Test: Neverwinter Nights: Enhanced Edition (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Neverwinter Nights: Enhanced Edition (Rollenspiel) von Beamdog / Skybound Games / NBG
Niewieder Nächte
Entwickler:
Release:
29.10.2018
27.03.2018
03.12.2019
03.12.2019
03.12.2019
Erhältlich: Digital (PSN, Nintendo eShop, Microsoft Games Store)
Erhältlich: Digital (PSN, Nintendo eShop, Microsoft Games Store)
Erhältlich: Digital (PSN, Nintendo eShop, Microsoft Games Store)
Spielinfo Bilder Videos
Am 6. Juli 2002 habe ich Neverwinter Nights für den PC besprochen. BioWare konnte mich so gut unterhalten, dass ich von "Fantasy mit Seele" sprach und satte 87% im Test vergab; ich habe sogar eigene Abenteuer über das damals innovative Aurora Toolset erstellt. Allerdings wurde die Euphorie über dieses 3D-Rollenspiel schon vor siebzehn Jahren gedämpft, denn die spröde Technik und die Kulisse konnten nicht begeistern. Und was altert in dieser Spielebranche richtig schlecht? Das Polygon. Wie präsentiert sich die Neverwinter Nights: Enhanced Edition mit allen Erweiterungen für knapp 50 Euro im Jahr 2019?

Polygonale Steinzeit

Nachdem ich die etwas über zehn Gigabyte runtergeladen hatte und das lila Logo mit dem Auge erschien, überkam mich noch ein wehmütiges Gefühl. Im Jahr 2002 hatte ich richtig Spaß mit meinen Gefährten in den Gassen von Neverwinter Nights, zumal ich damals noch all die Romane von R.A. Salvatore und die Vergessenen Welten im Hinterkopf hatte. Bruenor, Drizzt, Wulfgar - ach, war das schön! Aber als ich dieses Rollenspiel auf der PlayStation 4 starte, erlebe ich kein nostalgisches Coming Home, sondern einen knallharten Aufprall in der polygonalen Steinzeit. Und der tut so richtig weh. Die ersten Schritte in der Akademie von Niewinter zeigen eine schrecklich sterile, aber auch hinsichtlich des Artdesigns groteske Kulisse.

Das damals schon erkennbare Baukasten-Flair wirkt heutzutage nochmal entzaubernder, zumal nicht nur die faden Texturen, das klobige Interieur, die geringe Sichtweite und die unfassbar schlecht modellierten Figuren mit ihrem Quecksilberhaar, das ich zunächst für Helme hielt, negativ auffallen, sondern auch die steifen Animationen. Obwohl das Spiel laut Pressemitteilung mit "einer aktualisierten Rendering Engine aufgewertet [wurde], die die visuelle Qualität des Spiels erheblich verbessert." Au Backe, aber diese Fantasy sieht zum Weglaufen aus...

Im Kontext der damaligen Zeit war das ja auch nur solide, aber zusammen mit den schlechtesten deutschen Sprechern, die ich seit Jahren gehört habe (oder sind das Sprachroboter?), wird jegliche Atmosphäre im Keim erstickt. Die damals stimmungsvollen kleinen Filmchen tun dank fehlender Breitbildanpassung und schlecht aufgelöster Fisselschrift ihr Übriges. Rein inhaltlich, rein spielmechanisch hätte dieser Klassiker eine richtige Modernisierung verdient - und auch heute besser abschneiden können. Zumal er ja nicht nur alle Erweiterungen wie Shadows of Undrentide und Horden of the Underdark enthält, sondern auch weitere Abenteuer-Module sowie Multiplayer-Unterstützung für kooperative Partien anbietet.

