Test: Crucible (Shooter)

von Benjamin Schmädig



Crucible (Shooter) von Amazon Games
Gleichförmiges Figurenverschieben
Entwickler:
Publisher: Amazon Games
Release:
20.05.2020
Erhältlich: Digital (Steam)
Spielinfo Bilder Videos

Es ist nicht einfach, im Gros der Online-Shooter herauszustechen. Die wenigsten sind ja um einzigartige Konzepte gestrickt, sondern kopieren einfach, was es bereits gibt. Und tatsächlich strotzt auch Crucible, die erste große Spiele-Produktion des Versandriesen Amazon, in unserem Test nicht gerade vor Ideen. Stattdessen versucht Entwickler Relentless Studios einfach folgendes: Man werfe Overwatch, League of Legends sowie Fortnite in einen Topf und fertig ist ein Hit. Oder?



Essenz und Herzen

Für alle, die sich den Free-to-play-Titel noch nicht selbst angeschaut haben: Crucible wird stets auf einer einzigen großen Karte gespielt, erinnert in dieser Hinsicht also an ein Battle Royale. In nur einer von drei Spielvarianten geht es allerdings darum, gemeinsam mit einem Partner als letztes Duo zu überleben, während in einem Team-Deathmatch-Modus zwei acht Kämpfer große Gruppen um Abschüsse ringen. Zentral ist vielmehr der Wettstreit zweier Vierer-Teams, die beide versuchen als erstes drei Herzen sporadisch auftauchender Schwärme zu erobern. Wo und wann diese Schwärme auftauchen, wird angezeigt und natürlich begegnen sich die Gruppen deshalb oft an genau diesen Punkten. Welches Team den Schwarm zerstört, ist dann nicht von Bedeutung. Es zählt allein das Einsammeln des Herzens.

An ein MOBA erinnert dabei die Charakterentwicklung der Heldinnen und Helden, die im Verlauf jeder Partie im Rang aufsteigen und auf jeder Stufe eine neue Fähigkeit erhalten. Entweder blenden kritische Treffer einen Gegner dann, man richtet unter bestimmten Umständen größeren Schaden an, eine die Sicht verschleiernde Dunstglocke kann manuell detoniert werden u.v.m. Um diese Charakterentwicklung zu beschleunigen, müssen Team und Teilnehmer Essenz sammeln, indem sie Tiere töten oder bis zu fünf Harvester einnehmen, die automatisch Essenz generieren. Neben weiteren Möglichkeiten die Ressource zu erhalten sind außerdem Schadens- und andere Verstärker in der Welt verteilt, weshalb das effektive Abgrasen des Levels unverzichtbar ist.

Gleichförmiges Verschieben

Spielerisch und auch optisch wirkt Crucible von Spielen wie Overwatch oder League of Legends inspiriert.
Crucible wirkt stark von Spielen wie Overwatch und League of Legends inspiriert.
Klingt gut, ist es im Ansatz auch – geht in der Praxis aber kaum auf und der Grund dafür ist u.a. das Level selbst. Denn im Wesentlichen handelt es sich nicht um eine große Welt, sondern einen relativ überschaubaren Kreis ohne nennenswerte Besonderheiten. Das Auftauchen der Verstärker verleiht den Partien zwar einen variablen Verlauf, trotzdem ist vor allem die Umgebung selbst so gleichförmig, dass das Herumlaufen über weite Strecken geradezu langweilig ist. Es gibt ja keine Gegner mit wirklich weit reichenden Waffen, die ein umsichtiges Vorankommen erzwingen würden. Auch besonders flinke Spione, die ihre Feinde schnell umkreisen oder schnell Harvester übernehmen, sucht man vergebens.

Hinzu kommt die Tatsache, dass praktisch jede Position auch für sich genommen eine recht weites, offenes Areal ist. Es gibt zwar Höhenunterschiede, abgesehen davon ist das Umlaufen dicker Felsen aber das Maximum der Überlegungen. Weil schmale bzw. verwinkelte Gänge fehlen, kann man sich nicht einmal kurz zurückziehen, sei es zum Heilen oder dem Neuordnen der Aufstellung. So weiß man bei den meisten Gefechten quasi im Vorfeld schon, dass der in Überzahl angreifende Trupp das Aufeinandertreffen gewinnt.

