von Julian Dasgupta,

Bundestag: Keine Killerspiel-Panik



Gestern fand in Berlin im Rahmen der 10. Sitzung des Unterausschusses Neue Medien eine Anhörung zum Thema "Jugendmedienschutz und gewalthaltige Computerspiele" statt. Anwesend waren Vertreter aller Bundestagsfraktionen; als Experten waren eingeladen: Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Kriminologe und bekannter Gegner von "Killerspielen", Prof. Dr. Hartmut Warkus von der Universität Leipzig, Stephan Brechtmann, Vorstandssprecher des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) und Direktor der Home & Entertainment Division bei Microsoft Deutschland, Elke Monsson-Engberding, Vorsitzende der Bundesprüfstelle (BPjM), Dr. Klaus Spieler von der USK sowie Mike Cosse von der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter (FSM), welche für die Einstufung von Onlineangeboten zuständig ist.



Die Anhörung wurde eröffnet von Prof. Pfeiffer, der zwei Videos vorführte. Diese zeigten zusammen geschnittene Szenen aus Grand Theft Auto: San Andreas und Der Pate, in denen der Spielercharakter andere NPCs, fast ausschließlich unbewaffnete Zivilisten, verprügelte, erschoss, strangulierte oder mit der Kettensäge bearbeitete.



Es folgte Olaf Wolters vom BIU, der das Altersschutzsystem der Xbox 360 vorführte. die Funktionsweise erklärte, auf ähnliche Ansätze in Vista und Wii verwies und bekräftigte, dass es durchaus Möglichkeiten für Eltern gebe, den Zugang ihrer Kinder zu gewissen Spielen einzuschränken. Danach wurde die Fragerunde eröffnet, die jeder der Teilnehmer mit einer Stellungnahme zum Thema begann.



Prof. Pfeiffer stellte klar, dass er keineswegs denke, dass Spiele grundsätzlich aus jedem einen Mörder machen würden, verweist aber auf eine Gruppe "Hochgefährdeter", bei denen sich entsprechende Effekte zeigen dürften. Er verglich dies mit Zigaretten, bei den ein extrem hoher Konsum die Wahrscheinlichkeit für Lungenkrebs erhöhen würde.



Auch verwies er auf Studien, die nachweisen würden, dass es einen Zusammenhang zwischen abnehmenden Schulleistungen und Spielen, insbesondere gewalthaltigen Spielen, gibt. Dies begründet er mit angeblich neurobiologisch bestätigten Effekten des Konsums solcher Produkte auf das Kurzzeitgedächtnis.



Ein Verbot von Killerspielen und der Herstellung dieser sehe er als "Erziehungsmaßnahme des Staates gegenüber der Industrie." Ginge es nach ihm, müsste jedes Spiel, in dem Verbrechen in irgendeiner Form belohnt wird, vom Markt genommen werden.



Die Gegner des Verbots prangerten vor allem die einseitige Darstellung von Spielen an. So seien die gezeigten Szenen nicht repräsentativ für den Schwerpunkt jener Titel. Auch müsse man "Spiele als soziale und ökonomische Chance begreifen." Ein großes Problem sei laut Prof. Warkus vor allem das fehlende Wissen über und die mangelnde Bereitschaft der Erziehungsberechtigten, sich mit dem Hobby ihrer Kinder auseinanderzusetzen und vielleicht sogar dabei zu partizipieren. Auch regt er eine Pflichtfortbildung für Lehrkräfte an.



Im Hinblick auf Pfeiffers Bemerkungen bzgl. der Wirkung auf schulische Leistungen solle man auch nicht vergessen, dass Spiele auch gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten der Spieler trainieren und fördern würden. Zudem müsse man gewisse Inhalte thematisieren, anstatt sie zu tabuisieren.



Der Vertreter der USK wehrte sich gegen die Vorwürfe, stark von der Industrie beeinflusst zu werden. So habe selbst das zum gleichen Trägerverein gehörende Computermuseum bisher keine besondere Förderung seitens der Publisher erhalten. Auch kann Dr. Spieler die Forderung nach einer stärkeren Einbindung der Länder nicht nachvollziehen. Schließlich seien es doch die Bundesländer, die Vertreter für das letztendlich entscheidende Prüfgremium benennen. Sich eine Spitze gegen Uwe Schünemann (CDU), dem Innenminister Niedersachens und einem der stärksten Kritiker des derzeitigen Prüfverfahrens, nicht verkneifend merkt er an, dass es seit der Einführung dieser Verfahrensweise bisher nicht ein einziges Veto jenes Bundeslandes gegeben habe, obwohl man doch die Möglichkeit gehabt hätte, so die Prüfpraxis zu beeinflussen.



