Test: Fable 2 (Rollenspiel)

von Mathias Oertel



Entwickler:
Publisher: Microsoft
Release:
18.03.2010
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ab 20,23€
Spielinfo Bilder Videos
Wunderschöne Fantasy-Welt

Im Gegensatz zu manchen der unglücklichen Spielmechanik-Entscheidungen, hat die Art-und-Design-Abteilung ganze Arbeit geleistet und ein kleines Prunkstück abgeliefert. Wobei es sich in dieser Hinsicht als hilfreich erweist, dass Albion keine durchgängige, offene Welt darstellt.
Denn so konnten sich die Landschaftsmaler voll und ganz auf die jeweiligen Gebiete konzentrieren und ihnen eine ganz spezielle Atmosphäre verpassen. Sei es nun die prunkvolle Architektur irgendwo zwischen Mittelalter und industrieller Revolution in Bowerstone oder die düster-depressiven Sumpfgebiete der Wrathmarsh, die wolkenverhangen mit dichtem Nebel für ein deutliches Absinken der Gemütslage sorgen. Wenn man nun noch "Madames Heim für kleine verlorene Seelen" entdeckt, das Haus betritt und ein gutes Dutzend leerer Kinderwiegen sieht, wird einem ganz anders...

Unterstützt von einem dynamischen Tag-/Nachtwechsel, der mit seinem gleißenden Schleier die idyllischsten Sonnenaufgänge seit langem zeigt, ist man bei jedem frischen Gebiet neugierig, was die Designer sich haben einfallen lassen - und man wird nicht enttäuscht. 
In einer Fantasy-Welt dürfen natürlich auch Untote nicht fehlen.
Allerdings fehlt gelegentlich das Lebendige. Davon ausgenommen sind definitiv die Städte, die vor Leben bersten und in denen die Bevölkerung auch auf den Zyklus der Tageszeiten reagiert.
In den übrigen Landstrichen kann man zwar abseits der Gegner auch Hasen, Hühner und kleine Ansammlungen von Raben beobachten. Doch im Vergleich zum Gewusel in der Stadt sind ausgerechnet diese Gebiete zu wenig mit Leben abseits des Heldendaseins gefüllt - was das Durchstreifen aber nicht unattraktiver macht.

Das magische Halsband?

Aber es ist nicht alles heile Welt: In manchen Arealen hat die Engine mit Pop-Ups und Fade-Ins zu kämpfen, die allerdings in gefühlten 50 bis 100 Meter Entfernung für Störungen sorgen. Kleine Clippings bei Kleidung usw. fallen dem aufmerksamen Betrachter ebenfalls von Zeit zu Zeit auf. Doch das hat die aufgebaute Stimmung bei weitem nicht so sehr gestört wie der Niederschlag, der in der magischen Welt von Albion auch mal wie Bindfäden in grundsolide verarbeitete Gebäude regnen kann. Das sich spontan ins Nichts auflösende Hundehalsband, das darunter kein Fell, sondern ein weiteres "Nichts" offenbart, ist ebenfalls nicht schön anzuschauen.
Auch die manchmal merkwürdige Ruheposition der Hauptfigur, in der sie mit leicht durchgebogenen Rücken gen Himmel schaut, ist ein Fauxpas, der so nicht die Qualitätssicherung hätte passieren dürfen.

Zumal sie im krassen Gegensatz zu den ansonsten sauberen und teils sogar extrem geschmeidigen Bewegungen aller Figuren steht. Vor allem die späteren Nahkampfkombos machen einiges her - ganz zu schweigen von den magischen Effekten, die in ihren ersten Stufen zwar wenig spektakulär sind, aber später für ein zauberhaftes Leuchten auf der Netzhaut sorgen.

Das Figurendesign im Allgemeinen und das der Feinde im Besonderen ist ebenfalls sehr fantasievoll und filigran ausgearbeitet. Vom kleinen Gnom bis zum Bildschirm füllenden Troll ziehen die Kreativköpfe alle Register und bringen die Archetypen mit wunderschöner Leichtigkeit überzeugend auf den Schirm. Allerdings kann dies nicht darüber hinweg
Strahlender Held oder verbitterter Rächer? Die Wahl liegt bei euch.
täuschen, dass die Grafiker ihre Konzentration auf einige wenige Gegnertypen gerichtet haben. Auf Dauer hat man sich am x-ten Wegelagerer, dem hundertsten Gnom und dem tausendsten Untoten satt gesehen - so eindrucksvoll und detailliert sie auch gestaltet sind. In dieser Hinsicht wird den Designern der an sich mehr als löbliche Ansatz "Qualität statt Quantität" zum Verhängnis.

Man spricht deutsch - und das sehr gut

Für mich als Anglophilen ist es bedauerlich, dass die hierzulande erhältliche Version von Fable 2 keine englische Sprachvariante erhält. Aber angesichts der Qualität der Lokalisation kann ich dies verschmerzen.
Teils ernst, teils humorvoll, dann wiederum herrlich süffisant wie die Bardengesänge oder getragen, kann man sowohl die Texte als auch die Sprecherauswahl sowie die Regie als vorbildlich bezeichnen - bis auf die bereits am Anfang angesprochenen Schwester Rose, die schnell als die sprichwörtliche Ausnahme von der Regel ausgemacht werden kann.
Kleine Schönheitsfehler wie die sich schnell wiederholenden Kommentare bei den Nebenjobs kann ich an dieser Stelle zwar nicht ignorieren. Sie schaffen es aber auch nicht, mich von meiner Meinung abzubringen, dass Fable 2 ein absolutes Paradebeispiel für eine gelungene Lokalisation darstellt.
Das betrifft übrigens auch die sehr sauberen und stilsicheren Texte, die es z.B. bei jedem Buch, bei jeder Waffe und jedem Gegenstand zu lesen gibt - sehr schön! Und auch die kulturellen Anspielungen haben es gut verständlich in die deutsche Version geschafft. Da seien beispielhaft die beiden immer in Schwierigkeiten geratenden Abenteurer Sam & Max erwähnt oder auch der liebeskranke Wissenschaftler Victor, der mich beauftragt, die im ganzen Land verstreuten Überreste einer längst verstorbenen Lady zu finden, um sie wieder zum Leben zu erwecken. Frankenstein lässt grüßen...

 

 
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Kommentare

MK57 schrieb am
Ich grab das jetzt nochmal auf und frage hier an die Runde, ob das Spiel gut gealtert ist.
Würdet ihr es für die Xbox One empfehlen? Ist mir bei den abwärtskompatiblen Spielen aufgefallen..
Tom-5600 schrieb am
Endlich mal wieder ein gutes "westliches RPG"
Dieses "Japano" Genre geht mir schon sowas von auf den Keks.
CyrrusXIII schrieb am
wüsste nicht, dass das funktioniert.
Jazzdude schrieb am
Kann man eigentlich immer noch wie im ersten Teil Köpfe der Zivilisten abschlagen und in der Gegend rumkicken? :D Fand ich damals zugleich lustig aber auch ziemlich krank fürn Spiel ab 12 ;)
schrieb am