Hickhack mit Atari
Spiele von Jeff Minter sind nach wie vor etwas Besonderes. Der zottelige Altmeister mit einer Vorliebe für Huftiere und blitzende Weltraum-Shooter werkelt auf seiner Waliser Farm wie in frühen Heimcomputer-Tagen im Zwei-Mann-Team an seinen Arcade-Titeln: Zusammen mit Ivan Zorzin hatte er bereits vor vier Jahren seinen Klassiker Tempest 2000 überarbeitet – mit einem hübsch glühenden Retro-Gitter, ein paar modernen Ergänzungen und einem genialen Rave-Soundtrack (
zum Test). Das geschah allerdings unter dem Namen TxK und offenbar ohne die Genehmigung von Atari. Obwohl der einstige Branchenriese fast nichts mehr mit dem Atari der Siebziger bis Neunziger gemeinsam hat, besitzt das Unternehmen die Rechte an der Marke des ursprünglichen Tempest-Automaten, was prompt einige Anwälte auf den Plan rief.
MMMMMMUUUUUUH: Auch Minters Spleen für Huftiere im All darf nicht fehlen.
Llamasoft sollte offenbar das Vita-Original aus dem PSN-Store entfernen, sämtliche Umsetzungen einstellen und sich auch künftig tunlichst von der Marke fernhalten. Das führte wiederum
zu wütenden Tweets von Minter, der Ataris erfolglose Konsole Jaguar mit seiner furiosen Neuinterpretation von Tempest damals immerhin etwas beliebter machte. Nach monatelangem Hickhack einigte man sich offensichtlich doch noch, um eine erweiterte TxK-Umsetzung unter dem Namen Tempest 4000 herauszubringen – was allerdings ebenfalls nicht reibungslos ablief: Am 28. April war die PS4-Fassung sogar versehentlich schon ein paar Stunden im US-amerikanischen PSN-Store erhältlich. Warum? Weiß keiner so genau. Gestern war es zumindest auch für alle anderen so weit.
Endlich wieder Hirnfasching!
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei Tempest 4000 um ein leicht aufgebohrtes TxK, weshalb wir in diesem Artikel nicht so intensiv auf die Spielmechanik eingehen wie
im Originaltest. Am vorderen Ende einer Drahtgitter-Röhre huscht das eigene Schiffchen über den Rand, während aus der Tiefe des Alls geometrische Figuren, blitzende Stachelsterne und andere galaktische Monstrositäten auf den Spieler zu rauschen. Zerlegt man sie nicht rechtzeitig mit der Kanone, erreichen sie den oberen Rand und marschieren bedrohlich nah neben dem Schiffchen entlang, um es bei Berührung in die tödliche Tiefe des Alls zu entführen. Um das zu verhindern, gibt es eine Hand voll Extras wie einen aufgerüsteten Partikelschuss, eine selbstständig agierende Hilfsdrohne oder einen kurzen Sprung vom Gitter, um herumlungernde Störenfriede zu entfernen. Zur Not zündet man eine Smartbombe, die bei geschicktem Einsatz besonders viel Punkte aufs Konto spült. Auf den Punkt gebracht also nach wie vor ein vereinnahmendes Spektakel mit Suchtgefahr, dessen Vorbild schon lange vor Rez die Intensität klassischer Arcade-Action mit Techno-Ästhetik vermischte.
Die Geometrie wurde bei der Umsetzung komplett neu entwickelt - auch wenn man nicht immer viel davon erkennt.
Ein zentrales Element für den Farbrausch sind natürlich die visuellen Effekte – die Llamasoft im Vergleich zum Vita-Spiel noch einmal ordentlich aufgedreht hat. Während man auf dem Handheld trotz der Explosionen meist noch relativ klar erkennbare Linien vor Augen hatte (was vor allem auf dem OLED-Schirm der ersten Vita wunderhübsch aussah), kann es neuerdings selbst für Veteranen etwas überfordernd werden. Immer wieder beginnt das komplette Bild hell zu leuchten, zu wabern oder sich anderweitig zu verzerren. Nach ein paar Spielstunden stehe ich der Neuerung mittlerweile ambivalent oder sogar leicht negativ gegenüber. Der Neon- und Techno-Fan in mir kann gar nicht genug vom noch berauschenderen Feuerwerk bekommen, zumal mir TxK ohnehin einen Deut zu „brav“ aussah – vor allem im Vergleich zum optischen Wahnwitz in Minters
Polybius oder gar
Space Giraffe. Andererseits leidet aber die Übersicht, so dass es vor allem auf eng verschlungenen Gittern oder in Extremsituationen mit fiesen Gegnerwellen ziemlich chaotisch und knifflig werden kann. Als ich eben noch einmal TxK auf der Vita auspackte, kam ich etwas besser in einen ausgewogenen Flow zwischen Konzentration und Entspannung.