von Benjamin Schmädig,

gc-Eindruck: EA Sports MMA



Besser bluten

MMA steht für Mixed Martial Arts, also Gemischte Kampfsportarten, und ist EAs Angriff auf die UFC-Serie von THQ. Wo sich UFC dabei auf die namensgebende Liga beschränkt, umfasst MMA gleich sechs Ligen: Die lizenzierte Strikeforce sowie fünf frei erfundene. Klar erklärt mir der Executive Producer Dale Jackson, dass MMA schon seit mehr als drei Jahren in Entwicklung wäre - mit dem Erfolg von UFC also nichts zu tun habe. So richtig glauben mag ich das aber nicht. Vom Marketing mal abgesehen ist Jackson aber ein authentischer Kampfsport-Fan: Er spricht mit dieser leicht schüchternen Begeisterung von perfekt getimten Knockouts und blutigen Cuts. Erwischt es einen Kämpfer hier mal so richtig, wirkt es übrigens überzeugender als in UFC, wenn das Blut auf Gegner und Boden landet.

Apropos: Doctor Stoppages, also das Beenden des Kampfes durch den Ringarzt, wird es anders als in UFC Undisputed 2010 nicht geben. Auch zufällige Knockouts nach einem harmlos wirkenden Schlag wollte EA unterbinden. Landet man einen richtig guten Treffer, kann der zwar auch hier den Sieg bedeuten. Unnötigen Frust wolle man aber vermeiden. Überhaupt legt EA bedeutend mehr Wert auf Zugänglichkeit und schnellen Einstieg - obwohl die erste Begegnung mit MMA dennoch abschreckend sein kann. Ich hatte mich schon auf der E3 an zwei Partien versucht, stand dort aber wegen einer fehlenden Einführung auf verlorenem Posten. Während seiner gc-Präsentation erklärte Jackson deshalb zunächst die Steuerung, bevor ich mich mit einem Kollegen im Ring traf.

Arcade statt Simulation?

MMA verlagert den Schwerpunkt im Vergleich zu UFC  in Richtung Arcade, denn wo man im Letzteren gerade am Boden die unterschiedlichen Auswirkungen zahlreiche Analogstick-Drehungen am besten auswendig kennt, verwendet EA ein Knopfdruck-System. So verbessert man mit der Kreuz- oder der A-Taste seine Position (eine Bewegung des Sticks gibt hier lediglich die Richtung vor), während man mit der Dreiecks- oder der Y-Taste den Bodenkampf verlässt. Faustschläge sind natürlich jederzeit möglich, je nach Regelwerk auch Tritte und Kicks. Das Besondere ist die globale Konter-Taste - Kreis bzw. B. Denn sobald der Gegner eine Veränderung seiner Position einleitet, verhindert man genau das, wenn man im richtigen Moment die Kontertaste drückt. Man erkennt einen solchen Versuch durch ein starkes Rütteln des Controllers und gelingt die Abwehr, während der Kontrahent eine entscheidende Positionsveränderung versucht (er müsste dafür zusätzlich eine Schultertaste ziehen), dreht man die Situation mit einem Reversal komplett um. Das Kontern gilt dabei nicht nur am Boden: Stimmt das Timing, wehrt man damit auch einen Takedown ab. Durchbohrte Hände wird es bei EA nicht geben.

Das gilt auch für einige der Aufgabegriffe, denn sobald ein Kämpfe seinen Gegner im "Schwitzkasten" hat, wird ein Ring eingeblendet. Jetzt gilt es für beide Spieler, mit dem Analogstick die richtige Position innerhalb des Kreises zu finden - der Angreifer raubt dem Kontrahenten so die Luft, der Verteidiger befreit sich auf diese Weise aus der Bredouille. Sobald einer der beiden den richtigen Punkt erwischt, wird sie auf dem angezeigten Ring markiert. So kann der Gegner schnell gegenhalten. Aber Vorsicht: Die Position, die es zu treffen gilt, verändert ständig ihre Lage. Wer sich am gefühlvollsten zu ihr vortastet, hat in dabei die besten Chancen. Wer hingegen wild den Analogstick schwingt, verbraucht Kondition und kann so schlechter verteidigen oder angreifen! Ähnliches gilt für Aufgabegriffe wie Hebel an Armen und Beinen, denn für diese ist gut dosiertes Buttonmasching gefragt. Ich wusste aus Jacksons Erklärung, dass ich sehr vorsichtig auf die angezeigte Taste hämmern müsse - trotzdem war meine Kondition schon nach drei schnellen "Trommelschlägen" verbraucht. Die Entwickler legen also trotz des eingängigen Prinzips auf feinfühlige Taktik wert.

