Special: Visionen eines Mordes
Surreale Bilder aus Geisterhand
Was will mir der Geist des Ermordeten bloß damit sagen? Da hockt er hinter seinem hübsch designten Herrenhausschirm und schweigt wie ein Grab, während ich mir beim Anblick seiner Vision den Kopf zerbreche: Vor einem lila Himmel hängt ein Regenschirm verkehrt herum in einem vergilbten Halbmond. Ähm...das könnte...vielleicht...? Ich beuge mich weiter vor, um alle Kleinigkeiten genau zu studieren. Denn irgendwo in diesem verflixten Gemälde muss doch ein Hinweis versteckt sein, der auf einen der sechs ausliegenden potenziellen Mörder deutet - von einem fies grinsenden Koch über eine Nonne bis zu einem Jäger.
Alles debattiert, einer schweigt
So entsteht sehr schnell eine lebhafte Diskussion am Tisch. Jeder stellt seine mehr oder weniger plausiblen Vermutungen an. Und der Geist kann sich so manches Grinsen nicht verkneifen, wenn sich die Lebenden mal wieder in abstrusen Theorien verstricken. Aufgepasst: Er darf auch über Mimik oder Gestik
Er will ja helfen, schließlich wurde er laut der kleinen Hintergrundgeschichte im Jahr 1922 in einem schottischen Herrenhaus umgebracht. Aber von wem, in welchem Raum und mit welcher Waffe? Zwei bis sieben Spieler können dem übersinnlichen Ruf folgen und sich von ein Uhr nachts bis morgens um Acht in einer deduktiven Séance den Bilderrätseln in drei Etappen stellen. Für jeden Teilnehmer muss der Geist vor dem Spiel zunächst eine exklusive Kombination hinter seinem Sichtschirm zufällig zusammenstellen.
Sanfter Wettbewerb, kooperatives Ziel
Im Laufe des Spiels entsteht zumindest in zwei Bereichen ein sanfter Wettbewerb: Bevor der Sand abläuft, darf man zum einen eine bestimmte Anzahl Marker mit "richtig" oder "falsch" an
Trotzdem steht der kooperative Gedanke über allem: Denn nur wenn alle Beteiligten innerhalb der sieben Runden ihre einzigartige Kombination erraten haben, kommt es zum Finale. Das erreicht man je nach Spielerzahl recht flott zwischen einer halben und maximal einer Stunde. Dort liegen dann die drei gesammelten Kombinationen aus, aber nur eine davon ist die richtige. Um diese zu finden, gibt es nochmal eine abschließende gemeinsame Vision, wobei der Geist je nach Hellsicht des Detektivs ein, zwei oder drei Karten auslegt, die endlich den wahren Mörder entlarven sollen.
Was gefällt nicht so gut?
Etwas schade ist, dass der erzählerische Hintergrund oder die Charakterwahl keinerlei Rolle spielen. Und der Rollenspieler in mir vermisst eine
Fazit
Mysterium hat uns gerade in den ersten Sitzungen gut unterhalten. Die große Stärke liegt in der lebendigen Kommunikation und der malerischen Illustration: Man trifft sich mit Freunden und es entsteht sehr schnell eine angenehme Stimmung am Tisch, weil plötzlich alle über surreale Motive und Symbole diskutieren. Im Gegensatz zum Klassiker Cluedo muss man hier zwar keine knallharten Beweise ausschließen und der deduktive Anspruch hält sich in Grenzen, aber dafür grübelt man über Visionskarten, versucht den anderen zu helfen und richtig zu tippen. Das Regelwerk ist schnell verinnerlicht und man kann die Schwierigkeit in drei Stufen anpassen. Auf lange Sicht fehlt diesem Abenteuer mehr Abwechslung und Spannung, vielleicht hätte man den einsamen Geist auch noch cleverer einbinden können. Trotzdem inszeniert Mysterium für eine knappe Stunde lockere und ansehnliche Unterhaltung für die ganze Familie. Fast vergessen: Auf der Webseite von Libellud könnt ihr euch einen Soundtrack zum Spiel kostenlos runterladen.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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