Brettspiel-Test: Magic: The Gathering (Sammelkartenspiel / Living Card Game)

von Jörg Luibl



Magic: The Gathering (Brettspiel) von Wizards of the Coast
Die Macht der Magie
Spielinfo Bilder Videos
"Die Mathematik als Fachgebiet ist so ernst, dass man keine Gelegenheit versäumen sollte, dieses Fachgebiet unterhaltsamer zu gestalten." Dieses Zitat aus dem 17. Jahrhundert von Blaise Pascal könnte auch von seinem späteren Kollegen im Geiste stammen. Denn der promovierte Mathematiker Richard Garfield erfand während seines Studiums das erste und bis heute populäre Sammelkartenspiel Magic: The Gathering. Warum der 1993 veröffentlichte arkane Kampf immer noch für Unterhaltung sorgt, verraten wir im Test. Wer wissen will, wie man überhaupt spielt, sollte sich Eikes Video-Guide ansehen.


Kreativer Pionier

Ein Doktor der Mathematik, der sich mit Magie beschäftigt? Zwei Zauberer, die sich mit Karten duellieren? Was 1993 zunächst komisch klingt, entpuppt sich, ähnlich wie drei Jahre später die Pokémon, als geniale Kombination - nicht nur hinsichtlich des Profits für die damals kleine amerikanische Firma Wizards of the Coast, sondern vor allem für die Spielkultur. Denn Richard Garfield begründete mit Magic: The Gathering (Magic) das komplett neue Genre der Sammelkartenspiele, das heute in nahezu allen populären Welten von Star Wars bis Game of Thrones wie selbstverständlich auftaucht. Aus der Urform der "Trading Card Games" hat sich dann eine weitere Strömung in Form der so genannten "Living Card Games" entwickelt: erst kürzlich habe ich Legend of the Five Rings sowie Arkham Horror vorgestellt.

Richard Garfield wurde 1963 in Philadelphia geboren und promovierte in Mathematik. Bildquelle: QuietSpeculation, 2014.
Richard Garfield wurde 1963 in Philadelphia geboren und promovierte in Mathematik. Bildquelle: QuietSpeculation, Interview 2014.
Verspielte Biographie

Richard Garfield konnte sich nach dem Erfolg von Magic aus der universitären Laufbahn an der Universiät Philadelphia, an der er 1993 immerhin noch in kombinatorischer Mathematik promovierte ("On the Residue Classes of Combinatorial Families of Numbers"), zurückziehen und voll auf die Entwicklung von Spielen konzentrieren. Und er war fleißig: In seiner Zeit als Autor für Wizards of the Coast hat er nicht nur an der dritten Edition von Dungeons & Dragons mitgearbeitet sowie weitere Sammelkartenspiele zu BattleTech, Vampire oder Star Wars konzipiert, sondern u.a. Spiele wie Roborun, King of Tokyo und auch Android: Netrunner, ein weiteres Beispiel für die Spieltiefe und den Facettenreichtum der modernen Kartentaktik, beruht auf seinen Ideen. Erst kürzlich wurde sein Bunny Kingdom auf der SPIEL 17 angekündigt, außerdem trägt er immer noch etwas zu aktuellen Editionen von Magic bei, wie etwa zur 78. Erweiterung Dominaria, die am 27. April 2018 veröffentlicht wird. Mittlerweile konzentriert er sich mit seiner Firma Three Donkeys auf Beratung im Bereich analoges sowie digitales Spieldesign, ist u.a. für Microsoft tätig gewesen.

Die Wurzeln des Erfolges

Warum ist sein Magic bis heute in aller Welt so erfolgreich? Warum wird es 25 Jahre nach der Premiere noch so gerne gespielt? Woher kommt diese Akzeptanz? Es ist ja auf den ersten Blick ein recht simples Spiel, das euch Eike in diesem Video erklärt. Aber auf den zweiten Blick zeigt sich, dass der Erfolg viele Ursachen hat. Vermutlich war sich Garfield damals gar nicht bewusst, weshalb er einen Nerv traf.

