Star Ocean: Integrity and Faithlessness08.07.2016, Jens Bischoff

Im Test: PS4-Premiere der Rollenspielsaga

Sieben Jahre mussten Star-Ocean-Fans auf einen neuen Teil der Rollenspielsaga warten. Jetzt haben tri-Ace und Square Enix mit Star Ocean: Integrity and Faithlessness (ab 16,98€ bei kaufen) den fünften Teil auch hierzulande veröffentlicht. Ob sich das Warten gelohnt hat, klärt der Test.

Aufeinanderprallende Welten

Eigentlich wollten Schwertkämpfer Fidel Camuze und Freundin Miki Sauvester ja nur ihr Heimatdorf Sthal vor feindlichen Überfällen beschützen. Doch als sie sich aufmachen, um Unterstützung aus der Hauptstadt zu erbeten, gerät ihr mittelalterliches Weltbild durch die Rettung eines kleinen Mädchens aus einem abgestürzten Raumschiffwrack völlig aus den Fugen.

Auch im fünften Star-Ocean-Abenteuer prallen Fantasy- und Sci-Fi-Welten wieder aufeinander.
Die beiden haben seitdem nicht nur tausende Fragen, sondern auch noch ein verstörtes Kind und technisch hoch überlegene Verfolger im Nacken.

Doch Fidel und Miki bleiben nicht lange allein mit ihren Sorgen. Immer wieder schließen sich Unterstützer und Verbündete ihrer Sache an - eine handvoll sogar bis ans Ende. Und das kommt früher als gewohnt. Denn wer nur der Haupthandlung folgt, kann trotz künstlicher Streckungen wie langwierigem Hin-und-Her-Gelatsche schon nach weniger als zwanzig Stunden das Finale erleben. Das ist sowohl im Vergleich zu früher als auch zu Konkurrenzserien wie Namcos Tales-Saga erstaunlich kurz.

Selbstversorgung gefällig?

Nur gut, dass es auch abseits der erst sehr spät in Fahrt kommenden und zeitlich zwischen Star Ocean 2 und Till the End of Time spielenden Science-Fantasy-Story viel zu tun und zu entdecken gibt. Die zu erkundende Spielwelt ist zwar überschaubar, die einzelnen Schauplätze sind aber angenehm weitläufig und locken mit zahlreichen Rohstoffen, Schätzen und Gegnern.

Im Lauf des Spiels kann man allerlei nützliche Spezialfähigkeiten erlernen und trainieren.
Das Jagen und Sammeln ist dabei nicht nur Selbstzweck, sondern Grundlage für allerlei handwerkliche Betätigungen, die man im Lauf des Abenteuers erlernen kann. Als Schmied kann man beispielsweise neue Ausrüstung fertigen, als Koch stärkende Gerichte zubereiten oder als Schriftgelehrter Zaubersprüche auf Papier bannen.

Waffen, Schmuck oder Rüstungen lassen sich durch nachträgliche Augmentationen sogar noch weiter aufwerten, die verschiedenen Sammel- und Handwerksgeschicke stufenweise verbessern. Mit den dafür nötigen Fertigkeitspunkten kann man aber auch Spezialtalente wie das Knacken von Schlössern, das Anlocken von Gegnern oder das Anliefern zur Neige gehender Hilfsmittel freischalten. Zudem kann man die gesammelten Punkte ins Lernen und Verbessern von Kampfrollen investieren.

Dynamische Geplänkel

Da man in den an Ort und Stelle ausgetragenen und jederzeit pausierbaren Echtzeitkämpfen immer nur ein Gruppenmitglied selbst steuern kann, werden die übrigen den zugeteilten Rollen gemäß von der KI kontrolliert. Im Vergleich zu früheren Episoden setzen sich die Rollenbilder dabei aus weniger, aber dafür komplexeren Verhaltensmustern zusammen, deren Angebot abhängig von den eingesetzten Rollen stetig zunimmt. Jedem Charakter kann man bis zu vier Rollen zuteilen und so z. B. auf Häufigkeit, Stärke und Zielsetzung seiner Aktionen Einfluss nehmen.

An den Kämpfen nimmt oft die komplette Party teil - inklusive freier Charakterwahl.
Magiekundigen Gruppenmitgliedern kann man zudem bestimmte Zauber generell verbieten oder sie im Kampf gezielt anfordern.

Wie gewohnt, kann der aktive Charakter aber auch jederzeit gewechselt werden. Anpassungen an der getragenen Ausrüstung, den zugeteilten Rollen und den bei direkter Steuerung verfügbaren Angriffen sind ebenfalls mitten im Kampf möglich. Mit lediglich zwei Angriffstasten sind die Möglichkeiten zwar eher begrenzt, allerdings werden je nach Drucklänge und Entfernung unterschiedliche Aktionen ausgeführt. Mit einer weiteren Taste kann man zudem ausweichen, verteidigen und mit geschickten Timing kontern. Auch mit diversen Boni aufladbare, individuelle Spezialangriffe (Reserve Rushs) sind mit von der Partie.

Einfache Regeln

Generell wird das Kampfsystem von einem Schere-Stein-Papier-Prinzip getragen, dessen Nutzung nicht zwingend nötig ist, einem das (Über-)Leben aber spürbar leichter machen kann. So lassen sich einfach Angriffe blocken und kontern, Verteidigungshaltungen mit schweren Angriffen knacken und schwere Attacken mit leichten unterbrechen. Bei wenigen Kontrahenten bzw. Mitstreitern funktioniert das dank Zielfixierung und optischer Erkennungshilfen sehr gut.

