Kazuma läuft heiß
Aber nicht nur damit. Mir hat es nämlich auch das Kampfsystem auf eine Art angetan, wie es bisher weder der Hauptserie noch einem der Konsolenableger gelungen ist – so sehr, dass ich mich zum ersten Mal ernsthaft in ein neues Spiel auf dem nach dem ersten Durchlauf freigeschalteten höchsten Schwierigkeitsgrad vertiefe.
Immerhin kehrt Kazuma zu seinen Wurzeln zurück, indem er zum einen darauf verzichtet ständig eine Waffe zu tragen und zum anderen auch nicht zwischen verschiedenen Kampfstilen wechselt. Damit liegt der Fokus stärker auf dem richtigen Beherrschen ganz bestimmter Angriffe, Bewegungen und Konter und häufiger als zuletzt auf dem Duell Mann gegen Mann. Die Prügeleien sind stärker von Taktik und Timing geprägt, wobei sich Kazuma dank neuer Animationen und einer deutlich verbesserten Steuerung agiler anfühlt. Yakuza 6 kommt endlich ohne jene frustrierende Momente aus, in denen sich Kazuma einfach nicht präzise steuern ließ.
Ein letztes Mal lässt Kazuma Kiryu die Fäuste schwingen, was in manchen Einstellungen an die letzten Fight-Night-Titel erinnert...
Klasse außerdem, dass seine Heat-Energie nicht mehr nur zum Ausführen starker Finisher dient, sondern man auch einen Heat-Modus aktiviert, in dem er grundsätzlich größeren Schaden anrichtet und sowohl zusätzliche Angriffe als auch besondere Finisher zur Verfügung hat. Insgesamt ist dieser Modus leider zu stark, denn damit gehen selbst große Bosskämpfe verblüffend schnell vorüber. Alles in allem ist er aber eine tolle Belohnung für das vorherige Sammeln der Heat-Energie.
„Ihr habt ja keine Ahnung, mit wem ihr euch angelegt habt!“
Nicht zuletzt ist Kazuma wieder die einzige spielbare Figur, was dem Abenteuer unheimlich guttut. Ich war nie ein Fan davon, seit Teil vier stets die Geschichten mehrerer Charaktere statt eines grundlegend verbesserten Spiels zu erleben. Yakuza 6 ist fokussierter und damit sowohl spielerisch motivierender als auch erzählerisch greifbarer...
... was sich spätestens in den letzten Stunden bezahlt macht, wo dem Spiel etwas gelingt, das ich beim genervten Wegschauen während manch alberner Filmszene nicht für möglich gehalten hatte: Es macht Kazuma Kiryu – gerade weil es so überzogen inszeniert ist – zur Legende.
... einmal noch, bevor er endgültig zur Legende wird.
Da Sega nämlich seinen mit übermenschlichen Kräften gesegneten Ritter nicht nur absurd überhöht, sondern als eine Art bodenständigen Superhelden durchaus ernst nimmt, erreicht Kazuma, nachdem die letzte Klappe gefallen ist, doch tatsächlich ein ausgesprochen logisches, emotional perfektes Ende seiner Abenteuer.
Owari
Und seitdem das geschehen war, fühlt sich Yakuza 6 trotz ärgerlicher Schwächen einfach rundum gut an. Mir ist klar, dass dieser (anhaltende) Eindruck von einer gewaltigen Portion sentimentaler Romantik getragen wird und wohl nicht bei jedem Spieler entstehen wird. Ich habe allerdings nicht vor, mehr als zehn Jahre meiner Videospiel-Vita ausgerechnet an dieser Stelle einfach wegzudrücken.
Yakuza 6 ist ein hervorragender Abschied von einem Helden, der mich lange begleitet hat. Schön, dass er einen so starken Abgang macht!