Zum einen darf man nicht vergessen, dass Kartenspiele seit Jahrhunderten tief in unserer Gesellschaft verankert sind - sie gehören von Mau-Mau über Rommé bis Doppelkopf zu den besten Spontanzaubern gegen Langeweile. Auch in Magic geht es ja letztlich darum, "Stiche" gegen seine Kontrahenten zu machen, zufällig Karten zu ziehen, sie abwechselnd auszulegen, zu kontern sowie Punkte einzufahren - es beruht also auf einem starken spielkulturellen Fundament. Nur hebt es Richard Garfield 1993 thematisch, strukturell sowie perspektivisch auf eine ganz neue Ebene, die plötzlich eine neue Generation von Spielern fasziniert.

Zauberer, Magie und Pentagramme

Da wäre die stimmungsvolle Ausgangslage, die die sonst so drögen Mechaniken klassischer Kartenspiele erzählerisch aufwertet. Das Szenario inszeniert einen Showdown: Zwei Magier werfen sich Zaubersprüche an den Kopf, bis einer stirbt - Gandalf und Saruman lassen grüßen! Das kann man sich bildlich vorstellen. Schließlich kann man nicht nur Magie, sondern ganze Länder und Kreaturen auf dem Tisch beschwören, indem man einfach Karten auslegt - man fühlt sich dabei unweigerlich cooler als bei der Ansage von Re oder Kontra.
Ein fortgeschrittenes Spiel zwischen Blau/Weiß (oben) und Schwarz (unten). Übrigens führte Schwarz hier mit 18 zu 1 (!) Lebenspunkt und verlor das Spiel trotzdem noch - u.a. aufgrund der beiden effektiven Schutzkarten.
Ein fortgeschrittenes Spiel zwischen Blau/Weiß (oben) und Schwarz (unten). Übrigens führte Schwarz hier mit 18 zu 1 (!) Lebenspunkt und verlor das Spiel trotzdem noch - u.a. aufgrund der beiden effektiven Schutzkarten.
Apropos bildlich: Hinzu kommt natürlich der visuelle Reiz der aufgedruckten Motive, die wie kleine Gemälde wirken. Magic sorgt für eine ganz eigene Ästhetik über eindringliche Illustrationen sowie kursive Zitate. Ohne die vielen gezeichneten Landschaften, Gegenstände und Kreaturen, die teilweise von bekannten Fantasy-Künstlern beigetragen werden, wäre der Erfolg dieses Sammelkartenspiels gar nicht denkbar! Und einen Treffer von einem Shakespeare-Spruch oder einem kleinen Reim begleitet zu landen, den man natürlich süffisant vorliest, hat auch etwas. Auge und Ohr spielen also ein wenig mit.

Und all diese Zauber mit ihren Bildern und Sprüchen schlummern sorgsam zusammen gesucht, aber zufällig vermischt, in einem so genannten "Deck", das nicht etwa allen in der Familie gehört wie das Skatspiel in der Schublade, sondern nur seinem Ersteller - wie ein privates Tagebuch. Manche Karten habe ich nur, weil sie so klasse aussehen oder ich das Motiv einfach mag. Nicht zu vergessen das Rollenspielflair en detail, denn man kann Helden mit Werten für Angriff sowie Verteidigung mit Waffen, Rüstungen oder Zaubern gezielt aufwerten, so dass mit +2 & Co auch noch Erinnerungen an Dungeons & Dragons wach werden. Selbst für Pen&Paper-Freunde ist also etwas dabei! Gerade für die jüngere Generation, die mit Tolkien und Fantasy groß geworden ist, übte diese Kombination aus Fantasy, Karten und Rollenspiel in den 90er Jahren starke Reize aus - man fühlte sich vielleicht auch emotional angesprochen von diesem Spiel.

