ICO und Shadow of the Colossus lassen grüßen
Wer ICO und Shadow of the Colossus kennt, darf sich nicht nur über viele Déjà-vus freuen: Nicht nur
das Monumentale, das Reduzierte sowie die Überleuchtung tauchen wieder auf, auch Kleinigkeiten wie die Echsen aus Shadow of the Colossus oder die Tauben aus ICO. Es ist schön zu sehen, wie Fumito Ueda auch spielerische Elemente seiner bisherigen Abenteuer aufgreift, ergänzt oder umkehrt. So wird aus roher Gewalt erste Hilfe: War man in Shadow of the Colossus noch ein gnadenlosen Monstertöter, der sein Schwert in verwundbare Stellen gigantischer Kreaturen rammen musste, gilt es hier die Speere aus dem Leib von Trico zu ziehen. Manchmal wird er von mehreren Wachen ins Visier genommen, getroffen und verwundet, bis er blutet - dann muss man schnell an seinen Federn hinab klettern und sie mit aller Kraft entfernen, was ihm sichtbar Erleichterung verschafft.
Gut, dass Trico so aufmerksam ist: Nach manchen stürzen ist der die letzte Rettung.
Auch das Prinzip des reflektierten Lichts taucht in veränderter Form wieder auf, wenn der Junge einen Schild einsetzt, um zerstörbare Hindernisse zu markieren: Dann feuert Trico einen lila Stromschlag ab, der den Weg frei macht. Seltsamerweise verliert man dieses auch für kleinere Raumrätsel eingesetzte Hilfsmittel recht früh, doch es kehrt im letzten Drittel zurück und wird auf vielfältige Art zum Aktivieren und Zerstören eingesetzt, kann sogar Wächter in die Knie zwingen. Noch ein Motiv kehrt zurück: Wird der Junge von den Wächtern geschnappt, versuchen sie ihn in blaue Türen zu verschleppen, so dass man sich schnell befreien muss - das erinnert an die schwarzen Löcher der Dämonen in ICO. Sehr schön ist, dass es erneut keinerlei Blinken aus der Distanz für mögliche Interaktionen, eingeblendete Hilfen oder Zielmarker gibt. Wer die Räume und die Objekte untersucht, wird aber immer einen Weg finden.
Kamera, Steuerung & Technik
Ob man gleich abspringen muss? Manchmal bringt einen Trico in die Nähe von Plattformen.
So lobenswert dieses Weiterführen von Traditionen ist, bleiben die Entwickler auch einigen Defiziten treu. Die Kamera und die Steuerung lassen manchmal zu wünschen übrig: Zum einen muss man seine Sicht ja ständig anpassen, kann sie aber manchmal nur recht träge schwenken und den Blick nicht immer an einen Punkt halten, weil er flatterhaft wechselt. Zum anderen bewegt sich der Junge wie ein nervöses Eichhörnchen, weil es zwischen dem ganz langsamen Schleichen auf Zehenspitzen und dem Rennen kein normales Spazieren gibt. Selbst wenn man den Analogstick ganz sanft weiter drückt, gibt es keinen harmonischen Übergang. Das ist deshalb nicht allzu frustrierend, weil er vor Abgründen automatisch hält und nicht gleich fällt - man kann sich daran gewöhnen.
Etwas nervig ist, dass man die eingeblendeten Steuerungshinweise nicht komplett abschalten kann - dass sie zu Beginn auftauchen ist klar, aber irgendwann weiß man ja, über welchen Knopf man sich festhält oder etwas bewegt. Unglücklich ist zudem, dass der Sprecher manchmal schon vor einer Aktion ihre geglückte Ausführung kommentiert. Ich konnte The Last Guardian nur auf der PlayStation 4 Pro testen: Ab und zu kann es dort Probleme mir der Bildrate geben, die in wenigen Situationen auch mal in die Knie geht, aber über die dreizehn bis fünfzehn Stunden nie so oft und stark, dass es das Spielgefühl negativ beeinflusst. Es ist angesichts der Größenunterschiede zwischen dem Jungen und Trico sowie der vielen verwinkelten Räumlichkeiten übrigens erstaunlich, wie wenig klassische Grafikfehler es gibt - es gibt ganz selten Clipping & Co.