Pfeiffers Werben nach schärferen Richtlinien schien kaum auf Zustimmung bei den beteiligten Abgeordneten zu treffen. FDP und Bündnis 90/die Grünen hatten sich schon kurz nach dem Einreichen der Gesetzesinitiative des Bundeslandes Bayern gegen derartige Vorhaben positioniert, auch SPD-Abgeordnete hatten sich in den Untersuchungsausschüssen im Bundesrat kritisch geäußert. Der anwesende Vertreter der Partei, Jörg Tauss, sagte Prof. Pfeiffer, dass er bei ihm schon mehrmals wegen klarer Nachweise und Forschungsergebnissen nachgefragt habe, zuletzt im Dezember, und bis zum heutigen Tag keinerlei Unterlagen erhalten habe. Auch halte er das derzeitige Indizierungsverfahren durchaus für wirksam.



Philipp Mißfelder, Vorsitzender der Jungen Union, merkte an, dass die gezeigten Ausschnitte nur ein verzerrtes Bild wiedergegeben hätten. Auch warnte er vor einer "Verbotsgesellschaft." Lothar Bisky (Die Linke) stellte auch die Frage in den Raum, ob sich denn nicht einfach auch die Wahrnehmung der Gewalt in unserer Gesellschaft geändert habe, "was ja an sich nichts Schlimmes wäre", und ob Gewalt von Jugendlichen nicht einfach anders aufgefasst werden würde. Warkus ergänzt, dass es schließlich vor über 50 Jahren noch ein unbedeckter Frauenrücken (in "Die Sünderin") für Aufregung gesorgt hätte. Heutzutage bekäme man das ja in jedem Werbeblock zu sehen. Bisky wundert sich auch, ob man die Desensibilisierung wirklich auf einen einzelnen Faktor zurückführen könne, schließlich sei der Grad der Brutalität der in Nachrichten gezeigten Inhalte ebenfalls sehr hoch.



Kommentare

Phazonfreak schrieb am
sense60439 hat geschrieben:immer wieder das selbe scheiss gelaber langsam nerft es
Iceman Deluxe hat geschrieben:Mir geht der ganze scheiss mit der Diskussion um Killerspiele tierisch auf die Eier!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Warum müssen die Brillenträger ständig die Spiele in den Dreck ziehen, das kotzt mich an wie sau!!!! Die sollten erstmal auf die Umwelt schauen anstatt gleich die Spiele zu verbieten. Die Kids kommen trotzdem an die Games ran. Da nützt ihr verbot :!: :!: :!: :!: :!: :!: :!:
Ob es euch nun gefällt oder nicht, aber dieses "scheiß Gelaber" ist nun mal die Grundlage von Demokratie und in bestimmten Bereichen sehr mühsam, aber notwendig. Schließlich können sich Politiker nicht mit allen Dingen auskennen und müssen sich auf bestimmte Leute verlassen. Ihr müsst ja nun auch mal davon ausgehen, dass die mit Computerspielen in ihrem Leben sonst überhaupt nicht in Berührung kommen. Da ist es klar, dass es sehr verzerrte Meinungen gibt und eine vernünftige Entscheidung Zeit kostet.
Ich finde da eher euer Unverständnis und eure ignorante Ungeduld nerviger, vielleicht sollte man auch vor eurem Demokratie-Verständnis Angst haben. Ich habe jedenfalls vor diesen und in vielen anderen Foren geposteten Beiträgen mehr Angst, als vor verbotswütigen Politikern...
Phazonfreak schrieb am
bluevenom hat geschrieben:und erwachsene sollten definitiv selber entscheiden dürfen, was sie konsumieren und was nich!
Nun, aber in bestimmten Bereichen muss es schon Einschränkungen geben. Oder willst du auch gestatten, dass sich Erwachsene legal Kinderpornos saugen und anschauen dürfen?
Ein Generalverbot ist bevormundent und bringt bestimmt nichts, eine Generallegalisierung jeglichen Konsums für Erwachsene ist aber ebenso Blödsinn...
Und bevor du jetzt mit dem Argument kommst, dass man Kinderpornos und gewaltätige Spiele nicht vergleichen kann: Natürlich! Aber dieses Beispiel setzt halt deine Aussage in ein anderes Licht. Generell liberal ja, aber trotzdem mit der Möglichkeit der Einschränkung...
johndoe-freename-93678 schrieb am
gta: san andreas oder der pate sind aber nichts im vergleich zu hitman - blood money, wo gewalt so realistisch wie möglich dargestellt wird - aber dennoch nur mittel zum zweck ist und nicht gefordert wird!
TheTerrific schrieb am
Dito kann ich dazu nur sagen................
Das ausgerechnet ein Gegner dieser Spiele und dann noch gerade die brutalsten "Ausschnitte" gezeigt werden, sag ja mal alles *regsichvollauf*
johndoe-freename-109848 schrieb am
Mir geht der ganze scheiss mit der Diskussion um Killerspiele tierisch auf die Eier!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Warum müssen die Brillenträger ständig die Spiele in den Dreck ziehen, das kotzt mich an wie sau!!!! Die sollten erstmal auf die Umwelt schauen anstatt gleich die Spiele zu verbieten. Die Kids kommen trotzdem an die Games ran. Da nützt ihr verbot :!: :!: :!: :!: :!: :!: :!:
schrieb am