Je nach Art der Aufladung gewährt die gesammelte Spezialenergie (rechts) unterschiedliche Boni, bevor man sie in einem je nach Initiator anders gearteten Kampfmanöver entlädt.
Je mehr mitmischen, um so unübersichtlicher wird es allerdings - vor allem wenn man nicht weiß, ob bei einem blauen Schimmern im Gemenge nun der Gegner oder ein Verbündeter zu einem starken Angriff ansetzt.

Auf der anderen Seite ist es aber auch ein willkommener Wechsel, dass im Vergleich zu früher nicht nur eine bestimmte Anzahl an Gruppenmitgliedern, sondern die komplette, bis zu siebenköpfige Party an Kampfhandlungen teilnehmen kann. Manchmal sind sogar noch zusätzliche KI-Verbündete dabei, die man zwar nicht direkt steuern kann, die aber bei größeren Aufeinandertreffen für gelungene Schlachtfeldatmosphäre sorgen. Nur die Kamera verliert sich trotz freier Justierung hin und wieder im Chaos.

Durchwachsene Präsentation

Auch abseits der Kämpfe wirkt die Kameraführung eher unruhig, während Treppchenbildungen, Pop-Ups und Clipping-Fehler leider an der Tagesordnung sind. Mancherorts kommen zudem spürbare Einbrüche bei der ansonsten weitestgehend stabilen Bildrate hinzu. Schade ist auch, dass Sammeltätigkeiten wie Pflanzenernte, Bergbau oder Fischen völlig animationsfrei vonstatten gehen,

Das uneinheitliche Charakterdesign wirkt wie schon im Vorgänger teils extrem puppenhaft.
Ausrüstungswechsel keinerlei Einfluss auf das Erscheinungsbild haben und die Bewegungsfreiheit immer wieder durch unschöne Trennlinien eingegrenzt wird.

Neben der Technik präsentieren sich leider auch Soundkulisse und Charakterdesign recht durchwachsen. Während die eine munter von klassischen Orchesterklängen zu galoppierenden E-Gitarren wechselt, wirken übertrieben marionettenhaft designte Figuren wie Miki im Vergleich zur den meisten anderen Charakteren fast schon wie Fremdkörper. Wer die Barbie-Fratzen aus The Last Hope verkraftet hat, wird aber auch das überleben. Immerhin gibt es nicht auch noch einen stummen Protagonisten als Fremdkörper.

Kein Deutsch

Sämtliche Story-Dialoge wurden vertont, wobei man frei zwischen japanischem Originalton und englischer Synchronisation wählen kann. Ärgerlich ist allerdings, dass man sich im Vergleich zum Vorgänger nur noch englische und französische Übersetzungen geleistet und auf deutsche Untertitel verzichtet hat.

Fast alle Nebenquests werden über Schwarze Bretter ausgeschrieben und drehen sich in der Regel um Jagd- und Sammelaufgaben.
Bei den hauptsächlich über schwarze Bretter initiierbaren Jagd- und Sammel-Quests hätte man sich aber am liebsten Bilder der gesuchten Zielobjekte gewünscht, denn jeden gesuchten Gegner erst im Lexikon nachzuschlagen, ist ziemlich nervig.

Dafür gefallen die ausbaubare Kartenfunktion sowie die optionalen Kampftrophäen und Gruppenplaudereien (Private Actions), die einem manchmal sogar neue Fertigkeiten bescheren können. Auch der Humor kommt mit albernen Intermezzi wie den Besuchen in Welchs Labor nicht zu kurz. Zudem warten zwei mehrstufige Bonus-Dungeons sowie insgesamt vier Schwierigkeitsgrade darauf, bezwungen zu werden. Gerade die Bosskämpfe sind aufgrund astronomisch hoher Lebenspunkte aber oft einfach nur langwierig. Auch wenn einen der zeitlich und zahlenmäßig sanktionierte Item-Einsatz gelegentlich durchaus ins Schwitzen bringen kann.

Fazit

Angesichts der langen Wartezeit wirkt Star Ocean: Integrity and Faithlessness ungewohnt holprig - und das nicht nur im Hinblick auf die eher schwache Technik, sondern auch in punkto Inszenierung und Dramaturgie. Charakterdesign und Soundkulisse präsentieren sich ebenfalls recht uneinheitlich. Zudem ist das eigentliche Abenteuer ungewohnt schnell vorbei. Im Gegensatz zum letzten Teil gibt es sogar nicht einmal mehr eine deutsche Übersetzung. Trotzdem konnte mich der typische Fantasy-Sci-Fi-Mix auch dieses Mal noch gut unterhalten. Das lag zum einen an der Vielzahl an Aktionsmöglichkeiten, die von handwerklichen Maßarbeiten bis zum Entwickeln hilfreicher Spezialfähigkeiten reichen. Und zum anderen an den dynamischen Echtzeitkämpfen, an denen neuerdings die komplette Party teilnehmen darf. Vor allem die völlig freien Charakterwechsel und neu gestalteten Rollenanpassungen stechen hier hervor. Namcos Tales-Konkurrenz bietet in meinen Augen aber noch immer das deutlich rundere und üppigere Gesamtpaket.

Pro

dynamische Echtzeitkämpfe mit kompletter Party
motivierende Sammel- & Upgrade-Reize
individuell anpassbare Charakterrollen
üppiges Quest- & Crafting-Angebot

Kontra

vergleichsweise kurze Hauptgeschichte
holprige Technik & Inszenierung
überschaubare Spielwelt
nicht lokalisiert

Wertung

PlayStation4

Vergleichsweise kurzer und etwas holprig wirkender fünfter Teil der Action-Rollenspielsaga.

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