Neue HeldenIndianer. Die Helden meiner Kindheit. Und so ziemlich die einzigen im TV-Programm der ostdeutschen Flimmerkiste. Allen voran Pierre Brice, für den wir gemütliche Spaziergänge mit Familie sausen ließen, um Winnetous Tod zum einhundertsten Mal zu erleben. Ein anderes Vorbild in Sachen Coolness und Lebensweisheit mimt dieser Tage zum letzten Mal in Bad Segeberg den berühmtesten aller Häuptlinge: Gojko Mitic. Nach zahlreichen Seminaren zum Thema Geschichte Nordamerikas kam allerdings die Einsicht, dass Indianer nie wirklich cool waren – das verklärte Bild des lässigen Häuptlings verschwamm ebenso wie die nostalgische Verzerrung uralter Computerspiele. Der Traum war ausgeträumt. Rothäute, die in ihren Reservaten Souvenire basteln, taugen einfach nicht als Idendifikationsfigur.Und jetzt bin ich genau so einer. Ich stehe im Klo einer abgelegenen Kneipe irgendwo im Niemandsland, schaue in den Spiegel und frage mich, ob ich jemals aus diesem Loch raus komme. Tommy. Cherokee. Automechaniker. Atheist. Das Leben im
Reservat steht mir Oberkante Unterlippe. Meine Freundin Jen unterhält den Laden und ruft
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Die Todeswelt: Wenige Sekunden habt ihr Zeit, um mit dem Erlegen von Alben euren Zustand zu verbessern. |
mich an die Bar. Aber bevor ich dort ankomme, labert mein Großvater Enisi noch etwas von der schicksalsschwangeren Stimmung, die in der Luft liegt, und dass ich ihn in dieser Nacht brauchen werde. "Whatever." Im Saloon spiele ich eine Runde Pacm... Verzeihung: Runeman, verzocke ein paar Dollar beim Glücksspiel, tausche das langweilige Gedüdel gegen Judas Priest und drehe die Lautstärke hoch. Irgendein Typ im Fernsehen redet von seltsamen Erscheinungen über Nordamerika. Dann erzählt Jen mal wieder, dass sie keine Lust darauf hat, das Reservat mit mir zu verlassen. Und plötzlich bricht die Hölle
los. Grüne Lichter beamen den Wagen vor dem Eingang gen Himmel und nehmen dann gleich noch die ganze Kneipe mit – einschließlich Großvater, Jen und mir...Verdammt, was hatte ich mich getäuscht! Indianer sind wieder in – mit bodenständiger Leck-Mich-Am-Arsch-Attitüde und cooler Sagenwelt. SO sieht ein Typ aus, mit dem ich mich identifizieren kann. Willkommen in der Welt von Prey!
Rasantes IntroDer Einstieg erinnert an Half-Life – im Vergleich zu Valves Erstling ist die einführende Fahrt allerdings so rasant, dass ihr euch, genau wie Tommy, nur eins fragt: Was zur Hölle?! Denn nachdem ihr auf dem Raumschiff der Aliens angekommen seid, werdet ihr, an einer Metallplatte festgeschnallt, als einer von hunderten von Menschen durch das Innere transportiert. Jen ruft um Hilfe, panische Schreie hallen durch die Gänge. Aliens laufen an der Decke entlang und irgendwo platziert ein menschlich aussehender Typ eine Bombe. Die Wände sehen aus wie eine Mischung aus organischer Materie und Räumen aus Metall.Weder auf Xbox 360 noch auf dem guten Mittelklasse-Rechner ruckelt die Umgebung, die schimmernden Oberflächen wecken allerdings Erinnerungen an Doom 3 und Quake 4. Trotzdem hat Prey seinen eigenständigen Look, vor allem die Biomaterie wirkt wunderbar schleimig und real. Für heruntergeklappte Kinnladen sorgen aber erst die teilweise riesigen Räume, in denen ihr später auch per Fluggerät unterwegs seid. Sogar einen kleinen Asteroiden umkurvt ihr mit dem Flieger – im Hintergrund die beeindruckende Kulisse der außerirdischen Bastion.Die ersten Minuten in der so genannten Sphäre sind mitreißend, Tommys erste Schritte ebenso. Dabei ist der Albtraum gefüllt mit dem, was seit Urzeiten Bestand hat: Türen öffnen, Munition auflesen, Bösewichter niederstrecken. Zur Verfügung steht euch die mit Schnellfeuerwaffe, Schrotflinte oder Raketenwerfer bekannte Ausrüstung. Immerhin wirken die meisten Schießprügel schön abgefahren und sehen so aus,
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So sieht sich Tommy, wenn er als Geist seinen Körper verlässt. |
als wären sie teils organisch, teils mechanisch. Gleich die erste Schnellfeuerwaffe hat z.B. ein Zielfernrohr. Wählt ihr es mit der zweiten Feuertaste aus, fährt ein merkwürdiges Etwas aus dem Lauf heraus und legt sich über euer Auge. Im Raketenwerfer hingegen schwimmt die Munition in einer glibbrigen Masse und wartet auf ihren Abschuss. Echte Sympathieträger sind die Granaten, denn das sind verdammt arme Viecher: Alles was ihr tun müsst, ist den spinnenähnlichen Wesen die Beine auszurupfen und sie Richtung Feind zu schleudern. Mit einem lauten Flatsch werden sie dann von ihrem Schicksal erlöst.
Verkehrte WeltSehr schnell macht ihr in Prey die Bekanntschaft mit den Portalen sowie dem Spiel mit der Schwerkraft. Oben ist hier nicht immer oben und bevor ihr es euch verseht, lauft ihr an der linken Wand. Wie das funktioniert? An vielen Stellen befinden sich Laufwege, auf denen ihr wie festgeschnallt fortschreitet: Gehen die Bahnen an der Wand entlang, spaziert ihr eben im 90-Grad-Winkel zum Boden. Führen sie euch an die Decke, hängt ihr kopfüber im Raum. Euer Blickwinkel dreht sich stets mit, was für ungewöhnliche Perspektiven sorgt. Denn wenn Gegner nicht ebenfalls den Wall Walk nutzen, stehen sie aus euer Sicht an Decke und Wänden.