Kunterbuntes Bauduell
Bisher lieferten sich der weiße und der braune Marker ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf der Punkteleiste: Mal war der eine vorne, mal der andere. Es schien fast so, als könne keiner der Baumeister einen Vorsprung herausarbeiten. Aber jetzt, wo die erste Pagode mit ihren vier bunten Etagen samt gelber Dachspitze gebaut ist, steigt die Spannung. Jetzt
Pagoda ist komplett auf deutsch bei Pegasus erschienen. Es kostet knapp 20 Euro und ist für zwei Personen ausgelegt.
kann es nämlich ganz schnell einen Sieger geben, denn in der Runde, wenn die dritte Pagode vollständig ist, ist das Spiel vorbei. Wer in dieser Phase am cleversten mit den fünf Sonderfähigkeiten und den fünf offenen sowie den verdeckten Farbkarten auf der Hand agiert, kann den Endspurt für sich entscheiden.
Pagoda mutet zunächst sehr simpel an: Man kann mit einer gelben Karte eine gelbe, mit einer blauen eben eine blaue Säule etc. auf den Spielplan setzen, bevor man nach vier gleichfarbigen Fundamenten eine entsprechende Etage in Gelb, Grün, Rot, Blau oder Lila darauf platziert. Sind vier Etagen errichtet, darf man zum Abschluss die Dachspitze in Form von zwei weiteren Säulen errichten. Aber wer hat bis dahin die meisten Punkte aus der Pagode herausgeholt? Keiner baut exklusiv für sich: Jeder darf in seinem Zug überall weiter werkeln, so lange er maximal drei Säulen platziert.
Die 49-Punkte-Gier
Aber wo kann man den größten Profit machen? Meist dort, wo bereits viel steht. In jeder Pagode stecken theoretisch 49 Punkte. Dabei steigt die Ausbeute mit jeder Etage: Bekommt man für die vier Säulen am Boden nur einen Punkt, sind es ab
Sehr wichtig: Man kann fünf Spezialfähigkeiten mit dem Bau einer Etage aufladen und sie dann zweimal einsetzen.
der zweiten Etage eben zwei bis hoch zu vier Punkten pro Säule ganz oben. Wer hier oben drei Säulen setzt, bekommt zwölf Punkte. Sehr viele Punkte bekommt auch derjenige, der eine Pagode finalisiert, denn für jede Etage gibt es grundsätzlich einen und für die Dachspitze nochmal fünf Punkte.
Neben der rein mathematischen Spannung kommen zwei taktische Komponenten hinzu: Zum einen sieht man, welche Farben der Gegenspieler vor sich ausliegen hat. Liegen da z.B. drei grüne Karten, sollte man nicht die eine grüne Säule auf eine Etage setzen – sonst liefert man ja eine Vorlage für den Etagenbau! Außerdem sollte man überlegen, welches Etagenplättchen man setzt, denn darauf sind die Folgefarben gedruckt. Hat der Gegenspieler gar kein Blau, lohnt sich also ein Dach mit vier blauen Symbolen.
Spezialfähigkeiten sorgen für Spannung
Zum anderen, und das ist auf lange Sicht noch motivierender als das reine Antizipieren der Farben, gibt es fünf Spezialfähigkeiten, die mit dem Bau einer
Die Pagoden werden vier Etagen hoch gebaut, dann gibt es die doppelte Turmspitze.
Etage quasi aufgeladen werden. Wer die rote Etage auf vier rote Säulen setzt, darf z.B. zweimal die Fähigkeit „Lampion“ einsetzen: Sie erhöht das Baulimit von drei auf vier Säulen! Aktiviert man das auf der vierten Etage, kann man theoretisch sechszehn Punkte machen. Mit dem blauen Buddha und der grünen Reisschale kann man eine fehlende Säulen- oder Etagenkarte durch zwei andere ersetzen; mit dem gelben Drachen beliebig viele Karten tauschen; mit dem lila Fächer statt zwei satte vier Handkarten besitzen.
Es lohnt sich also, nicht einfach kunterbunt überall etwas anzubauen, sondern sich genau zu überlegen, welche Spezialfähigkeit man wann am besten gebrauchen kann – und danach die Farben auszurichten. Denn man darf nicht vergessen, dass man die Fähigkeiten zweimal einsetzen kann! Wer gegen Ende des Spiels z.B. einen aufgeladenen Lampion für den Bau von vier statt drei Säulen sowie die Reisschale besitzt, kann vielleicht viel eher „Schluss machen“.
Fazit
Pagoda fängt gemütlich, fast schon etwas träge an, aber entwickelt im letzten Drittel angenehmes taktisches Tempo. Zwar baut man zunächst nach einfachen Regeln seine Säulen und Etagen, zieht Karten nach und bewegt sich fast parallel auf der Siegpunkteleiste. Aber je höher die Pagoden werden, desto fetter wird die Punktebeute. Nicht nur diese mathematische Steigung sorgt für wachsende Gier und Spannung, sondern vor allem das Karten- und Fähigkeitenmanagement: Nur wer clever mit den fünf Farben und Spezialfähigkeiten agiert, kann sich vielleicht einen guten Vorsprung herausarbeiten oder gar in einem Endspurt regelrecht „Schluss machen“. Aufgrund der einfachen Regeln ist Pagoda übrigens ein Brettspiel, das sich auch für Kinder ab acht bis zehn Jahren eignet.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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