Castlevania: Curse of Darkness20.02.2006, Jens Bischoff
Castlevania: Curse of Darkness

Im Test:

Seit fast zwanzig Jahren jagt der Belmont-Clan nun schon über Generationen und verschiedene Videospielsysteme hinweg Graf Dracula und dessen Schergen. Eigentlich höchste Zeit für neue Gesichter, Geschichten und Ideen. Und tatsächlich: In Castlevania - Curse of Darkness bekommen die Belmonts eine wohlverdiente Auszeit, die legendäre Vampirpeitsche bleibt im Schrank und auch der Fürst der Finsternis scheint mausetot.

Von Rache getrieben

Curse of Darkness spielt drei Jahre nach den Ereignissen von Castlevania 3 auf dem NES und fast 400 Jahre nach denen des letzten und bisher einzigen PS2-Ablegers. Vampirfürst Dracula wurde jedenfalls von Trevor Belmont zur vermeintlich ewigen Ruhe gebettet, während seine beiden treuesten Diener, die Teufelsschmiedemeister Hector und Isaac überlebt haben. Allerdings sind diese bis aufs Blut verfeindet. Isaac wirft Hector, der den dämonischen Künsten den Rücken zugewandt hat,

Atmosphärische Lichtblicke: So prächtige Kulissen gibt es leider nur in den Zwischensequenzen.
vor, ihren einstigen Meister verraten zu haben, während Hector Isaac für den Tod seiner zu Unrecht auf dem Scheiterhaufen verbrannten Geliebten verantwortlich macht. Jedenfalls sinnen beide auf Rache und es kommt zum erbitterten Zweikampf hinter den Mauern des verwaisten Dracula-Schlosses.

Benötigtes Teufelswerk

Bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg, denn als Hector 1479 in die Einöde zurückkehrt, ist er seinem Rivalen nicht gewachsen und wird von Isaac zunächst verschmäht. Um ihm zu folgen und herauszufordern, muss sich Hector erst wieder den abgeschworenen Teufelsschmiedekünsten zuwenden und an Stärke gewinnen, was natürlich eure Aufgabe darstellt. So metzelt ihr euch brav durch Isaacs unchristlichen Hofstaat, sammelt fleißig Erfahrungspunkte, schmiedet immer durchschlagskräftigere Waffen und züchtet so genannte Unschuldsteufel (UTs), die euch mit ihren übernatürlichen Kräften nicht nur im Kampf zur Seite stehen, sondern euch auf dem Weg zu Isaac auch alle möglichen Hindernisse bewältigen lassen: Heilkundige Feen-UTs öffnen beispielsweise magisch versiegelte Truhen, während kraftstrotzende Kampf-UTs schwere Stahltüren aufbrechen und euch luftkampferprobte Vogel-UTs über tiefe Abgründe tragen.

Platz für Experimente

Insgesamt gibt es fünf UT-Arten plus einen skurrilen Bonus-UT, dessen Entwicklung ihr zum Teil je nach verwendeter Waffe in unterschiedliche Richtungen lenken könnt. Wer sich vorwiegend mit dem Schwert durch die Gegnerhorden schnetzelt, erhält am Ende der Evolutionsleiter also einen anderen UT als jemand, der die meiste Zeit von Äxten, Speeren, Krallenaufsätzen oder kuriosen Spezialwaffen Gebrauch macht. Je nachdem, welchen Entwicklungspfad ihr euren UTs mit eurer Waffenwahl vorgebt, lernen diese natürlich auch unterschiedliche Fähigkeiten, so dass es jede Menge Platz für Experimente gibt, mit denen man sich abseits des eigentlichen Rachefeldzugs immer wieder gerne beschäftigt,

Feuer speiender Stolperstein: An packenden Bossfights mangelt es Castlevania nicht.
obwohl die Beziehung zu euren stummen, seelenlosen Begleitern mangels Kommunikation und persönlicher Bindung nie über eine reine Nutzgemeinschaft hinausgeht, was eigentlich schade ist.

