Special: In Echtzeit gegen Aliens
Panik am Tisch
Fünf, vier, drei, zwei, eins...Krise!
Commander [souverän und dizipliniert]: Ich ziehe mal zwei Karten mit schlechten Nachrichten...mmh...einen Abfangjäger zerstören oder die Panik in Australien erhöhen? Komm, denen Down Under gehts noch gut, also nehmen wir die Panik in Kauf - ich will keinen Kampfjet verlieren.
Feind in Stützpunkt eingedrungen!
Einsatzleiter [ganz cool, grinst]: Ich decke ein zufälliges Alien auf. Nur ein mieser kleiner Insektoid - einfaches Laserfutter.
Forschung zuteilen!
Forschungsleiter [wühlt stirnrunzelnd in seinen sechs Handkarten]: Was sollen wir nehmen? Lieber stärkere Waffen, bessere Satelliten oder mehr Geld? Ich hätte auch noch diese Xenobiologie. Aber dafür brauchen wir später auch Artefakte. Was meint ihr? Hm. Und wie viele Forscher setze ich ran? Einen, zwei oder drei?
Central Officer: Na ja, mehr Satelliten im Orbit helfen auch...
Einsatzleiter: ...und meine Jungs könnten bessere Blaster gebrauchen.
Central Officer: Aber entscheide dich, die Zeit läuft und wir...
Krise!
Commander [nur etwas genervt]: Mal sehen, die Panik in Europa erhöhen oder einen Soldaten verlieren? Dann lieber etwas Euro-Angst, ist ja alles noch im gelben Bereich.
UFO-Kontakt!
Central Officer [konzentriert, aber mit einem strengen Blick zum Commander]: Ich platziere je eine rote Untertasse in Australien und Europa. Damit werden wir hoffentlich locker fertig.
Einsatz wählen!
Einsatzleiter [eifrig]: Endlich! Ich ziehe mal
Central Officer [kopfschüttelnd]: Aber da ist sie doch schon am niedrigsten, da hättest du besser den anderen genommen...
Forschung zuteilen!
Forschungsleiter [wühlt stirnrunzelnd in seinen verbleibenden fünf Handkarten]: Ich habe mal etwas überlegt: Angesichts der ganzen UFOs sollten wir vielleicht jetzt lieber...
Central Officer [kurz angebunden]: Die Uhr tickt, mach schneller. Hast du nix mit Satelliten?
Forschungsleiter [unbeeindruckt]: ...die Abfangjäger stärken anstatt den besseren Blaster zu entwickeln. Oder was meint ihr? Wir könnten auch Xenobiologie studieren, dann kann ich eine Forschung aus der Hand heraus...
Commander [laut]: Nimm die Abfangjäger-Technik! Und pack drei Wissenschaftler drauf, damit es beim Würfeln auch klappt. Und die Zeit läuft!
Notfallfonds verfügbar!
Commander [erleichtert]: Cool, zusätzliches Geld horten.
UFO-Kontakt!
Einsatztrupp losschicken!
Einsatzleiter [immer noch eifrig]: Kein Problem, ich schicke einen Sturm, einen Schwer, einen Scharfschützen und einen Unterstützer - alle vier Klassen dabei, so werden wir den Auftrag meistern.
UFO-Kontakt!
Central Officer [sehr ernst]: Das gibt es doch nicht, weitere in Nordamerika, Asien...
Krise!
Commander [nervös]: Sag mal, gibt es keine Technologien, mit denen man Krisen abwehren kann?
Forschungsleiter: Doch, hier ist eine...
Commander: Und warum hast du die nicht ausgelegt?
Forschungsleiter: Na ja, die Abfangjäger waren doch wichtiger...
Feind eingedrungen!
Einsatzleiter [kämpferisch]: Jetzt sind ein Muton und ein Sektoid im Hauptquartier - aber die pack ich!
Stützpunkt verteidigen!
Abfangjäger starten!
Commander [erleichtert]: Endlich kann ich die Jungs aus dem Hangar holen: Ich schicke zu jedem Kontinent einen Jet und zusätzlich zwei nach...Moment, das könnte teuer werden und ich hab ja gar nicht so viele. Also zwei nach Asien.
UFO-Kontakt!
Central Officer [erbost]: Hey, das ist jetzt aber unfair, wir haben doch gerade erst...
Forschung zuteilen!
Forschungsleiter: Okay, jetzt sind alle drei Plätze mit Forschungen besetzt - und wir können sogar eine Krise abwenden , wenn wir...
Krise!
Commander [völlig ohne Contenance]: Scheiße, hört das mal auf? Wie sollen wir all diese Krisen in der Auswertungsphase bestehen?
Feind eingedrungen!
