Fan oder Forscher?
Für dieses Spiel muss man kein ausgewiesener Pokémon-Experte sein, der die Entwicklung der Taschenmonster seit dem rotblauen Startschuss akribisch verfolgt, sich als Ranger verdingt hat, in die Mystery Dungeons abgetaucht ist oder seine Ferien im PokéPark verbracht hat. Es genügt völlig, die animalisch angehauchten Hauptfiguren irgendwie als schnuckelig oder interessant anzusehen, um das Spielprinzip von New Pokémon Snap reizvoll zu finden. Und nein, dieser Switch-Titel ist nicht einfach mit einem der heute beliebten, in jedem zweiten Blockbuster-Titel angebotenen Foto-Modi vergleichbar - es ist schon ein richtiges Spiel mit Geschichte, Levelfortschritt, Sammelkram, Aufträgen & Co. Was es jedoch von den Schnappschuss-Optionen in einem
Assassin's Creed Odyssey oder
The Last of Us: Part 2 unterscheidet, ist die Art der Fortbewegung: In den genannten Action-Adventures ist man es schließlich gewohnt, an jedem Ort der Spielwelt in den Foto-Modus schalten zu können und dort die virtuelle Kamera zu zücken. Dann wird gezoomt, gedreht, gekippt, es werden Format und Brennweite justiert, Filter hinzugefügt oder sogar Figuren ausgeblendet.
Professor Mirror und seine Assistentin Rita sind eure Gesprächspartner und Auftraggeber. Leider haben beiden kaum Spannendes zu erzählen.
Ganz anders funktioniert das bei New Pokémon Snap: So sehr es mein Forscherherz auch begrüßt hätte – dies ist kein Spiel, bei dem man in Third-Person- oder Ego-Sicht frei durch eine Spielwelt navigiert, so wie das z.B. in
Endless Ocean 1&
2 (Wii) oder
Africa (PS3) möglich war. Stattdessen werden auf den Insel der Lentil-Region, wo New Pokémon Snap spielt, nach und nach Kurse freigeschaltet, auf denen man wie in einem Achterbahn-Wagen durch die Natur kutschiert wird. Von dieser fixen Position aus blickt man durch die Kameralinse und schießt Foto um Foto. Man darf sich in alle Richtungen umblicken und zoomen - die Entwickler nehmen einem durch die fixe Route aber die freie Wahl von Position und Perspektive aus der Hand. Vermutlich, weil es viel aufwändiger gewesen wäre, den Spieler per pedes in die wilde Welt zu schicken. Vielleicht auch, weil die häufig restriktiv auftretende Pokémon Company nicht möchte, dann man zu nah an die Modelle der Monster herankommt. Was auch immer die konkreten Gründe für diese Design-Entscheidung gewesen sein mögen – sie ist in jedem Fall extrem schade. Aber was nützt es, weiter über das nicht Vorhandene zu lamentieren – beschäftigen wir uns mit dem, was in New Pokémon Snap steckt…
Anstellung als Hiwi?
Tour durch die Wildnis: Während der automatischen ablaufenden Fahrten linst man durch seine Kamera in die Natur - und drückt ab, wenn solch knuffige Monster im Sucher auftauchen.
In der Lentil-Region, einem Insel-Paradies mit leichtem Südsee-Touch, trifft man als Spieler auf Professor Mirror, der nicht nur eine fantastische Kamera und ein ultrapraktisches Schienenfahrzeug erfunden hat, sondern auch noch dem Wahrheitsgehalt einer uralten Pokémon-Legende auf den Grund geht sowie das Lumina-Phänomen, eine Art von unerklärlicher Biolumineszenz, erforscht. Für den Professer steigt man in das Neo-One-Fahrzeug und erforscht die Pokémon-Fauna der Region: Zum Start gibt es nur einen Kurs, dort soll man die ersten Monsterchen ablichten. Am Ende der circa drei bis fünfminütigen Fahrt, auf der man bis zu 72 Bilder knipsen (das reicht locker!) kann, wählt man ein Foto von jeder Pokémon-Art aus, das abschließend vom Professor bewertet wird. Weil es von jedem Monster außerdem vier verschiedene Zustände gibt (z.B. fliegend, essend, drohend, flüchtend, sich aufplusternd, aus der Erde springend, etc.), die auf der jeweiligen Pokémon-Seite im Fotodex gespeichert werden, gibt es bei gut 200 Pokémon insgesamt über 800 Foto-Wünsche. Soll heißen: Bei jeder Fahrt entdeckt man neue Pokémon oder macht zumindest neue, beste Schnappschüsse für eine bestimmte Pose oder ein bestimmtes Monster; ganz am Rande knipst man auch mal Blumen oder Ruinen.