Bullaugen in der Wand

Ein Zauber? Ein Grafikfehler? Ein Bullauge!
Ein Zauber? Ein Grafikfehler? Ein Bullauge!
Aber Beamdog leistet nicht nur technisch das Nötigste, die Bildrate ist übrigens auch nicht stabil, sondern trifft im Vergleich zu der Baldur's Gate and Baldur's Gate 2 Enhanced Edition oder der Planescape Torment and Icewind Dale Enhanced Edition auch schlechte Entscheidungen in der Bedienung: Wer kam denn bitte auf die blöde Idee, beim Kameraschwenk um die eigene Gruppe tatsächlich Löcher in Hindernissen langsam aufgehen zu lassen? Das sieht so aus, als würde sich ein Bullauge auftun, wenn die Sicht versperrt wird - ich dachte erst, das ist ein Grafikfehler! Da hätte man die komplette Struktur besser durchsichtig gestalten können.

Herrlich, dieser Hafen.
Herrlich, dieser Hafen.
Und wie kann man im Jahr 2019 so ein verdammt träge zu bedienendes Menü für Gepäck und Items anbieten? Das dauert ja gefühlt Minuten, bis ich da mal eine Waffe ausgerüstet oder gar mehere Objekte verkauft habe! Es gibt weder einen Doppelklick für sofortiges Ausrüsten noch einen direkten Verkauf aus dem Rucksack an den Händler. Nein, ich muss den Kram tatsächlich mit dem langsam dahin schlurfenden "Mauszeiger" auswählen und dann rüber ins Menü des Händlers ziehen. Und weil das alles noch nicht nervig genug ist, wirken die Wechsel zwischen einzelnen Bereichen über die Schultertaste nochmal verwirrender...

Zudem sorgt der Perspektivwechsel von der Schultersicht in die Vogelperpektive mit Pausefunktion nicht für ein besseres Spielgefühl, auch wenn ich so natürlich taktische Entscheidungen für die ganze Gruppe treffen kann. Aber wie fitzelig ist das, bis man hier mal jemanden ausgewählt und von A nach B befohlen hat? Obwohl man das mit der Taktik zu Beginn dieses Rollenspiels ohnehin vernachlässigen kann.

Immer drauf und weg...
Immer drauf und weg...
Auf dem dritten der vier Schwierigkeitsgrade, der Hardcore-D&D verspricht, haue ich erstmal alles um, selbst in der Stadt voller Diebe und Schurken draußen, was mir in den Weg läuft - vor allem, wenn man einen Begleiter wie diesen bösen Zwergenmönch dabei hat, haut man sich mit One-Hits eine Schneise durch Niewinter. Den Weg zum Hafen pflastere ich vor lauter Frust über diese miese Rückkehr eines Klassikers mit Leichen, die allerdings nach ein paar Sekunden verschwinden - um dann von einem grauen Panorama belohnt zu werden, das nicht mal Schiffe in drei Meter Entfernung richtig darstellen kann. Ich will mir in der Schenke mit dem Killkumpel einen saufen, aber da hab ich keinen Zutritt. Jetzt müsste ich anfangen, das gute Rollenspiel, das sich hinter dieser schrecklichen Oberfläche verbirgt, wirklich ernst zu nehmen und mich den Quests zu widmen. Aber was ich jetzt brauche, ist ein klares Game Over.

