von Julian Dasgupta,

EVE Online: Offener Brief an die Community

EVE Online (Rollenspiel) von CCP Games
EVE Online (Rollenspiel) von CCP Games - Bildquelle: CCP Games
Seit der Veröffentlichung der Incarna-Erweiterung ist die Beziehung zwischen CCP und der EVE Online-Gemeinde spürbar abgekühlt. Groß war der Unmut über die Art und Weise, wie das Kapitänsquartier implementiert wurde; die gleichzeitige Einführung von Mikrotransaktionen und die dargebotene Preispolitik verstärkten den Ärger vieler Spieler.

Der Spielerrat CSM beklagte, das Studio berücksichtige nicht mehr das Feedback der Community, sondern sei eher darauf aus, eine eigene Strategie zu verfolgen. Die Designer, mit denen man in direktem Kontakt steht, seien zwar bemüht - die Studioleitung habe aber die Bodenhaftung verloren. Im Fokus der Kritik stand insbesondere Hilmar Petursson, der Chef des Herstellers: Der hatte sich besonders für die Änderungen eingesetzt und in einem durchgesickerten internen Dokument verlauten lassen, das Studio müsse auf jeden Fall unbeirrt und ungeachtet aller Kritik von den Spielern den Kurs halten, auch wenn dieser auf den ersten Blick unpopulär erscheinen mag. Es sei schließlich eine der stärken CCPs, neue Wege zu beschreiten.

Angesichts all der Kritik und der Vorgänge der vergangenen Wochen wendet sich Petursson jetzt in einem offenen Brief an die EVE-Nutzer und gibt sich geläutert. Er habe in den vergangenen Monaten viel nachdenken müssen und wolle nun Fakten schaffen, heißt es da einführend. Die Entfremdung zwischen Studio und Spielern sei seine Schuld. In seinem Eifer, das wahre Potenzial von EVE immer weiter freizulegen, habe er den Blick dafür verloren, dass auch die einfachen Dinge richtig funktionieren sollten. Er sei ungeduldig, stur und arrogant gewesen, als es besser gewesen wäre, vorsichtig, versöhnlich bzw. demütig zu sein.

CCP habe seit dem Start des MMOGs große Erfolge feiern und große Krisen wie den Zusammenbruch des Finanzsystems in Island meistern können - irgendwann habe man den Erfolg wohl als selbstverständlich betrachtet und sei überheblich geworden. Warnhinweise von Entwicklern oder Spielern seien ignoriert worden, erkannte Fehler oft nicht analysiert worden, da er allzu bestrebt war, seine Pläne umzusetzen.

Die Community habe ihren Standpunkt deutlich gemacht. In der jüngeren Vergangenheit habe es sicherlich Momente gegeben, in denen er sich wünschte, man hätte früher einen anderen Weg eingeschlagen.

"I was wrong and I admit it."

Hinsichtlich der Captain's Quarters habe man sich klar verschätzt: Das, was letztendlich ausgeliefert wurde, sei mehr oder weniger nur prototypen-reif gewesen. CCP habe den Entwicklungsaufwand unterschätzt, die Situation aber auch noch dadurch verschlimmert, dass man gleichzeitig ein beliebtes Feature - die Dockansicht mit dem sich drehenden Raumschiff - aus dem Spiel entfernte. Auch dies sei ein Zeichen dafür gewesen, dass man das Gespür für die Community verloren hatte.

Er könne die Enttäuschung der Spieler nachvollziehen. Rückblickend wäre es besser gewesen, die Quartiere interessierten Spielern als optionales Preview zur Verfügung zu stellen, und sie dann basierend auf dem Feedback zu verfeinern.

Die Einführung der virtuellen Güter sei auch eher "wenig überzeugend" gewesen. Es habe kaum Gegenstände gegeben, und durch das berüchtigte Monokel sei bei vielen der Eindruck entstanden, dass sich alle Items in jenen Preisbereichen bewegen werden. Da es auch keinen wirklichen Ort im Spiel gibt, in dem mehrere Nutzer (bzw.: ihre Avatare) gleichzeitig unterwegs sind, hätten die Spieler ihre Einkäufe sowieso nicht wirklich zeigen können. Letztendlich habe man auch hier ein unfertiges Feature übereilt veröffentlicht. Das Studio habe es auch versäumt klarzustellen, dass die Mikrotransaktionen nicht in einem 'pay to win'-Szenario münden würden. Der Fokus hätte stets auf Vanity Items gelegen. Das Motto sei nach wie vor: Das Investieren von Geld solle niemandem einen unfairen Vorteil gegenüber Spielern verschaffen, die stattdessen Zeit in das Spiel investieren.

