Brettspiel-Test: XCOM: Das Brettspiel (Echtzeit-Abenteuer)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Release:
20.05.2015
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Vorbildliches Tutorial, gute Hilfen

Euch kommt das alles zu hektisch vor? Keine Bange: Nach dem sehr guten Tutorial kann man unter vier Schwierigkeitsgraden von "Einfach" bis "Experten" wählen. Auf höheren Stufen tauchen stärkere Aliens sowie mehr UFOs auf. Zum anderen hat man deutlich weniger Pausezeit (satte 20 Sekunden auf "Normal, nur fünf Sekunden auf "Experte") und schon zum Start höhere Paniklevel in den sechs Kontinenten. Aber wenn man auf "Einfach" spielt hat man quasi unendlich Zeit in den Pausen, so dass man sich entspannt unterhalten und gemütlicher spielen kann.

Ihr wisst trotz Tutorial mal nicht weiter? Die App lässt euch entweder im alphabetisch sortierten Regelwerk unter zig Schlagworten wie "Artefakte", "Panik" oder "Rundenübersicht" sowie umfangreichen Punkten à la "Einheiten kehren in die
Alles kostet Geld: Die Finanzen sind wichtig!
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Reserve zurück" oder "Aufbau einer Krisenkarte" bequem nachschlagen. Hinzu kommt ein vorbildliches FAQ, das nochmal gezielt auf besondere Situationen eingeht: Steigt die Bedrohung z.B. auch, wenn man einen Feind noch vor dem Würfeln mit einer Spezialwaffe tötet? Bleiben UFOs auf dem Spielplan, nachdem sie die Panik erhöht haben?

Innerhalb der Optionen der App könnt ihr die Sprache wechseln (neben Deutsch stehen auch Englisch, Französisch, Spanisch, Polnisch etc. zur Verfügung) sowie die Lautstärke der Musik und Effekte regeln. Apropos: Klasse ist, dass man die ganze Zeit über dem originalen Soundtrack des Computerspiels lauschen kann - freut euch auf ebenso sphärische wie epische Momente. Es lohnt sich also, die Lautstärke aufzudrehen, auch wenn sich nach zwei, drei Kampagnen dann einiges wiederholt.

Wie spielt sich XCOM: Das Brettspiel solo?

Es gibt nur wenige Brettspiele, mit denen man sich auch gut alleine beschäftigen kann - etwa Robinson Crusoe oder Mage Knight. Etwas Multitasking-Fähigkeiten  vorausgesetzt, kann ich dieses XCOM auch Solisten
Können die Jungs den Einsatz meistern?
Können die Jungs den Einsatz meistern? Von links nach rechts muss man die Aufträge auswürfeln, bevor am Ende der muton lauert. Den ersten ganz links kann z.B. nur ein Soldat mit Scharfschützenfertigkeit angehen.
empfehlen. Dann muss man allerdings vier Rollen gleichzeitig spielen und wünscht sich fast ein Armaturenbrett: Man legt sich am besten alle Karten samt Tablet in eine ordentliche Reihe und den Spielplan weiter nach oben - trotzdem sollte man dann noch alles gut erreichen. Das ist auch abseits des Tutorials eine ideale Übung, wenn man später mit den Kumpels loslegen will. Außerdem kann man sich seine Punktzahl notieren, um diese später zu toppen: Man bekommt 100 Punkte für einen Sieg und dann je nach Leistung diverse Abzüge für überlebende UFOs, Schaden am Stützpunkt oder Kontinente in Panik. Spielt man zu zweit oder zu dritt, müssen ebenfalls Doppelrollen besetzt werden, wobei die Anleitung optimale Paare wie Commander und Forschungsleiter sowie Central Officer und Einsatzleiter empfiehlt, weil sich ihre Aktionen gut abstimmen lassen.

Was gefällt nicht so gut?

