner Vorgeschmack auf das Ende des Jahres erscheinende Ghosthunter dienen können. Doch der völlige Mangel an Bewegungsfreiheit und die gut gemeinte, aber ganz und gar nicht zeitgemäße Grafik -von einigen sehr schönen Effekten einmal abgesehen- machen Ghost Vibration zu einem Spiel, das nicht einmal die vermutlich als Zielgruppe angepeilte jüngere Generation mit der Kohlenzange anfassen sollte. Einzig die Soundkulisse ist überzeugend, kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass das Spielprinzip massiv verschenkt wurde und bereits nach kurzer Zeit absolut öde wird. Der Monat hat gerade erst angefangen, aber ich denke hier haben wir schon einmal einen sicheren Kandidaten für die Goldene Zitrone im Juni.

Pro

<li>interessante Grundidee</li><li>spannende Soundkulisse</li><li>ultra-einfache Steuerung</li><li>nette grafische Spezialeffekte</li>

Kontra

<li>eintöniger Spielverlauf</li><li>vorgegebene Wege</li><li>umständlich erzählte 08/15-Geschichte</li><li>grafisch insgesamt unterdurchschnittlich</li><li>Speichern nur am Levelende</li><li>öde Bosskämpfe</li><li>verschenkte Ideen</li>

Wertung

PlayStation2

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