Auch wenn man den Launch vermasselt hat, so handle es sich langfristig gesehen um eine notwendige Maßnahme. Spiele mit monatlichen Abogebühren würden irgendwann der Vergangenheit angehören - die Spielkultur ändere sich. Darauf müsste CCP mit seiner Technologie und dem Gamedsign vorbereitet sein. Andernfalls riskiere man die Zukunft von EVE.

"For the same reasons, Incarna—the real one with actual meaningful gameplay in it— will be a big step towards the future. For an experience that relies so much on emergence and human interaction, it’s remarkable that it’s taken us this long to actually put a face on it. Once Incarna hits its stride, EVE will be more personal, and thus more accessible to general audiences. Visual self-expression in a virtual setting is a core psychological component of gaming; most people need to see their avatars, or something vaguely humanoid, or else they don’t connect with the game. We were behind the curve and it needs to be addressed for the sake of EVE’s longevity. We have the technology. Now we need time to add the content that will bring more meaning to the gameplay—again, without disrupting the space combat simulator that many of you are, or at least were, very much in love with—and without delaying crucial improvements that this core experience desperately needs."

Man habe die vergangenen Wochen und Monate benötigt, um eine interne Erneuerung bei CCP zu initiieren. Das Ziel sei es, wieder ein Vertrauensverhältnis zur Community aufzubauen - davon hänge der Erfolg CCPs ab. In der näheren Zukunft werde man genauer erläutern, wie jener Plan umgesetzt wird. Das Studio habe die Kommunikation vernachlässigt und strebe wieder nach mehr Transparenz, verspricht Petursson, der im Juli noch etwas uneinsichtiger geklungen hatte. CCP lerne aus Fehlern und werde dadurch zu einer besseren Firma. Schon 2007 habe man eine kleine Krise überstanden, die dann in der Gründung des CSM resultierte. Man habe in den vergangenen Monaten alles - inlusive seiner Führung des Studios - unter die Lupe genommen und wolle sicherstellen, dass jene Fehler nicht wiederholt werden. Man habe alle Abläufe im Studio überdacht, neue Leute angeheuert und neue Prioritäten gesetzt.

Er sei immer noch überzeugt davon, dass man bisher nur an der Oberfläche dessen gekratzt hat, was eigentlich mit EVE möglich ist. Es sei seine persönliche Schwäche gewesen, seine Leidenschaft nicht mit Pragmatismus kombiniert zu haben. CCP habe versucht, das EVE-Universum in mehrere Richtungen gleichzeitig zu erweitern - zukünftig wolle man aufpassen, dass Bemühungen nicht verwässert und gut funktionierende Elemente nicht beeinträchtigt werden.

"Nullsec space needs to be fixed. Factional warfare needs to be fixed. The game needs new ships. We need to do a better job of nurturing our new players and making EVE the intriguing, boundless universe it has the potential to be."

Abschließend heißt es noch:

"The greatest lesson for me is the realization that EVE belongs to you, and we at CCP are just the hosts of your experience. When we channel our passion for EVE constructively, we can make this vision a reality together."


