Mystic Vale27.01.2017, Jörg Luibl
Mystic Vale

Special: Deckbau mit Folienkniff

Bei Pegasus Spiele ist mit Mystic Vale eine interessante Kartentaktik erschienen, die sich an zwei bis vier Spieler richtet und auf ein innovatives "Card Crafting System" setzt, das mit mehrfach bestückten Folien die Neugier weckt. Was sich hinter dem Deckbau von John D. Clair verbirgt, verrät der Test.

Aufrüstbare Folienländer

In der letzten Runde hatte ich lediglich ein "Fruchtbares Land" ausliegen, das mir ein Mana einbrachte. Aber jetzt kann ich es mit dem "Druidenlied" sowie dem "Mondwolf" aufrüsten, so dass es mir jede spätere Runde, in der es aus dem Deck gezogen wird, drei Mana, eines der vier Seelensymbole sowie am Ende zwei Siegpunkte bringt. Aber der Clou an diesem Trio ist nicht nur der bessere Ertrag, sondern vor allem die innovative Anordnung: Anstatt dass ich die hübsch illustrierten Karten mit ihren Fantasymotiven über- oder nebeneinander lege, werden sie zusammen in eine Folie gesteckt - eine klasse Idee, die für Ordnung sorgt.

Innovativ: In Mystic Vale werden bis zu drei Karten in einer Folie platziert - diese symbolisiert dann ein aufgewertetes Land.
Der Vorteil an den Folienländern ist zudem, dass man aufgrund der klaren Symbolik sofort alle Boni innerhalb der Kartenkombos erkennt. Hinzu kommt natürlich, dass dieses um zwei Fähigkeiten aufgerüstete Land jetzt ganz bequem in das Deck gemischt werden kann und somit gesichert ist - im Gegensatz zu anderen Spielen wird der individuelle Stapel also nicht größer. Außerdem gibt es auf jedem Land immer nur zwei zusätzliche Plätze an unterschiedlichen Stellen: Mal ist die obere, die mittlere oder untere Hälfte frei - so muss man auch ein wenig darauf achten, welche der über 100 Aufwertungen man für sein Mana kauft. Wenn man später immer mehr Karten gefüllt hat, kann es sein, dass man keinen Platz mehr findet!

Taktischer Deckbau

Mystic Vale ist komplett auf Deutsch für knapp 30 Euro bei Pegasus Spiele erschienen und für zwei bis vier Spieler ab zehn Jahren ausgerichtet.
In dem Startdeck mit zwanzig Standardkarten, das für zwei bis vier Spieler bis auf die Farbe immer gleich aufgebaut ist, gibt es zu Beginn aber auch komplett leere Folien, in die man im Laufe des Spiels bis zu drei Fähigkeiten stecken kann. Und weil diese in drei Stufen von günstig bis teuer und dazu in vielen Varianten hinsichtlich der wertvollen Seelen, der Manabeute sowie Symbole wie Helme erhältlich sind, kann man angenehm über die besten Kombos für seinen Deckbau grübeln. Wer clever sammelt und verwandte Karten zusammensteckt, kann umgehend oder in der Endabrechnung wertvolle Boni erhalten.

Weil alle Mitspieler zunächst recht wenig Mana haben, muss man sich in der ersten Phase mit den günstigsten Fähigkeiten begnügen. Für etwas Pokerflair sorgt, dass man beim Auslegen seiner Karten auch so patzen kann, dass es erst gar nicht zu einer Ernte des Manas kommt: Man deckt nacheinander seine Länder vom Stapel auf und muss ansagen, dass man genug hat - oder weiteres Aufdecken riskieren. Liegen damit drei oder vier rote Verfallssymbole auf dem Tisch, geht alles verloren, man darf nichts kaufen und setzt quasi eine Runde aus. Ein Ziel sollte es also sein, die eigenen roten Symbole möglichst durch grünes Wachstum oder entsprechende Fähigkeiten zu neutralisieren.