Kommentare

juicy_B schrieb am
Hab mich jetzt auch mal für Eternal angemeldet während ich auf eine Beta-Einladung bei Magic warte (Danke für die Links) und ich muss sagen es spielt sich erstaunlich ähnlich.
Schneller auf jeden Fall. Für den Anfang bekommt man nach und nach einige Themen Decks.
Was ich bis jetzt gesehen habe konnte man sich sowohl für Echtgeld als auch Gold (In-Game-Währung) kaufen.
Es gibt schon eine Erweiterung und entsprechend schon einige Karten zum Sammeln.
Inwieweit das als Casual Sinn macht muss ich mal noch ausprobieren. :)
Falls jemand ebenfalls Lust hat zum Probieren, dürft ihr gerne über den Link gehen. Gibt's drei Booster-Packs zum Anfang.
https://www.direwolfdigital.com/eternal ... 8fc6e91006
Grauer_Prophet schrieb am
Ich empfehle jeden der sich für das Thema interessiert sich auf Fachseiten damit auseinanderzusetzen....
Die 2 Seiten gehen einfach auf zu viele Dinge nicht ein ....
Magic ist nicht Teuer wenn man die richtigen Formate spielt (Pauper) oder eben nur Casual ....
Sammler sollten einen Bogen darum machen da jedes Jahr zig neue Karten rauskommen-das geht natürlich ins Geld...
Aber zum Spielen muss man nicht alle Karten der Edition besitzen usw...
mindfaQ schrieb am
@MoS666: Wenn ich die Preise für die Booster ansehe, sieht Eternal für mich als Anfänger erst einmal nicht preiswert aus. Meinst du das fairste F2P-Modell im Videospielbereich überhaupt oder bei Kartenspielen? Das Beste überhaupt kann es nicht sein, weil es genug Titel gibt, die gar keine gameplayrelevanten Dinge verkaufen (z.B. Dota 2), hier werden jedoch Karten verkauft, die Gameplayrelevant sind und man ist von vorn herein erst einmal eingeschränkt.
@casanoffi
Hehe, das stimmt. Es ist auf jeden Fall auch schön, dass das Format einem (zeitlich / Manavorrat) erlaubt, auch mal dickere Karten zu spielen, die im normalen Constructed Format viel zu langsam wären.
Ein preiswertes TCG hätt ich auch gern. Hearthstone hatte ich auch irgendwann abgebrochen, weil es einfach genervt hatte, nicht alle Karten zu besitzen. Wahrscheinlich bräuchte man ein Card Game statt Trading Card Game ;).
casanoffi schrieb am
mindfaQ hat geschrieben: ?21.01.2018 10:00 @casanoffi: Ja Commander hatten wir auch zuletzt gespielt. Ich hatte nur keinen vernünftigen Commander und alle meine Combos wurden gecountert :D. Da aber so viele Karten gespielt wurden, die ich nicht kannte, war es gar nicht so leicht, die ganzen Interaktionen im Blick zu behalten bei 4 Spielern.
Dadurch, dass man eh schon Probleme hat, seine eigenen Karten auswendig zu kennen, ist es wirklich nur Profis vorbehalten, auch noch die Karten und möglichen Kombos der Gegner zu kennen.
Aber das sorgt ja auch immer für den Spaß dabei :D
Selbst bei einem 1 vs 1 ist das selten möglich, bei einem 4 vs 4 wird das sowieso immer zum fröhlichen Zufallsfest.
Hinzu kommt noch, dass wir alle nicht jünger werden :lol:
Alandarkworld hat geschrieben: ?21.01.2018 12:36 Ich würde einiges darum geben, mal ein ordentliches digitales TCG spielen zu können, das nicht auf dem Pay-to-win Prinzip beruht.
Naja, P2W liegt ja fast schon in der Natur von TCGs. Ich finde persönlich finde das nicht schlimm, kann aber verstehen, wenn das für viele ein No-Go ist.
MoS666 schrieb am
Ich habe gestern (auf Vorschlag in diesem Thread auf der ersten Seite) mal mit Eternal Card Game angefangen.
Ist ebenfalls Free to Play, inwieweit es Pay2Win ist, kann ich noch nicht beurteilen.
Ist aber ähnlich Magic von den Regeln und von der Einfachheit der Bedienung eher wie Hearthstone.
Es gibt das Spiel auf Steam im Early Access und für Android und IOS.
Das Free-to-Play System soll sehr fair sein, man bekommt relativ viele Booster und Karten.
Habe einen Bericht auf einer deutschen Seite gefunden, welcher es als das fairste Free-to-Play System aktuell deklariert.
Wenn ihr einsteigen wollte, könnt ich euch gerne über meinen Refer-Link anmelden.
Dann bekommt ihr (und ich) ein paar extra Karten.
https://www.direwolfdigital.com/eternal ... b8049c2aa2
Grüße,
MoS
schrieb am