Ein tierischer Haufen
Das Art-Design hinterlässt zwar einen deutlich braveren Eindruck als Konkurrenten wie
Shantae,
Gris oder das hübsch gezeichnete
Wonder Boy: The Dragon's Trap. Doch auch Monster Boy und das Verfluchte Königreich entfaltet durchaus einen gewissen Charme. Nachdem der in ein Schwein verwandelte Held zum ersten Mal seinen Wanst schwang oder grunzend mit den Hufen zustieß, ist er mir schnell ans Herz gewachsen. Sicher, die idyllischen Bilderbuch-Kulissen vor grünen Auen oder tropfenden Tunnelsystemen wirken ein wenig austauschbar, fangen aber die Wonder-Boy-Atmosphäre ein. Die Geschichte bleibt hier nur Nebensache: Nachdem sein wild gewordener Onkel die Einwohner in allerlei Tiere verwandelt hat, muss Jin die Suppe auslöffeln und begibt sich auf einen Erkundungstrip zur Rettung von Monster World.
Zeit für eine Shopping-Tour...
Die Erzählung beschränkt sich auf sporadisch eingestreute Slapstick-Sequenzen, in denen der schelmisch grinsende Onkel z.B. auf einem Fass voller königlichem Nektar durch die Luft düst oder einen übergroßen Oktopus-Boss beschwört. Im Dorf Lupia trifft Jin auf Verbündete wie die die mystische Katze Mystikatz, die ihm den Weg zur nächsten der fünf im Königreich verstreuten Kugeln weist. Passend zu vergnüglich-bekloppten Oldschool-Prämisse düdelt im Hintergrund ein beschwingter Soundtrack von japanischen Stars wie Yuzo Koshiro. Manchmal erinnern die verruchten Saxophon-Melodien zwar eher ans RTL-Nachtprogramm der frühen Neunziger als an einen Plattformer - meist treffen die Komponisten aber den richtigen Ton.
Mitreißende Mischung
Das Highlight der sich öffnenden Welt sind natürlich die zahlreichen Gadgets und Verwandlungen. Kurz nachdem ich die Fähigkeit erlernt hatte, mich auf Knopfdruck in eine Schlange zu transformieren, schlängelte ich auch schon wild durchs Dorf, um etwa in der Mühle an der Wand empor zu kraxeln und hohe Geheimräume zu erforschen. Auch in der Kanalisation kommt die Agilität gelegen: Immer wieder muss ich geschickt zwischen Schwein und Schlange wechseln, um die Spitze der Grotte zu erreichen. Erst eine kleine reptile Rutschpartie – und im Sprung schalte ich rechtzeitig um, damit der Rüssler ein Hindernis hinter einem Gitter abfackelt.
Blahrg!
In solchen Momenten beweisen die Entwickler auf beeindruckende Weise, dass sie ein ähnlich gutes Händchen für eingewobenen Rätsel haben wie die Moon Studios (
Ori). Immer wieder kraxelt man an der Decke entlang, zwängt sich als Schlange durch schmale Durchgänge, hievt Kisten mit Hilfe von Lastenaufzügen zu den passenden Orten, taucht mit dem passenden Gewicht durch tiefe Tümpel, zieht sich in Froschform an Kletterhaken in die Höhe oder setzt eines der vielen nützlichen Gadgets und Tränke ein, mit denen man sich beim letzten Shop (mit verdienter Spielwährung) eingedeckt hat. Besonders gut gefällt mir ihr Einsatz in den Bosskämpfen: Erst schwäche ich eine Riesenkröte mit Bumerangs und kleinen Windhosen (Magic Pockets lässt grüßen!) und sobald sie in die Höhe springt, verpasse ihr ein paar vertikale Blitz-Attacken. Nachdem sie mich verschlungen hat, malträtiere ich schließlich ihre Eingeweide – inklusive eines kleinen Sprints durch den Magen! Auch hier hat Game Atelier eine idealen Weg gefunden, Bosskampf-Puzzles mit fünf tierischen Verwandlungen, gewöhnlichen Attacken und Waffen wie Feuerschwertern zu verbinden.
Offen, aber direkt
Schön auch, dass ich mich in der Welt trotz üppiger Ausmaße nur selten verlaufen habe. Erkundungs-Potenzial ist durchaus vorhanden, doch die Hauptmissionen nehmen den Spieler immer ein wenig an die Hand und weisen ihm den wichtigsten Weg. Nicht ganz so geschliffen wirken kleine Schwankungen beim Schwierigkeitsgrad und einige nervige Sprungpassagen. Wenn man kopfüber inmitten schwebender Plattformen entlang kraxelt, ist es manchmal gar nicht so leicht, Entfernungen abzuschätzen. Erschwert wird das oft davon, dass mittendrin noch Fledermäuse und anderes Viehzeug zur Attacke ansetzt, wobei sich die Abwehr oder Ausweichbewegungen etwas fummelig gestalten.
Ein Feuerball schadet nie!
Allgemein bewegen sich die Figuren hier etwas „hölzerner“ als in moderneren Serien wie Ori oder
Rayman mit ihrem exzellent einschätzbaren Beschleunigungsverhalten. Im Gegensatz zu vielen kleine Indie-Titeln muss man Monster Boy aber zugute halten, dass die Handhabung immerhin komplett analog umgesetzt wurde. Wer will, kann also mit leichtem Druck des Analogsticks zu vorsichtigen Schleichtouren ansetzen, statt stets ungestüm loszuspurten. Gravierende technische Unterschiede zwischen den Umsetzungen sind uns übrigens nicht aufgefallen. Alle drei Plattformen kommen gut mit der horizontalen Action zurecht, die hier und da von Effekten aufgepeppt wird – zum Beispiel mit fein animierten Wasser am Strand. Auf der Switch läuft das Spiel übrigens in 1080p mit 60 Bildern pro Sekunde (TV-Modus) bzw. 720p mit 60 Bildern pro Sekunde (Handheld-Modus).