Tabletop für Einsteiger
Kennt ihr diese Leute mit den Koffern? Diese wortkargen Schwarzmäntel, die in Fantasyläden mit einem Klick ihre glänzenden Alutruhen öffnen und in feierlicher Andacht dutzende bemalte Orks, Soldaten oder Mechs auf einem dreidimensionalen Schlachtfeld platzieren, bevor sie akribisch wie Beamte über Reichweiten und Deckung debattieren? Das sind Tabletop-Freunde, die sich meist jahrelang der Pflege und Schlagkraft ihrer Armeen widmen. Und so überzogen dieses Klischee auch sein mag, so faszinierend ist sie doch, diese Welt der strategischen Sammler und Konfliktsimulierer.
Dust Tactics kostet knapp 50 Euro und ist im Februar 2012 auf Deutsch beim Heidelberger Spielverlag erschienen.
Wer einsteigen will, hat es nicht leicht, denn es gibt zig Marken und Regelwerke – ganz zu schweigen von all den Miniaturen. Welche und wie viele braucht man da überhaupt? Da kann es helfen, einfach mal mit einer Grundbox anzufangen, die alles Wesentliche enthält: Szenario, Regeln, Pläne, Geländematerial und genug Figuren für zwei Spieler. Natürlich ist bei der Entscheidung die thematische Vorliebe wichtig: Wer mit schweren Mechs und konventionellen, aber leicht durchgeknallten Militärszenarien (wo gibt es sonst Blutkreuz-Affen?) etwas anfangen kann, sollte dem kürzlich auf Deutsch erschienenen Dust Tactics eine Chance geben – sieht klasse aus, ist nicht zu komplex, aber inszeniert taktisch
Das andere Dust (2008):
Es gibt auch ein Brettspiel für zwei bis sechs Spieler mit dem Namen. Dort bewegt man Armeen im Stile von Risiko über eine Weltkarte, aber schon damals zeichnete Paolo Parente für das alternative Weltdesign verantwortlich.
fordernde Gefechte zwischen Squads und spezialisierten Einheiten.
Das Auge kämpft mit
Die Stärke dieser fiktiven Spielwelt von Paolo Parente liegt zum einen in ihrer Präsentation: Die 28 in grauer (Achsenmächte) bzw. grüner Farbe (Alliierte) vorgrundierten Plastikfiguren sehen selbst unbemalt richtig gut aus und erreichen eine hervorragende Qualität – keine Grate, stabiler Stand und vor allem viele Details: Man erkennt kleine Scharniere, Nieten oder Schläuche an den Uniformen und alle Waffen wie MG, Flammenwerfer oder Panzerfaust, die später eingesetzt werden dürfen, sind ebenfalls am Mann sichtbar. Dass der schwere Aufklärerläufer der Wehrmacht „Hans“ und ihr Superheld „Lara Walter “ heißt, sorgt genauso für ein Schmunzeln wie der falsche Plural der „Sturmpionieren“. Egal, die Figuren sehen angenehm überzeichnet aus: Man kann
Enthalten sind 28 detaillierte Miniaturen für zwei Fraktionen: Alliierte und Achse.
sogar etwas an ihnen herumspielen und die Hüften drehen oder die Granatwerfer gen Feind justieren.
Die Infanterie hat eine Größe von 32 bis 35 mm, die beiden größeren Mechs „Blackhawk“ und „Hans“ kommen auf 48 mm. Dass diese Figuren der Erwähnung wert sind, hat seinen Grund: Sie wurden von keinem Geringeren als Juan Navarro Perez modelliert. Der Spanier hat nicht nur bei vielen renommierten Rollenspiel- und Tabletopserien (Cadwallon; Confrontation von Rackham oder Anima Tactics) mitgearbeitet, sondern auch einige hervorragende Skulpturen (Kingdom Death) entworfen – der blonde Feldwebel „Lara Walter“ der Wehrmacht kann sich jedenfalls genauso sehen lassen wie die „Hell Boys“ der Alliierten. Ein Tipp: Wer die Figuren selbst bemalen will, sollte sie vorher etwas aufrauen. Und noch ein Tipp: Gut lüften! Ich weiß nicht, was die Freunde in China da benutzen, aber nach der Öffnung der Box roch es wie in einer Chemiefabrik.