Einsatzleiter: Reiß dich zusammen, Commander! Was soll ich sagen? Jetzt haben wir noch einen Muton am Arsch!
Satelliten starten!
Echtzeitphase beendet.
Central Officer: Uff.
Commander: Puh.
Einsatzleiter: Endlich.
Forschungsleiter: Ich muss mal...
Was die vier Herrschaften noch nicht wissen ist, dass sie in der jetzt folgenden Auswertungsphase zwar viel Ruhe, aber auch jede Menge Probleme mit den Finanzen bekommen.
Endlich die Auswertungsphase...
Im Gegensatz zu den Videospielen geht es in XCOM: Das Brettspiel nicht um taktischen Kampf im Gelände, sondern um eine globale Abwehrstrategie, die man zu viert abstimmen muss. Weil dabei die Uhr tickt und jeder Spieler seiner Rolle gemäß nur bestimmte Aktionen ausführen kann, die sich aber auf die weltweite Bedrohung auswirken, muss man auch im Team kommunizieren, wie das Beispiel auf der ersten Seite gezeigt hat - einen Einblick gibt auch unser Video. Im Idealfall ist der Central Officer ein Rollenspieler oder zumindest der erfahrenste der Gruppe - er bedient ganz alleine die App, trägt Daten ein und aktiviert alle Bestätigungen. Sprich: Er muss auch immer Druck machen und auf eine Entscheidung pochen, sonst kann er nix antippen. Natürlich ist auch jeder darauf bedacht, dass seine Abteilung gut funktioniert und möglichst entwickelt wird. Aber bei all der Hektik, die durch UFOs, Aliens und Krisen entsteht, darf man die Finanzen nicht vergessen.
Die Zeit steht still, die Würfel rollen
Zumal das Prüfen der Finanzen nur der erste Schritt in dieser Auswertungsphase ist. Hier können zwar alle durchschnaufen, weil die Zeit nicht läuft, aber hier werden auch
Letztere kämpfen nicht im Gelände, sondern werden lediglich aufgrund ihrer zwei Fertigkeiten den Feinden zugeordnet: Man muss mindestens ein übereinstimmendes Symbol haben, damit man angreifen kann; ist es in Gold umrandet, darf man einen zusätzlichen Würfel einsetzen. Außerdem kann man seine Soldaten zu Offizieren ausbilden und als Elite markieren, was sie noch stärker macht, falls man die entsprechende Technologie erworben hat.
Gelungene Hommage an das Computerspiel
Obwohl das Brettspiel nicht die Deckungstaktik im Gelände oder den strategischen Raumbau aus dem Computerspiel abbildet, gibt es viele schöne Déjà-vus für Kenner: Nicht nur das vertraute Artdesign, die epische Musik und die bekannten Bezeichnungen, sondern auch die Forschungen erinnern an das Vorbild. Und gerade Letztere können mit Spezialwaffen, die schon vor dem Würfeln ein Alien killen, oder mit Zusatzfähigkeiten, die Krisen einfach abwenden, sehr nützlich sein. Hinzu kommen Zielhilfen für Satelliten, Reparaturen für Abfangjäger oder Tarnungen. Der im Beispiel etwas überfordert wirkende Technologieleiter hat auch tatsächlich die größte Qual der Wahl.
Bilanz ziehen und auffrischen
Die wichtigste Frage in der Auswertungsphase lautet: Wurde der Stützpunkt zerstört? Falls ja, heißt es Game Over. Falls nein, geht es mit dem sehr wichtigen Einsatz weiter. Dieser spiegelt quasi die Auswärtsaktivitäten der Bodentruppen: Meistert man diese mehrstufige Aufgabe, die der Einsatzleiter in Echtzeit ausgewählt hat, kann man sowohl Credits gewinnen als auch die Panik eindämmen. Und darüber hinaus kommt
Ist man noch nicht so weit, werden alle Einheiten und Karten aufgefrischt, die Reserven gefüllt und man muss in der App die aktuellen Panikstufen für die Kontinente per Drag&Drop markieren sowie die Frage beantworten, wie viele UFOs sich noch im Orbit befinden. Letztere düsen nämlich von dort weiter in den Luftraum über den Kontinenten. So wirken sich Aktionen aus der ersten auch auf die zweite Runde aus - falls man sie denn erlebt.
Ich finde es gut, dass man das Spiel vermutlich nicht von Beginn an meistern kann. Aber das liegt nicht an der Komplexität oder dem taktischen Anspruch, sondern eher daran, dass man noch nicht genau weiß, was wirklich entscheidend ist. Mit etwas Routine bekommt man aber sowohl die Finanzen als auch die äußeren Bedrohungen in den Griff. Reine Strategen werfen den Glücksfaktor beim Würfeln bemängeln, aber auch da kann man seine Chancen durch mehr Masse und Fähigkeiten erhöhen.
