Technologie-Pioniere
1993 war rückblickend ein fantastisches Jahr für Spieler auf allen Systemen vom PC bis hin zum Mega Drive und dem Super Nintendo. Es erschienen Spiele wie Doom, Day of the Tentacle, Myst, Star Fox, Master of Orion, Star Wars: X-Wing, Pirates! Gold, NBA Jam, SimCity 2000, Ultima 7, Syndicate, Privateer und Cool Spot – um nur einige zu nennen. Zudem stand die nächste Generation an Konsolen wie PlayStation oder Segas Saturn bereits in den Startlöchern und wartete nur darauf, technisch ausgereizt zu werden. Es wurden Firmen gegründet, um diesen Pioniergeist mit frischen Technologien anzuheizen. Eine davon war Criterion Software, ursprünglich als Teil von Canons europäischem Forschungszweig, schließlich aber als eigenständiges Start-Up ausgegliedert, obwohl man mehrheitlich weiter zu Canon gehörte. Ziel war es, eine ganzheitliche 3D-Technologie zu entwickeln, die die Bereiche Grafik, Physik, Audio sowie KI in einem weitgehend einfach zu bedienendem Middleware-Paket bündelte.
Die futuristische Flug-/Balleraction Scorched Planet war das erste Spiel von Criterion.
Das Ergebnis nannte sich RenderWare und wurde später vor allem auf der schwer zu handhabenden PS2 zu einem der beliebtesten Entwicklungs-Tools – viele sprechen in diesem Zusammenhang sogar von Sonys Direct-X-Schnittstelle. Doch bevor RenderWare durchstartete, mussten die Entwickler erst einmal von der Qualität überzeugt werden, weshalb Criterion Games aus der Taufe gehoben wurde. In den ersten Jahren fokussierte man sich auf Technologie-Demos, bis schließlich 1996 mit Scorched Planet (damaliger Publisher: Virgin Interactive) das erste Spiel erschien. Man war zu diesem Zeitpunkt zwar noch fünf Jahre vom ersten Burnout entfernt, doch die seinerzeit technisch eindrucksvolle Flug- und Rennaction passte bereits in das „Criterion“-Schema, das sich meist um schnelle und technisch aufwändige Kulissen dreht. Sub Culture (1997, PC) und
Deep Fighter, der 2000 erschienene Quasi-Nachfolger auf Dreamcast haben diese Art der Action fortgesetzt und nur in eine Unterwasserwelt verlegt. Mit TrickStyle (1999, Dreamcast, PC) oder
AirBlade (2001, PlayStation 2) machte man zwar Abstecher in den Extremsport, der zu der Zeit von Activisions Tony-Hawk-Serie dominiert wurde. Doch mit Speedboat Attack (1997, PC), Redline Racer (1999, Dreamcast, PC) und Suzuki Alstar Racing (1999, Dreamcast, PC) legte man den Grundstein für den Erfolg, den man über die folgenden 15 Jahre im Rennspielsektor haben sollte.
RenderWare: Heiße Konkurrenz für Unreal & Co
Criterions RenderWare-Engine wurde von Rockstar Games u.a. für Bully und die GTA-Spiele (hier GTA 3).
Spieler, die zwischen 2000 und 2010 aktiv waren, werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Titel gespielt haben, der von der RenderWare-Engine angetrieben wurde – egal, welches System man bevorzugte. So nutzte Rockstar North z.B. Criterions Engine für die PS2- sowie Xbox-Versionen von
GTA 3,
GTA Vice City und
GTA San Andreas. Auch für
Bully, die Filmumsetzung The Warriors oder das hierzulande beschlagnahmte Manhunt nutzte man RenderWare, bevor man schließlich mit der Rockstar Advanced Game Engine (RAGE) seine eigenen hochpotenten Tools nutzte. Die Tony-Hawk-Skateboard-Spiele nutzten ebenfalls eine Zeitlang RenderWare. Rayman hüpfte im Jahr 2000 mit der Unterstützung von Criterions Engine durch Rayman 2: Revolution. Das heutige Netherrealm Studio um Ed Boon nutzte sie für
Mortal Kombat Deadly Alliance und
Mortal Kombat Deception.