Alles ein wenig anders
Wo ist der Roadie? Bevor man loslegen kann, muss nicht nur das Rift-Headset angeschlossen sein. Auch eine kompatible Plastikklampfe muss verbunden werden, nachdem man sie mit dem Halter für das rechte Touchpad am Gitarrenkopf präperiert hat, der im Paket mit den Touch-Controllern zu finden ist. Jegliche Rock-Band-4-Hardware ist kompatibel. Die PS4-Gitarren werden einfach über Bluetooth angeschlossen, die Xbox-One-Hardware über den Wireless Adapter, welcher der Rift-Hardware beiliegt. Sowohl die Fender Stratocaster als auch die Fender Jaguar aus dem Rivals-Kit funktionieren problemlos, müssen aber evtl. mit einem Firmware-Update versehen werden - was aber bei beiden mühelos aufgespielt werden kann. Und dann kann es losgehen.
Die Live-Auftritte sind mit ihren Akkord-Variationen sowie - Combos auf kreative Interpretation der Songs ausgelegt. Für filigrane Herausforderungen gibt es den Classic-Modus mit seinem Highway.
Hinter der Brille zeigt sich ein interessantes Bild. Die Klampfe hängt vor einem im leeren Raum, ein virtuelles Alter Ego gibt es nicht. Ebenfalls bemerkenswert und ein Indiz für die Detailfreude, mit der Harmonix ans Werk ging: Die Gitarre ist klar als Plastikmodell samt all ihrer Knöpfe und der Strumbar zu sehen, doch schaut man genau hin, sieht man Abnutzungserscheinungen, die eigentlich eher einem echten Instrument aus Holz entsprechen. Das ist für das Spielgefühl zwar vollkommen unwichtig, stellt aber einen weiteren Mosaikstein dar, mit dem Rock Band VR eine noch nie geahnte Musikspiel-Immersion erreichen möchte.
Allein und doch gemeinsam
Natürlich ist man im Gegensatz zu den VR-losen Rock-Band-Spielen hier nur alleine in der Musikwelt und spielt die 60 Songs, die ein breites Spektrum von Country bis Heavy Metal, von Gassenhauern bis Klassikern über mehrere Epochen hinweg abdecken. Bon Jovi, Aerosmith, Disturbed, Coldplay, Megadeth, Pierce The Veil, The Who, Jimmy Eat World, Maroon 5: Es dürfte sich für fast jeden Musikgeschmack etwas finden. Der Solo-Charakter der VR-Mechanik, der eigentlich konträr zum ursprünglichen Band-Gedanken steht, wird aber durch eine enorme Immersion ausgeglichen. Angefangen vom Hauptmenü, in dem man im Aufenthalts- bzw. Probenraum der Band "Autoblaster" seine Auswahl trifft, bis hin zu den energiegeladen Auftritten, die man mit Drummer Wes, Bassisten Mattie (Mathilda) und Sänger/Gitarrist Derek auf die zahlreichen, aber meist kleinen Bühnen bringt, fühlt man sich in der Tat wie ein Teil dieser von Harmonix mit vielen Details versehenen Welt. Angst vor Bewegungskrankheit muss man dabei übrigens nicht haben. Im Rahmen der Sicherheitszone von Oculus Touch kann man sich frei bewegen, für alles andere gibt es festgelegte Teleportpositionen. Im Hauptquartier sind diese quasi
Steht man neben Wes, kann man mit der Gitarre sogar die Zimbeln anschlagen...
gleichbedeutend mit Spielmodi oder Menüpunkten. Auf der Bühne kann man sich auf diesem Weg komfortabel an vorgesehene Punkte beamen und so z.B. neben Wes in die Saiten hauen oder sich zwischen Derek und Maddie direkt am vorderen Bühnenrand positionieren.
Und wenn man ähnlich wie in Rock Band 4 ein Solo vom Stapel lässt, dann aber in die meist gut gefüllte Menge schaut und Gesichter sieht, die einen erst ehrfürchtig anstarren und dann in Jubel ausbrechen, bleiben keine Zweifel: So müssen sich Tony Iommi, Joe Perry, Pete Townsend, Keith Richards oder Brian May seit Jahrzehnten fühlen. Und hinter der Brille steigt man ebenfalls in diesen illustren Kreis auf. Natürlich ist das alles nur virtuell gemeint. Denn wie gehabt ist Rock Band auch als VR-Variante nicht dazu geeignet, um das Gitarrenspiel zu lernen. Es ist und bleibt ein Unterhaltungsprogramm, das Rhythmusgefühl und Fingerfertigkeit abfragt. Wer will, kann seine Fähigkeiten auch im Classic-Modus unter Beweis stellen, bei dem man ohne Band oder Bühne die von oben nach unten auf einem Notenhighway rauschenden Markierungen im richtigen Moment greifen und anschlagen muss - so wie man es seit Jahren kennt. Und leider auch so konventionell wie noch bei Guitar Hero. Auf Freestyle-Solos, wie man sie optional in Rock Band 4 spielen kann, wird hier verzichtet. Und das, obwohl das auf VR abgestimmte Spielerlebnis nur so vor kreativer Freiheit trieft.