Willkommen zur Achterbahnfahrt
Dass der Einstieg in den Kampagnen nicht gerade zu den Höhepunkten der Serie zählt, ist bekannt: Schon der Vorgänger brauchte etwas Zeit, um endlich in Schwung zu kommen, steigerte sich danach aber von Kapitel zu Kapitel. Dieser Teil braucht dafür etwas länger, nimmt dann aber spätestens Mitte des zweiten Akts ordentlich an Fahrt auf und wird endlichden hohen Erwartungen gerecht, die man in den Abschluss der Trilogie gesetzt hat. Alleine die haarsträubenden Abschnitte auf Schienen haben es in sich
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Wer oder was steckt hinter den Leuchtenden? |
und führen das Team um Marcus Fenix nicht nur hinter das Geschütz von gepanzerten Trucks, sondern auch in luftige Höhen und hinab in die Tiefen des Ozeans. Überhaupt wird Abwechslung groß geschrieben: Man stattet u.a. Coles zerstörter Heimatstadt Hanover einen Besuch ab, kapert ein Locust-Vehikel, verteidigt eine Festung der Menschen und landet auf einer mysteriösen Insel. Dabei vermag Epic nicht nur durch fulminante Action zu überzeugen, sondern sorgt in ruhigen Momenten auch für eine herrlich beklemmende Atmosphäre, wenn man z.B. das von Leid gezeichnete Leben der Menschen in den Lagern beobachtet oder durch eine Geisterstadt marschiert, in der nach den Hammerschlägen nur noch die Asche-Leichen die leblosen Straßen bevölkern und schon bei einer leichten Berührung zu Staub zerfallen. Selbst emotionale Augenblicke bleiben nicht außen vor.
Trotzdem entfacht Epic nicht mehr die ganz große Begeisterung der beiden Vorgänger, weil geniale Momente wie der Kampf gegen die Berserkerin (Teil 1) oder erinnerungswürdige Abschnitte wie der Kampf durch das Innere eines gigantischen Wurms (Teil 2) einfach fehlen oder sich nicht derart ins Gedächtnis einbrennen. Trotzdem werden neben den Standardgefechten immer wieder spielerische Höhepunkte und ein überzeugendes Maß an Abwechslung geboten, wenn man z.B. mit einem gut getimten Sprint den heftigen Mörser-Angriffen entkommen, am Geschütz die nahende Übermacht dezimieren oder in Pseudo-Stealthabschnitten verhindern muss, dass Locust-Wachen den Alarm auslösen.
Gigantische Bosse
Zusätzlich sorgt der eine oder andere Bosskampf dafür, dass der Puls noch weiter in die Höhe schnellt: So macht man u.a. die erneute Bekanntschaft mit einer Corpser-Mama und ihrer biestigen Brut, wo es zu einem erbitterten Duell in bester Aliens-Manier kommt. Leider halten sich diese fetten Gegner in Grenzen, doch zählen diese wenigen, aber imposanten Begegnungen mit den XXL-Monstern zu den großartigsten Momenten innerhalb der Kampagne.
Doch auch das Standard-Gemetzel hat es immer noch in sich: Neue Waffen wie Ein-Schuss, die abgesägte Schrotflinte oder der Retro-Lancer mit Bayonett-Aufsatz fügen sich wunderbar ins bekannte Arsenal ein, das mit seiner Auswahl aus Nah- und Fernkampfwaffen alles bietet, was man zur Rettung der Menschheit braucht. Dabei ist man nach wie vor nicht auf das Sortiment der KOR-Infanterie beschränkt, sondern greift z.B. auch zum Boomshot, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Auch der vernichtende Hammer der Morgenröte kommt bei einer möglichen Satellitenverbindung
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Zwar gibt es vermehrt ruhige Momente, doch steht die Baller-Action weiterhin im Vordergrund |
zu seinem tödlichen Einsatz und spielt vor allem im Finale eine entscheidende Rolle. Der Standard-Lancer ist und bleibt aber immer noch meine erste Wahl - vor allem auch deshalb, weil der brachiale Nahkampf mit der Kettensäge immer noch rockt und das Ding einfach hervorragend funktioniert.
Überragende Technik?
Nicht nur inhaltlich, sondern auch technisch legt die Unreal Engine immer wieder ein paar Brikett nach. Dadurch weicht die anfängliche Ernüchterung immer mehr einer Begeisterung, was Epic noch aus der Hardware der Xbox 360 herausholt. Vor allem die grenzgenialen Lichteffekte haben es mir angetan: Ich habe in einem Spiel selten schönere Sonnenstrahlen gesehen als hier. Doch nicht nur im Bereich der Ausleuchtung, sondern auch bei der Darstellung von Partikel- und Raucheffekten hat die Engine offensichtlich ordentlich zugelegt. Selbst das nervige Nachladen von Texturschichten - ein bekanntes Unreal-Problem - hat man weitestgehend in den Griff bekommen. Hinzu kommt, dass es sich einfach wunderbar flüssig spielt, denn unabhängig von der oft hohen Gegneranzahl auf dem Bildschirm kommt die Darstellung nur selten ins Straucheln. Nur an den zahlreichen und fair verteilten Speicherpunkten kommt es immer wieder zu kurzen, aber heftigen Ruckeleinlagen, die den Spielfluss etwas stören. Besitzer von 3D-Fernsehern, die Microsoft im Gegensatz zu Sony bisher eher vernachlässigt hat, haben Grund zur Freude: Gears of War 3 kommt in stereoskopischem 3D daher und macht dabei eine glänzende Figur! Einzig das auffällige Tearing beeinträchtigt hier das Vergnügen leicht, doch wird man dafür mit einigen sehenswerten Effekten "aus dem TV heraus" entschädigt.