Angriff und Gegenangriff

Das wird auch im Stehen deutlich, wenn Tritte und Faustschläge ausgeteilt werden. Denn obwohl die Kampfsportler selbst in der schwersten Gewichtsklasse noch wie flinke Wiesel durch den Ring zu schweben scheinen, ist Haudrauf keine wertvolle Taktik. Zu leicht lassen sich Angriffe per Schultertaste blocken: Tippt man den linken Stick nur kurz in eine Richtung, beugt man den Oberkörper schnell zur Seite oder nach hinten - geübte Kampfkünstler setzen anschließend mit einem Gegenschlag nach. Sämtliche Schläge werden dabei über den rechten Stick ausgeführt - hält man gleichzeitig eine Schultertaste gedrückt, tritt man auf die gleiche Weise zu. Der Arcade-Charakter wird auch hier unterstreichen, weil die Kämpfer bei Bedarf automatisch in Richtung ihrer Gegner geschoben werden. Man muss den Abstand also nicht so präzise einschätzen wie bei UFC.

Weil ich im Clinch eine echte Niete bin, werden wir auf die Feinheiten des "Schmusenahkampfs" später eingehen. Immerhin war Jackson fair genug, mich nicht in eine entsprechende Lage zu bringen, als ich ihn eine halbe Stunde später noch einmal zum Duell bat. Natürlich habe ich klar verloren, wir lieferten uns allerdings einen harten Kampf. Nicht nur deshalb bin ich sehr angetan davon, wie gut die Entwickler aus der im Vergleich zu UFC überschaubaren Steuerung ein ähnlich umfangreiches System aus Angriff und Konter geschaffen haben. MMA richtet sich offenbar an ein Publikum, das schneller ins Geschehen einsteigen will - bietet dem ersten Eindruck nach aber trotzdem eine erfreulich große taktische Tiefe.

We. Are. Live!

Zumal EA auch das Drumherum nicht vergisst. So will man sich etwa regelmäßig Spieler heraussuchen, die sich in der Community als hilfsbereite Ansprechpartner erweisen oder anderweitig hervortun. Diese werden dann zu offiziellen Duellen eingeladen, die der Rest der Welt im Spiel oder im Webbrowser mitverfolgen darf. Der Clou: Die Kämpfe sollen von realen Live-Kommentatoren begleitet werden! Abgesehen davon wird es eine Rangliste geben, in der jeder im Internet ausgetragene Kampf berücksichtigt wird. Zusätzlich gibt es mehrere so genannter Contender Belts, also verschiedene Titel, die man erringen kann. Und natürlich können andere Spieler die Champion herausfordern. Nicht zuletzt darf man Fight Cards für eigene Online-Wettkampfabende erstellen und das Regelwerk ist frei wählbar: Von den "Unified" UFC-Regeln bis zu nicht erlaubten Ellbogenstößen und legalen Kicks gegen einen am Boden Liegenden ist alles möglich, was die Welt des Mixed Martial Arts bietet.

Kurz ging Jackson noch auf die Charaktererstellung ein und erwähnte, dass jeder eigens kreierter Kämpfer, der mit dem Training während der Solokarriere neue Techniken lernt, am Ende seiner Karriere bessere Werte haben wird als ein schneller fürs reine Onlinespiel erstellter Charakter. Im Training übe man dabei immer jene Fähigkeit, die man tatsächlich verbessern will. Mit einem Seitenhieb zu THQ meint der Executive Producer, dass man nach einer Sitzung nicht einfach Erfahrungspunkte beliebig verteilen könne. Eins wurde also deutlich: MMA hat die Herausforderung angenommen und dürfte sich als ein ernst zu nehmender Konkurrent entpuppen!

gc-Eindruck: sehr gut



Kommentare

FreshG schrieb am
Erster! Ne spaß. Na das hört sich ja mal ganz gut an. Schaun wa mal was am ende bei raus kommt :wink:
schrieb am