Das Aussetzen ist natürlich gerade im späteren Verlauf ein Vorteil für die Kontrahenten, weil neben den Fähigkeiten auch die in zwei Stapeln sortierten 36 Unterstützungen mit ihren hohen Siegpunkten und coolen Nebeneffekten ausliegen. Diese kann man nicht mit Mana, sondern lediglich über die korrekte Anzahl an Seelenelementen erwerben - weil Letztere vor allem auf den teuren Fähigkeitenkarten abgebildet sind, sorgen

Neben den Aufrüstungen der Länder spielen diese Unterstützungen eine wichtige Rolle.
sie gerade im letzten Drittel für Spannung. Man kann seine Gegner zwar weder gezielt schwächen noch ihre Länder angreifen, aber eben früher die besten Karten aus der Auslage stibitzen! Und nicht nur das: Man kann sich nur so lange temporäre Siegpunkte verdienen, so lange sie auch ausliegen - es gibt je nach Spielerzahl einen anderen Maximalwert von 23 über 28 bis 33. Wer am Ende die meisten Punkte auf seinen zwanzig zusammen gesteckten Karten sowie den erworbenen  Unterstützungen vorweisen kann, gewinnt das Spiel.

Das Regelwerk ist farbig illustriert und schnell verinnerlicht, zumal sich die klare Spielmechanik an Einsteiger richtet - man kann Mystic Vale auch mit Kindern ab zehn Jahren spielen. Es gibt allerdings keine kooperative Team- oder Solo-Variante. Schön ist, dass die Box genug Schlitze und Fächer für ein sauberes Aufräumen nach Decks sowie zwanzig zusätzliche Folien beinhaltet, falls mal eine kaputt gehen sollte.

Was gefällt nicht so gut?

Wer kann die besten Kombos aus drei Karten sammeln und sein Deck effizient aufbauen?
Zum einen kann der Einstieg recht langatmig sein, weil man immer wieder von vorne sein Deck aufbaut und zunächst kaum genug Mana oder Elemente für die besseren Karten hat - richtig spannend wird es erst im letzten Drittel, wenn jeder einigermaßen starke Fähigkeiten hat. Zum anderen gibt es bis auf das frühe Stibitzen wertvoller Karten keinerlei kompetitiven Elemente, mit denen man das gegnerische Deck vielleicht schwächen oder angreifen könnte - jeder baut also gemütlich für sich. Und so innovativ das Folienprinzip ist, muss man vor jedem Spiel wieder alle zusammengesteckten Decks aus den Folien entfernen, die sich Dass sich übrigens nicht so gut mischen lassen.

Fazit

Mystic Vale ist eine leicht erlernte, interessant designte Alternative innerhalb der fast schon unüberschaubaren Welt an taktischen Kartenspielen von "Trading-" bis "Living Card Games", die es von Star Wars über Herr der Ringe bis Game of Thrones gibt. Im Rahmen einer märchenhaft Fantasy-Kulisse baut man sein Deck mit jedem Zug weiter auf, um sich durch clevere Kartenkombinationen in den späteren Zügen Vorteile zu verschaffen. Zwar ist der Einstieg etwas langatmig, weil man immer wieder von vorne startet, aber dafür sorgt das innovative Zusammenstecken von Grundkarte sowie Fähigkeiten in einer Folie für Übersicht und frische Impulse. Hinzu kommen die wichtigen Unterstützungen, die man mit cleverem Deckbau hinzukaufen kann. Falls ihr euch nicht auf ewig an ein System mit zig Erweiterungen binden, sondern einfach mal mit bis zu vier Freunden oder Kindern entspannt sammeln, aufrüsten und um Siegpunkte buhlen wollt, kann ich Mystic Vale für gemütliche Nachmittage empfehlen. Wer es anspruchsvoller und kompetitiver mag, sollte sich das hervorragende Android: Netrunner anschauen.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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