Kommentare

manu! schrieb am
Spiele das momentan auf nem schwachbrüstigen Lappie durch, weil in Reha.Ich hätte ja echt viel zu bemängeln,unter anderem das Wegfindesystem, aber das Ding macht noch genau dass,was es damals gemacht hat.Das Loch in den Mauern,kann man abstellen,genauso wie das Zoomen beim Labern.Dem Ding auf Konsolen ne Miese Wertung zu geben weil halt Konsole und Steuereung und so ,aber aufm PC?Pfff es ist halt NVN...Ganz normal im Sale fürn paar Euronen.
Das Teil ist nach wie vor Klasse und motiviert.Vor allem auch die Add Ons.
Problematisch sind teilweise die Questhänger,wenn man bestimmte Dinge vorher schon erledigt hat und manche Quest Boys oder Barrieren dann einfach nicht mehr machbar sind,bzw. auftauchen-
forest_hunter schrieb am
Todesglubsch hat geschrieben: ?07.12.2019 18:36
forest_hunter hat geschrieben: ?07.12.2019 07:25 Was haben die bei Metacritic geraucht mit ihren gekauften Fake Wertungen. Sogar die Userwertungen sind positiv.
Gar nichts. Das Spiel hat auf Metacritics keine Wertungen, einzig die PC-Version hat zwei Reviews gelistet, mit mittlerem Durchschnitt. Die Userreviews sind im Durchschnitt gelb oder rot.
Du hast vermutlich beim Original geschaut.
Ja ist mir auch aufgefallen da habe ich das Spiel verwechselt, mittlerweile, es hat auf Metacritic 3 Wertungen 2 davon geben 80%. Es hat einen Userscore von 4.2 bei 6 Bewertungen.
Die größte Frechheit ist ja der Preis, ich habe gerade die Dark Souls Trilogie gekauftl, alle 3 Spiele mit allen DLC für 59 EUR, und die wollen für ein 17 Jahre altes Spiel das schlampig irgendwie für moderne Systeme geportet wurde 50 EUR. :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:
Metascore ist eh sinnlos, ich glaube da Werten amerikanische Firmen europäische Produktionen ab, Dark Messiah of Might and Magic aus Frankreich (Lyon) hat irgenwas mit 70% bekommen, während das doch klar ein Spiel über 85% ist.
Todesglubsch schrieb am
Uwe sue hat geschrieben: ?08.12.2019 02:45 es gab doch auch 2 oder 3 addons - sind wenigstens diese im spiel enthalten?
Beide offiziellen Add-ons sind drin, also Schatten von Undernzit und Horden des Unterreichs.
Außerdem sind zehn (offizielle) Premiummodule drin, sowie ein Portraitpack.
Nicht drin ist das Premiummodul Infinite Dungeons, weil das nicht konsolenlauffähig.war.
Uwe sue schrieb am
also vor knapp 20 jahren hatten wir uns extra für nwn und dessen hunderte fanmade abenteuer, eine kleine lan mit 3 rechnern eingerichtet um diese teils grandios erzählten geschichten erleben zu können. wir hatten sicher 50 ausgesuchte abenteuer durchgezockt und davon war ein jedes gut bis sehr gut. es gab doch auch 2 oder 3 addons - sind wenigstens diese im spiel enthalten? habe schon etwas weitergedacht aber ich fürchte NWN2 wäre von der engine her auch nicht mehr zeitgemäß, gut es ließe sich mit texturfiltern vll einiges rausholen aber das absolut wichtigste an diesem game war damals der geniale editor. ein remaster von nwn2 mit besonderem augenmerk auf den editor, vll crossplay zwischen pc und konsolen um den editor vernünftig nutzen zu können. es gehört einfach mal wieder ein zeitgemäßer aD&D baukasten her - sehr einfacher editor wäre hier das schlüsselwort für quantiät mit qualität bei user generated content. so eine masse und klasse wie bei nwn1 habe ich seitdem nicht mehr erleben dürfen...
achja - dieses kleine netzwerk stand anschließend entweder mit 3 oder 4 rechnern fast 10 jahre lang bei meinem kumpel im wohnzimmer... denn dann kam der absurz mit daoc und schließlich WoW^^
Todesglubsch schrieb am
forest_hunter hat geschrieben: ?07.12.2019 07:25 Was haben die bei Metacritic geraucht mit ihren gekauften Fake Wertungen. Sogar die Userwertungen sind positiv.
Gar nichts. Das Spiel hat auf Metacritics keine Wertungen, einzig die PC-Version hat zwei Reviews gelistet, mit mittlerem Durchschnitt. Die Userreviews sind im Durchschnitt gelb oder rot.
Du hast vermutlich beim Original geschaut.
schrieb am