Schmiedehandwerk & Diebeskunst

Eine weitere motivierende Nebenbeschäftigung stellt das Schmieden neuer Waffen und Rüstungen dar, die ihr jederzeit aus Rohstoffen fabrizieren könnt, die getötete Gegner hinterlassen. Seltenere Materialien bekommt ihr hingegen nur, wenn ihr sie euren Feinden im Kampf geschickt stibitzt. Dazu nutzt ihr die praktische Zielaufschaltung und schlagt im richtigen Moment zu, was bei manchen Gegnern aber gar nicht so einfach ist, da die entsprechenden Zeitfenster entweder sehr eng sind oder sich erst öffnen, wenn ihr oder sie bestimmte Aktionen ausgeführt haben. Doch gerade dadurch wird das Ganze ungemein motivierend, denn die Gegner zu besiegen ist meist recht einfach, ihnen seltene Gegenstände abzuluchsen hingegen eine willkommene Herausforderung. Gegen Ende des Spiels steigt der allgemeine Schwierigkeitsgrad zwar deutlich an, aber bis dahin werden Metzelexperten bis auf ein paar anspruchsvolle Langfingeraktionen kaum gefordert.                

Programmierte Langeweile

Eine Ausnahme stellen lediglich die wie eh und je imposanten Bossfights dar. Habt ihr aber erst einmal die Aktionsmuster und Schwachstellen der teils gigantischen Unholde ausgespäht, ist der Rest meist nur noch Formsache.

Die Ruhe vor dem Sturm: Vor euch die Tür zum nächsten Obermotz, zur Rechten ein Speicherpunkt.
 Trotzdem machen die Kämpfe gegen die insgesamt 15 Obermotze, darunter zwei optionale Bonusbosse, eine Menge Spaß und sind dank fairer Speicherpunkte und freier Auflevelmöglichkeiten auch für Anfänger keine Frustbollwerke. Die übrigen Gegner sind hingegen nicht mehr als Kanonenfutter und mit der Zeit eher lästige Pflicht als schmackhafte Zwischenmahlzeit. Irgendwann dürfte es wohl selbst den größten Castlevania-Fan nerven, durch immer gleiche Korridore zu hetzen und ständig nach Schema F agierende Widersacher zu meucheln. Level- und Gegnerdesign wirken jedenfalls alles andere als zeitgemäß und Plattform- oder Rätselelemente gibt es so gut wie keine. Selbst die Größe der elf Spielabschnitte sowie zwei Geheimlevels umspannenden Vampirwelt bekommt einen üblen Beigeschmack, wenn die Welt nur aus engen Fluren und quadratischen Kammern besteht und man einige Passagen mit neu erlernten Fähigkeiten sogar nochmals hinter sich bringen muss. Zum Glück lassen sich auf der praktischen Automap wichtige Orte verschiedenfarbig markieren, so dass ihr unnötige Wege und Suchaktionen auf ein Minimum reduzieren könnt.

Einkaufsbummel ohne Rückfahrschein

Praktisch sind auch die diversen Teleportationsmöglichkeiten, mit denen ihr schnell zwischen verschiedenen Spielabschnitten wechseln oder einen Shopbesuch einlegen könnt. Allerdings funktioniert der Warp zu Julias Hexenladen via magischem Ticket nur in eine Richtung, was fast genau so idiotisch ist, wie der Einsatz eines Gedenktickets,

Befehlsgewalt: Über das Menü links unten könnt ihr euren Begleitern Anweisungen erteilen.
 dass euch eigentlich zum letzten Speicherpunkt bringen sollte,  euch aber stattdessen immer wieder an den Anfang des Anfangslevels zurückversetzt, wo ihr mit einem Spielstand des ersten PS2-Castlevanias auf der Memory Card übrigens ein nützliches Bonusitem finden könnt. Lästige Märsche, um wieder an den Ort des Geschehens zurück zu gelangen, bleiben euch aber leider nicht erspart.

Zu wenige Lichtblicke

Das führt dazu, dass ihr eigentlich immer nur dem nächsten Bossfight oder der nächsten Zwischensequenz entgegen fiebert, die allesamt in hübscher Render-Optik erstrahlen und professionell, allerdings nur Englisch vertont wurden. Dazwischen gibt es weder viel zu sehen noch zu tun und auch die verworrene Handlung mit ihren mysteriösen Charakteren kocht viel zu lange auf Sparflamme. Zwar werdet ihr durch die Informationsknappheit und die spärlichen Dialoge erzählerisch gut bei der Stange gehalten und trefft sogar auf einen alten Bekannten des Belmont-Clans, aber von der mitreißenden Handlung und Atmosphäre eines Soul Reaver 2 ist Curse of Darkness beispielsweise meilenweit entfernt.