Als Free-to-play-Titel ermöglicht Crucible aus dem Spiel heraus das Kaufen von Individualisierungsmöglichkeiten und eines Battle Pass, der u.a. das globale Aufleveln beschleunigt. Außerdem sind direkt über Steam drei Pakete mit verschiedenen Inhalten erhältlich. Spielerische Vorteile erkauft man sich allerdings nicht.
Das ist auf Dauer schrecklich ermüdend, da taktisches Verständnis und geschicktes Bewegen kaum eine Rolle spielen. Das fast komplett fehlende Feedback, wenn man selbst getroffen wird, tut sein Übriges. Stattdessen erlebt man etliche Situationen, in denen ein Team so lange hinter einem Kontrahenten her rennt, bis es ihn endlich auf Null geschossen hat, was sowohl für Flüchtende als auch Angreifer frustrierend ist – schon alleine deshalb, weil das Aufteilen des Teams damit viel zu riskant ist. Und so zieht der komplette Trupp am besten geschlossen von Harvester zu Harvester, bevor er irgendwann den nächsten Schwarm ansteuert. Wobei der Austausch darüber, wohin genau es eigentlich gehen soll, dadurch erschwert wird, dass man in Crucible doch tatsächlich ohne Sprachchat auskommen muss. Wichtige Absprachen sind in diesem „kooperativen“ Shooter also tabu.

Glück im Unglück: Das passt hervorragend auf den Battle-Royale-Modus und das Team Deathmatch. Beide Varianten unterstreichen die Schwächen des Spiels nämlich überdeutlich, weil das profane Geballer dort sogar noch stärker im Vordergrund steht als ohnehin schon.

Kommentare

derbeoida schrieb am
thormente hat geschrieben: ?02.06.2020 20:49 Das Gruppenbild graut mich. Diese standart breiige Grau. Furchtbar. Da kommt einem der Ekel richtig hoch. :kotz:
Diese nix Gut
casanoffi schrieb am
Kabelinternet78 hat geschrieben: ?02.06.2020 19:25 Finds GOIL :RR: :Rentier:
Mal wieder ganz knallhart und entschieden ver-rissen, so lässig, einmal kräftig in die Buffe von Amazon Gaming :Häschen:
Beim Verriss eines großen Namens auf 4P muss man ja bekannter Maßen erstmal abwarten auf andere Tests - manchmal tauchen da auf einmal anderswo Awards auf :Hüpf:
Wenn ich mir die grund-verschiedenen Spiele-Modis anschaue, dann kann das Balancing der Charaktere nur nach hinten los gehen. Crucible will anscheinend eine Eier-legende-Wollmilchsau sein.
Meiner Meinung nach bräuchte das Spiel mind. noch 9-12 Monate und sollte wengistens als Early Access gekennzeichnet werden.
Man kann das Spiel ja geil finden, aber das ändert nichts an den Schwächen, die es hat.
Ich halte die Wertung für hart, aber fair.
PfeiltastenZocker schrieb am
Es hieße ja Konkurrenz belebe den Markt und wenn ein neues großes Studio aus dem Boden gestampft wurde von einem Konzern der sich bisher nicht an Videospiele gewagt hat, würde man das als gutes Zeichen sehen, mehr hochqualitative Kost mit größeren Budget gefertigt. Blöd nur wenn diese Spiele gleichförmig daher kommen und sich letzlich an einen ohnehin übersättigten Markt wenden, da man davon ausgeht bei dieser Zielgruppe das meiste Geld zu machen. Ein blick auf das Cover-Art reicht mir schon um zu sehen um was für eine Art Spiel sich handelt, darunter ist auch abermals jeder Archetyp in der Charakterriege vertreten. Nicht unlängst sind auch Bleeding Edge und Valorant erschienen und aberdutzende Indie Studios erhoffen sich ebenfalls den großen Wurf zu machen.
Ich kann es echt nicht mehr sehen und frage mich wo der kreative Impuls in der Industrie geblieben ist, einfach mal was neues noch nicht dagewesenes zu erschaffen. Oder wenigstens etwas was man schon längere Zeit nicht mehr getan hat. Hier versucht man nur den großen Reihbach zu machen, indem man die zigste Iteration eines Erfolgskonzepts liefert und einfach hofft der nächste Titel zu sein, auf den sich die Kiddies stürzen. *gähn*
LeKwas schrieb am
Ich schließe mich dem an, was schon ddd1308 schrieb. Der Release ist keine zwei Wochen her, und die Playerbase ist bereits von >10.000 auf unter 1.000 eingebrochen. Gerade für ein F2P Spiel, wo in der Regel nur ein Bruchteil überhaupt regelmäßig Geld für ausgibt und das Ding damit gegenfinanziert, ist das miserabel.
Seppel21 schrieb am
thormente hat geschrieben: ?02.06.2020 20:49 Das Gruppenbild graut mich. Diese standart breiige Grau. Furchtbar. Da kommt einem der Ekel richtig hoch. :kotz:
Mir geht es so bei Leuten die Standard mit t schreiben, und dann auch noch klein.
schrieb am