Kommentare

Arkinos schrieb am
Immerhin sagt er sehr duetlich das es niemals pay2win geben wird.
Und natürlich kann man sagen das ist auch nur Marketing aber wieviele Publisher haben sich denn bisher von ihren Kunden überhaupt zu einer derartigen Wende überreden lassen ?
Und der Itemshop ist generell vollkommen in Ordnung, wer Spacebarbies haben will soll dafür ruhig blechen dürfen, die Preise sind zwar lächerlich aber man brauchts halt nicht.
Und ja es gibt kein grinden in EVE. Skills werden automatisch gelernt, auch wenn man offline ist. man kann es beschleunigen wenn man sich spezialisiert und Implantate kauft aber das wars auch schon.
Nur Geld muss man noch ganz ordinär verdienen wobei man da auch sehr viele Möglichkeiten hat. Am schnellsten verdient man eh mit handeln oder scammen.
dcc schrieb am
Bringt dieses Palaber nun was? Verschwindet der ingame Shop wieder? Wenn nein, dann ist es nur heiße Luft. Wie die Politiker, Mist bauen, sich entschuldigen, aber den Mist wird man nicht mehr los...
Worte ohne unterstützende Taten sind wertlos.
Lumilicious schrieb am
Sir Richfield hat geschrieben:Ich muss allerdings die zynische Frage stellen, wie viele Abo Kündigungen es gebraucht hat, bis die Zahlen zum Einlenken überredet haben...
Genau diese Frage stelle ich mir auch gerade... :lol:
Kajetan schrieb am
MaxDetroit hat geschrieben:Spieler machen weltweit ihre Erfahrungen damit und ich höre auch schon wieder sehr viele Stimmen die das Abo-Modell besser fanden oder andere Modell bevorzugen. Den nur mit Vanity-Items machst du bei einem Iemshop kaum Umsatz, die meisten kommen irgendwann mit Pay2Win Items oder starken Zeitverkürzern, während der Grind auf der anderen Seite angezogen wird.
Genau das. Spieler merken immer häufiger, dass sie bei diesen Spielen langfristig MEHR Geld ausgeben, als bei einem fixen Abo-Modell.
Obwohl der grundsätzliche Gedanke das man ein Spiel erstmal ausprobieren und antesten kann bevor man etwas zahlt ja durchaus wunderbar ist - aber zu verschenken at niemand etwas und längerfristig werden solche Spiele fast immer teurer für den Spieler als mit Abo-Modell.
Richtig. F2P als Geschäftsmodell klingt auf den ersten Blick gut, habe ich früher auch gut gefunden und finde es prinzipiell immer noch gut. Die Umsetzung ist jedoch eine ziemlich einseitige Geschichte zugunsten des Anbieters, der dem Kunden via Micropayment langfristig mehr aus der Tasche zieht als vorher. Weil, wenn man nur mit Vanity-Items den Betrieb aufrecht erhalten kann, dann kann man mit Pay2Win doch richtig fetten Gewinn machen und reich werden, oder?
Kurz: Ich glaube nicht das F2P und Itemshop die Zukunft gehören wird.
Wird es auch nicht. Ebenso wenig wie MMOs und MP das Ende von Singleplayer-Spielen waren. Es wird Abo-Modelle geben, es wird F2P-Modelle geben, jeweils passend zum Spiel und zur Zielgruppe, die man bedienen möchte. Ergänzung und Erweiterung, nicht Verdrängung.
Dieses ganze "XYZ gehört die Zukunft" ist oft genug nichts weiter als hohles Marketing-Geschwätz, welches nur dazu dienen soll dem Kunden oder dem Investor vorzugaukeln, dass das eigene Geschäftsmodell Top of the Pops ist, während die blöde Konkurrenz nur noch abstinken kann.
greenelve schrieb am
MaxDetroit hat geschrieben:
Auch wenn man den Launch vermasselt hat, so handle es sich langfristig gesehen um eine notwendige Maßnahme. Spiele mit monatlichen Abogebühren würden irgendwann der Vergangenheit angehören - die Spielkultur ändere sich. Darauf müsste CCP mit seiner Technologie und dem Gamedsign vorbereitet sein. Andernfalls riskiere man die Zukunft von EVE.
Whoppa, nur weil das F2P Modell mit Itemshop gerade boomt und seit ca. ein, zwei Jahren zum Trend geworden ist heißt das nicht das diesem Modell die Zukunft gehört. Spieler machen weltweit ihre Erfahrungen damit und ich höre auch schon wieder sehr viele Stimmen die das Abo-Modell besser fanden oder andere Modell bevorzugen. Den nur mit Vanity-Items machst du bei einem Iemshop kaum Umsatz, die meisten kommen irgendwann mit Pay2Win Items oder starken Zeitverkürzern, während der Grind auf der anderen Seite angezogen wird.
Obwohl der grundsätzliche Gedanke das man ein Spiel erstmal ausprobieren und antesten kann bevor man etwas zahlt ja durchaus wunderbar ist - aber zu verschenken at niemand etwas und längerfristig werden solche Spiele fast immer teurer für den Spieler als mit Abo-Modell.
Kurz: Ich glaube nicht das F2P und Itemshop die Zukunft gehören wird.
Wobei, soweit ich EVE verstanden habe, es kaum Grind gibt, da Skills sich nur durch Zeit, nicht aber durch Lvlup oder andere Aktionen erhöhen und auch Items für bessere Ausrüstung nicht durch Zufall gefunden, sondern in einer Wirtschaftssimualtion, egal ob als Händler oder Räuber, erspielt werden
schrieb am