Vorbildliches Tutorial, gute Hilfen
Euch kommt das alles zu hektisch vor? Keine Bange: Nach dem sehr guten Tutorial kann man unter vier Schwierigkeitsgraden von "Einfach" bis "Experten" wählen. Auf höheren Stufen tauchen stärkere Aliens sowie mehr UFOs auf. Zum anderen hat man deutlich weniger Pausezeit (satte 20 Sekunden auf "Normal, nur fünf Sekunden auf "Experte") und schon zum Start höhere Paniklevel in den sechs Kontinenten. Aber wenn man auf "Einfach" spielt hat man quasi unendlich Zeit in den Pausen, so dass man sich entspannt unterhalten und gemütlicher spielen kann.
Ihr wisst trotz Tutorial mal nicht weiter? Die App lässt euch entweder im alphabetisch sortierten Regelwerk unter zig Schlagworten wie "Artefakte", "Panik" oder "Rundenübersicht" sowie umfangreichen Punkten à la "Einheiten kehren in die
Innerhalb der Optionen der App könnt ihr die Sprache wechseln (neben Deutsch stehen auch Englisch, Französisch, Spanisch, Polnisch etc. zur Verfügung) sowie die Lautstärke der Musik und Effekte regeln. Apropos: Klasse ist, dass man die ganze Zeit über dem originalen Soundtrack des Computerspiels lauschen kann - freut euch auf ebenso sphärische wie epische Momente. Es lohnt sich also, die Lautstärke aufzudrehen, auch wenn sich nach zwei, drei Kampagnen dann einiges wiederholt.
Wie spielt sich XCOM: Das Brettspiel solo?
Es gibt nur wenige Brettspiele, mit denen man sich auch gut alleine beschäftigen kann - etwa Robinson Crusoe oder Mage Knight. Etwas Multitasking-Fähigkeiten vorausgesetzt, kann ich dieses XCOM auch Solisten
Was gefällt nicht so gut?
So gut die App auch alles erklärt: Ich vermisse zusätzlich eine ausführliche gedruckte Anleitung zum Nachschlagen - man findet in der Box nur ein vierseitiges Faltblatt für den Schnellaufbau. XCOM: Das Brettspiel ist auch definitiv nichts für Einsteiger, die mal zwischendurch ein paar Außerirdische bekämpfen wollen - schon am ersten der vier Schwierigkeitsgrade kann man trotz Pausefunktion scheitern, wenn man Würfelpech hat. Man braucht im Idealfall eine engagierte Truppe, vielleicht sogar mit etwas Rollenspielfaible, damit sie sich in ihre Funktionen etwas reinsteigern.
Fazit
Ich liebe das Computerspiel von 2K Games und ich bringe auch XCOM: Das Brettspiel sehr gerne auf den Tisch. Obwohl es weder die Geländetaktik noch den strategischen Raumbau des Vorbilds anbietet, ist es nicht nur aufgrund des hochwertigen Artdesigns und der epischen Musik eine gelungene Hommage. Das kooperative Spieldesign kann überzeugen, weil man immer eine gute Balance finden muss, um äußere Bedrohungen als Team abzuwehren. Obwohl alle in ihre Spezialrollen schlüpfen, kommt schnell Leben und zu Beginn ordentlich Panik in die Bude, weil man ständig beraten und fix entscheiden muss. Durch den Zeitdruck sowie die digitale Regie der App entsteht also eine ganz neue Art der Spannung am Tisch - aber keine Bange, man kann auf "Einfach" auch endlos pausieren. Ist das die hybride Zukunft der Brettspiele? Nein, aber eine coole, wenn auch noch optimierbare Alternative. Letztlich spielt es sich mit etwas Routine nicht komplex genug und der Kick der Echtzeit schwächt irgendwann ab. Dieses wunderbare Hobby wird seine Faszination immer daraus ziehen, dass es gerade nicht virtuell inszeniert wird, dass man alles anfassen, aufbauen und völlig frei von Internet oder Tablet spielen kann. XCOM: Das Brettspiel wird aufgrund seiner starren Regie spalten, aber es ist definitiv eine digitale Bereicherung und für Fans des Vorbildes interessant. Schon Space Alert hat bewiesen, dass akustische Begleitung im Hörspielstil samt Zeitdruck für jede Menge Spaß sorgen kann. Und kürzlich hat Golem Arcana mit seinem Stylus plus App den Komfort für Tabletops demonstriert. Es wird sicher noch einige kreative Impulse dieser Art geben. Der kanadische Autor Eric M. Lang, der bisher u.a. Kartenspiele zu Game of Thrones oder Star Wars designt hat, hat hier sein mutigstes und kreativstes Brettspiel entwickelt.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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