Schreckliche Potenziale und Momente
Man hat zu selten das Gefühl der Bedrohung. Zum einen, weil man immer schlagfertige Argumente hat, die mächtig austeilen...selbst auf dem Rücken liegend.
Das Gefühl der Bedrohung, das die ersten Zombies in der Tiefgarage noch im Halbdunkel schlurfend auslösen, vergeht mit jeder Spielstunde - man ist zu mächtig, zu schnell, zu nahkampfstark. Es ist nicht so, dass man auf dem normalen Schwierigkeitsgrad gar nicht überwältigt wird. Im Gegenteil: Manchmal landet man verwundet auf dem Boden, kann lediglich kriechen und muss warten, bis man aus dem Liegen heraus schießen kann - so entstehen einige Rettungsschüsse in letzter Sekunde, wenn sich die geifernde Fratze schon über einen beugt. Aber obwohl in diesen Momenten der Terror aufblitzt, der für Nervenkitzel sorgt, vergeht er darauf wieder, wenn man von seiner Begleiterin mit Heilspritze gerettet wird - manchmal komplett unrealistisch in der Zombiemeute.
Es ist ganz einfach: Zu zweit hat man weniger Angst. Außerdem ist man so wesentlich stärker, zumal Helena manchmal vieles wegballert und in kritischen Situationen als Köder ausgenutzt werden kann, der auch noch viel zu spät stirbt. Das kann gerade kooperativ Spaß machen, aber diese Fixierung auf ein Duo zwingt dem Spieldesign in der Kampagne einige faule Kompromisse auf, die Spannung rauben. Es geht also nicht nur darum, dass Capcom keinerlei wechselseitige Kommunikation oder gar Beziehungspflege zwischen den beiden Charakteren erlaubt - man kann ja lediglich ohne Auswirkungen loben, sich bedanken sowie vier schnöde Befehle wie "Folgen" oder "Angreifen" geben. Es geht auch darum, dass man das Duo spielmechanisch so schlecht integriert, dass es zu viele Rettungsautomatismen gibt.
Letzte Hilfe: Zwischensequenz
Zum anderen wird die Umgebung zu selten als Druckmittel eingesetzt: Man kann weder Türen schließen noch sich verbarrikadieren. Es gibt lediglich Einbahnstraßen.
Und wenn es mal brenzlig wird, wenn man also mal kurz davor steht, überwältigt zu werden, retten einem auch noch die Zwischensequenzen das Leben. Es kommt häufig vor, dass man eine bestimmte Tür eigentlich gar nicht öffnen kann, aber dass die Betätigung reicht, um alle Verfolger hinter einem wie von Zauberhand auszulöschen – fühlt sich an wie ein Cheat. Capcom inszeniert Durchgangsstraßen, manchmal auch Labyrinthe, aber übersieht den Nervenkitzel trügerischer Sicherheiten wie durch oben erwähnte Türen. Das Leveldesign ist einem Shooter würdig, aber für Horror im wahrsten Sinne des Wortes viel zu durchsichtig. Da werden explosive Fässer oder wichtige Munitionsnachschübe wie Brotkrumen aufgereiht, wenn es mal gegen einen der Bosse geht.
Apropos: Bosskämpfe waren mal Capcoms große Stärke. Hier sind sie es nicht. Zum einen sind die wenigen viel zu leicht, da nicht nur überall Sprengstoff herum steht, sondern man selbst meist genug Bomben mit Fernzünder hat. Zum anderen kann man sich angesichts der Verbündeten, die zusätzlich zum ständigen Begleiter auftauchen, in Ruhe zurückziehen und aus der Distanz feuern, bis das mutierte Vieh erledigt ist. Das geht nicht immer, aber zu oft hat man das Gefühl, dass man nicht selbst, sondern ein Automatismus der Held ist. Regelrecht lächerlich ist, dass die Japaner einen finalen Gegner endlos lang mutieren und wieder auferstehen lassen - das wirkt wie eine einzige künstliche Streckung, zumal man x-mal dasselbe machen muss, um ihn zu besiegen. Wie man anspruchsvolle Bosskämpfe inszeniert, hat
Castlevania: Lords of Shadow demonstriert.