Eine Schleichmechanik zum Vergessen
Apropros dämlich: Während die Festnahme-Mechanik in der ersten Spielhälfte durchaus Sinn ergibt und Uniform und Marke für Straßendealer vielleicht wirklich genug Eindruck machen, um sich zu ergeben, wird das Überrumpeln von Bösewichten spätestens nach dem Verrat an Mendoza ad absurdum geführt. Dann nämlich funktioniert es auch ohne Uniform und Marke. Selbst im Hauptquartier des Bösewichtes kann man so gemütlich einen bis an die Zähne bewaffneten Verbrecher nach dem anderen überwältigen und "festnehmen" - obwohl man ja gar keine Kollegen mehr hat, die die gefesselten Bösewichte nach dem Einsatz abtransportieren könnten. Klingt unlogisch? Ist es auch!
Zudem ist die grundlegende Mechanik der Schleichsequenzen in Hardline bestenfalls mittelmäßig. Zwar ist es
Die Kulisse in der Kampagne überzeugt - besonders Gesichter und Mimik sind gelungen.
löblich, dass man einen Großteil der Missionen schleichend absolviert und dabei Feinde lautlos überwältigen oder mit dem Wurf einer Patronenhülse ablenken kann. Das Verhalten der Verbrecher ist es aber nicht. So bekommen die Feinde nämlich meist nicht mit, wenn ich nur wenige Meter hinter ihnen lautstark einen Kollegen verhafte – oder sehen mich nicht, nur weil ich in geduckter Haltung genau vor ihrer Nase entlang spaziere. Ebenfalls blöd: Ist einmal der Alarm ausgelöst, wissen die Wachen meist sofort, wo ich bin und lassen sich auch nicht mehr abschütteln, sodass ich mich oftmals trotzdem durch Horden gewohnt dämlicher KI-Gegenspieler ballern muss.
Charakterschwäche an langweiligen Schauplätzen
So ordentlich Hardline beginnt, so schnell verpufft die scheinbare Stärke der Charaktere: Trotz gut inszenierter Zwischensequenzen und vieler Gespräche bleiben alle Protagonisten bis zur völlig bescheuerten Auflösung flach und uninteressant. Zudem ist unklar, warum man später mit einem Drogenbaron
Die Schauplätze sind angenehm weitläufig, können aber nicht mit der Opulenz des Vorgängers mithalten.
zusammenarbeitet oder wieso die toughe Khai gefühlte drei Mal die Seiten wechselt. Außerdem erlebt man einige erzählerische Momente, die überhaupt keinen Sinn ergeben. Warum zum Teufel flutet man einen Fahrstuhlschacht, um zum Penthouse zu kommen, wenn ein Teil des eigenen Teams gleichzeitig gemütlich den Fensterputzer-Lift nimmt?
Zugegeben: von der absurden Blödheit der Kampagne von Battlefield 4 ist man hier noch weit entfernt, die Qualität der Erzählung nimmt aber spätestens in den letzten vier der zehn Kapitel deutlich ab. Dramaturgischer Tiefpunkt ist dabei für mich Kapitel acht, das schon im letzten Jahr auf der Gamescom gezeigt wurde und im Anschluss scheinbar irgendwie in die Abfolge der Episoden eingesetzt wurde. Anders ist nicht zu erklären, dass ich erneut Schleich-Tutorials erhalte und längst bekannte Mechaniken spielerisch „neu“ eingeführt werden.
Die Schauplätze können zudem bei weitem nicht mit der Opulenz der "anderen" Battlefields mithalten. Große Schlachtfelder machen einfach mehr her als Hinterhöfe, Büros oder Lagerhallen, in denen sich Drogendeals abspielen. Gerade aus den angenehm weitläufigen Everglades und der sengenden Wüste Kaliforniens hätte man aber erheblich mehr machen können, zumal es an dramatischen Zerstörungsorgien fehlt. Ja, es geht einiges an Pappwänden, Holz und Glas kaputt, aber an spektakulär versinkende Flugzeugträger oder einstürzende Wolkenkratzer kommt man in dieser Form einfach nicht heran.