So gut die App auch alles erklärt: Ich vermisse zusätzlich eine ausführliche gedruckte Anleitung zum Nachschlagen - man findet in der Box nur ein vierseitiges Faltblatt für den Schnellaufbau. XCOM: Das Brettspiel ist auch definitiv nichts für Einsteiger, die mal zwischendurch ein paar Außerirdische bekämpfen wollen - schon am ersten der vier Schwierigkeitsgrade kann man trotz Pausefunktion scheitern, wenn man Würfelpech hat. Man braucht im Idealfall eine engagierte Truppe, vielleicht sogar mit etwas Rollenspielfaible, damit sie sich in ihre Funktionen etwas reinsteigern.

Es gibt diverse finale Aufträge: Der negative Effekt wirkt immer dann, wenn der eigene Stützpunkt einen bestimmten Schaden hinnehmen musste.
Es gibt diverse finale Aufträge: Der negative Effekt (hier: "zwei UFOs erscheinen im Orbit") wirkt immer dann, wenn der eigene Stützpunkt einen bestimmten Schaden hinnehmen musste.
Was mir auf lange Sicht spielerisch fehlt, ist zum einen etwas mehr Taktik innerhalb der Boden- und Luftgefechte, die doch immer recht gleich ablaufen - was natürlich dem Spielfluss in der Hektik zugute kommt. Zum anderen hätte ich mir bei der Koordination und den gemeinsamen Absprachen etwas mehr Vielfalt in den Entscheidungen gewünscht. Die Regie macht Ansagen, die man letztlich in koordinierter Effizienz befolgen muss - hätte man vier Soldaten mit Befehlskettenroutine am Tisch, dürfte die KI keine Chance haben. Da sie dabei nicht immer dieselbe Reihenfolge einhält, entsteht dennoch genug Spannung.

Fazit

Ich liebe das Computerspiel von 2K Games und ich bringe auch XCOM: Das Brettspiel sehr gerne auf den Tisch. Obwohl es weder die Geländetaktik noch den strategischen Raumbau des Vorbilds anbietet, ist es nicht nur aufgrund des hochwertigen Artdesigns und der epischen Musik eine gelungene Hommage. Das kooperative Spieldesign kann überzeugen, weil man immer eine gute Balance finden muss, um äußere Bedrohungen als Team abzuwehren. Obwohl alle in ihre Spezialrollen schlüpfen, kommt schnell Leben und zu Beginn ordentlich Panik in die Bude, weil man ständig beraten und fix entscheiden muss. Durch den Zeitdruck sowie die digitale Regie der App entsteht also eine ganz neue Art der Spannung am Tisch - aber keine Bange, man kann auf "Einfach" auch endlos pausieren. Ist das die hybride Zukunft der Brettspiele? Nein, aber eine coole, wenn auch noch optimierbare Alternative. Letztlich spielt es sich mit etwas Routine nicht komplex genug und der Kick der Echtzeit schwächt irgendwann ab. Dieses wunderbare Hobby wird seine Faszination immer daraus ziehen, dass es gerade nicht virtuell inszeniert wird, dass man alles anfassen, aufbauen und völlig frei von Internet oder Tablet spielen kann. XCOM: Das Brettspiel wird aufgrund seiner starren Regie spalten, aber es ist definitiv eine digitale Bereicherung und für Fans des Vorbildes interessant. Schon Space Alert hat bewiesen, dass akustische Begleitung im Hörspielstil samt Zeitdruck für jede Menge Spaß sorgen kann. Und kürzlich hat Golem Arcana mit seinem Stylus plus App den Komfort für Tabletops demonstriert. Es wird sicher noch einige kreative Impulse dieser Art geben. Der kanadische Autor Eric M. Lang, der bisher u.a. Kartenspiele zu Game of Thrones oder Star Wars designt hat, hat hier sein mutigstes und kreativstes Brettspiel entwickelt.


Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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Kommentare

Der_Pazifist schrieb am
Super verfasste Vorstellung des Spiels. Hatte gleich ein Bild vor Augen :)
da leider das Spiel auf der Gamescom im wahrsten Sinne an mir vorbei flog (blöder Heidelberger xD ) werde ich es mir so besorgen müssen. Trotz App-Gedöns mehr wie ein Blick wert.
Numrollen schrieb am
Also ich finde diese "App Entwicklung" bedenklich. Allgemein hat man beim Heidelberger Verlag das Gefühl das an 0.1 Cent beträgen gespart wird für Gewinnmaximierung. Da werden dann Erweiterungen für 30-40? rausgehauen usw. Und wohin führt das ganze? Das jeder mit einer "App" dasitzt, auf das Handy kuckt und auf dem Tisch ein selbstausgedrucktes Din4 Papier liegt das in 4K Auflösung (wenn es der Drucker schaffen würde) eine Insel zeigt? Gibt ja auch schon in-App Käufe bei Brettspiel (Zombicide?). Na dann prost. Fehlen jetzt noch DLCs / F2P Brettspiele dann sag ich diesem Trend auch gute Nacht.
Space Alert ist mit CD, das ist irgendwie besser meines Empfindens nach. Auch wenn ein Program auf einem Tablet/Handy mehr hermacht. Und wenn ich an Descent 1 denke wenn man für 49? die Hauptbox das erste mal ausgepackt hat, wow. Dafür bekommt man ein paar Jahre später nicht mal mehr Plastik sondern 0,5mm Pappedeckel.
@tssix: Ich habe damals Space Quest geliebt auch wenn es nicht viele Mitspieler gab ;) Aber das Spiel kannst du mit heutigen Spielen nicht mehr vergleichen. Die Mechanik ist extrem simpel, schlechtes Kräfteverhältnis. Da muss der Overlord schon mehr Spielleiter als Gegner sein. Gibt es doch eh nicht mehr zu kaufen.
tssixtyone schrieb am
Geiler Test, Respekt und Danke......meine Frage richtet sich an den Redaktuer, kennst du Star Quest Brettspiel ? Wenn ja, welches würdest du empfehlen, XCom oder StarQuest, denn XCom wirkt etwas zu übertrieben komplex aber ich kann mich auch irren. StarQuest kenne ich von früher und würde es mir gerne wieder kaufen....danke im voraus
Oshikai schrieb am
Nen Spiel wo ichs nichtmals über das Tutorial hinweg geschafft habe.. :roll:
Die Echtzeitphase im Tutorial ist ermüdend und langweilig, alles wird vorgegeben und es wird einem vorgegaukelt dass das Spiel, bis auf kleine Ausnahmen, für dich spielt.
Ich mein, ob ich nun diese oder jene Krise wähle, fordert mich in keinster Weise.
Mein Größtes Problem war aber die fehlende Spielanleitung. Mit ner Anleitung hätte ich immer wieder mal weiterlesen können und vllt. irgendwann ne taktische Tiefe entdeckt. So, musste ich mich ständig wieder durch die App klicken bis zu dem Punkt wo ich im Tutorial war. Irgendwann in der Auswertungsphase hab ichs dann links liegen lassen. Mittlerweile müsste ichs wieder von vorne beginnen und da ich darauf schon von vornherein keine Lust habe... ^^
Das Spiel hatte seine Chance - zumal ich das PC Spiel genial finde ! ;)
Da bleib ich lieber bei den taktischen kooperativen Kämpfen eines Galaxy Defenders ! :)
(grad erst mein Kickstarterpaket angekommen :biggrin: )
ekelhaftes4players schrieb am
Ich finde es deutlich besser als Space Alert, weil bei xcom weniger die Gefahr besteht, dass ein Spieler komplett die Richtung vorgibt. Die Rollenverteilung wirkt sich deutlich besser aus.
Ach ja, danke nochmal für den Evolution Test , wäre an mir komplett vorbeigegangen und gestern gabs das Ding beim Amazon Prime day für 15 ? :D
schrieb am