Durchwachsene Präsentation

Auch technisch hinkt man der Konkurrenz spürbar hinterher: Die Texturen sind völlig verwaschen, Rüstungswechsel haben keine optischen Auswirkungen, viele Animationen wirken hölzern und Anti-Aliasing scheint für Konami immer noch ein Fremdwort zu sein.

Gefährten nach Maß: Mit der Wahl eurer Waffe bestimmt ihr auch die Entwicklung eurer Begleiter.
Hinzu kommt, dass Hector äußerst behäbig durch die Gegend stapft, das Kombosystem vergleichsweise primitiv ist und die Kamera auch abseits unsinniger Zielaufschaltungen immer wieder zickt. Wenigstens gibt es einen 60Hz-Modus und Slowdowns muss man ebenfalls mit derf Lupe suchen. Akustisch präsentiert sich die Vampirhatz ebenfalls durchwachsen: Die Effekte sind solide, aber unspektakulär, während der Soundtrack, der auch separat auf CD erhältlich ist, wild zwischen nervigem Synthiegedudel mit E-Gitarren in MIDI-Qualität einerseits und famosen Orchesterklängen andererseits hin und her springt. Na ja, nostalgisch veranlagten Serienveteranen wird‘s vielleicht gefallen, ich hätte die Musikuntermalung stellenweise aber am liebsten stumm geschaltet. Wer bis zum Ende durchhält, darf sich übrigens auf diverse Extras wie einen höheren Schwierigkeitsgrad, einen Bossfight-Marathon und einen alternativen Protagonisten freuen, der im Gegensatz zu Hector nicht mit Klingen und UTs, sondern mit serientypischer Peitsche und vertrauten Zweitwaffen auf Vampirjagd geht!             

Fazit

Schon das letzte PS2-Castlevania konnte mich nicht wirklich von seinem 3D-Dasein überzeugen - mit Curse of Darkness verhält es sich sehr ähnlich. Dabei ist es nicht nur die mäßige Technik mit ihren Matschtexturen und Hampelmannanimationen, die ich den Entwicklern ankreide. Auch die eigentlich interessante Story ergießt sich viel zu zaghaft über die vorsintflutliche Levelarchitektur mit ihren harmlosen Fließbandgegnern. Hinzu kommen nervige Kameraprobleme, witzlose Teleportationsmöglichkeiten und ein Soundtrack, dessen Bandbreite von stimmungstragenden Orchesterklängen bis hin zu nervtötendem Synthiegedudel reicht. Wären da nicht die typischen Bossfights und wiederkehrenden RPG-Elemente, würde Hectors Rachefeldzug in der Bedeutungslosigkeit versinken. Die Aufzucht eurer teuflischen Begleiter, das Schmieden neuer Waffen und Rüstungen sowie die Beschaffung der dazu notwendigen Materialien fängt die Stimmungsflaute zwischen den imposanten Bosskämpfen und gelungenen Storysequenzen zwar immer wieder auf, aber eigentlich sollten es die Mannen um Serienvater Koji Igarashi weitaus besser können. Vielleicht klappt‘s ja beim nächsten Mal endlich mit einem restlos überzeugenden Castlevania in 3D - wünschen würde ich es mir jedenfalls.

Pro

60Hz-Modus
große Spielwelt
imposante Bossfights
nettes Crafting-System
stimmige RPG-Elemente
hübsche Rendersequenzen
motivierende Sidekick-Aufzucht
gute englische Synchronsprecher

Kontra

bockige Kamera
eintönige Spielwelt
matschige Texturen
seelenlose Begleiter
hölzerne Animationen
monotoner Spielverlauf
vorsintflutliches Leveldesign
durchwachsener Soundtrack
unausgewogener Schwierigkeitsgrad
unausgereiftes Teleportationssystem

Wertung

PlayStation2

Technisch und spielerisch durchwachsene Vampirjagd vor trister 3D-Kulisse.

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