Eine richtig gute Idee
Ich nehme euch an dieser Stelle direkt die Spannung: Hi-Fi Rush ist für mich der erste Hit des Jahres. Und das liegt vor allem an der zentralen Spielmechanik der ansonsten eher klassischen Charakter-Action, die mich ab der ersten Minute mitreißt. Schläge, Kombos und Finisher, die mit ihren Verkettungen, Sprüngen & Co. direkt aus Devil May Cry stammen könnten, werden von Protagonist Chai nämlich auf den Beat von treibenden Rocksongs absolviert, die den Flow des gesamten Spiels bestimmen. Treffe ich mit meinen leichten und schweren Attacken den Beat oder pariere Schläge der Robo-Übelwichte im Rhythmus erhalte ich Boni in der Auswertung und kann Folge-Finisher auslösen, die ebenfalls auf den Takt ausgelöst werden können. Außerdem wird jeder Treffer auf dem Beat mit Applaus und einem Gitarrenlick belohnt. Was ist das nur für eine großartige, für eine tolle Idee – die gleichzeitig so naheliegend ist, dass ich mich frage, wieso noch nie jemand vorher darauf gekommen ist.
Schläge, Attacken und Paraden passieren ausschließlich auf den Zählzeiten der Songs, wobei ich leichte Angriffe auf jede, schwere Angriffe nur auf jede zweite Zählzeit ausführen kann. Durch diese klare Strukturierung werden Kombo-Timings oder Paraden herrlich eindeutig, da alles auf dem Beat passiert. Gleichzeitig bin ich natürlich auch Sklave des Metronoms – verlässt mich mein Taktgefühl, klappt im Kampf gar nichts mehr. Praktisch: Ich kann eine visuelle Hilfe einblenden, die mir im Stil klassischer Rhythmusspiele bei der Orientierung in der Musik weiterhilft.
Ordentlich zur Sache: Die Effekte sind ebenso stark in Szene gesetzt wie Charaktere und Umgebung.
Und nicht nur der Kampf ist rhythmusbasiert: Die kompletten Level, von Beleuchtung bis Lavafontänen oder Plattformen bewegen sich im Takt, ja sogar die Laufanimation des Charakters ist auf den Beat der Rocksongs abgestimmt, bei denen sich Eigenkompositionen während der Level sich mit Nummern von Nine Inch Nails, Prodigy & Co. abwechseln, welche in Bosskämpfen für mehr dramatische Dynamik sorgen. Das ist richtig cool, da so ein einmaliger Groove im Spiel entsteht, der sich durch alle Spielelemente, von der Prügelei bis zur Platforming-Passage zieht.
Ein Robo-Arm, eine Gitarre, ein MP3-Player
Die trotteligen Wach-Bots von Vanderlay stehen zwischen Chai und den Bossen des Tech-Konzerns.
Aber Moment – worum geht es eigentlich in Hi-Fi-Rush? Der durch eine Verletzung am Arm körperlich eingeschränkte Möchtegern-Rockstar Chai gerät durch unglückliche Umstände (und durch aktive Hilfe fieser Konzernchefs) in die Fänge des Tech-Riesen Vandelay. Anstatt aber wie erhofft als Freiwilliger im Projekt Armstrong mit neuem Körperteil endlich zum Gitarrenhelden aufzusteigen, droht ihm im Anschluss die Zwangsarbeit in der Müllsortierung. Allerdings gerät ein MP3-Player mit in die Operation, die sich mit seinem Körper verbindet.
Chai und seine Umwelt reagieren plötzlich auf den Beat der auf dem Gerät gespeicherten Songs – und der junge Rock-Fan muss sich mit einem Schlagwerkzeug in Form einer Flying V seinen Weg durch Vandelay-Roboter und den Vorstand des Konzerns prügeln, um von der Insel des Techriesen zu entkommen. Gleichzeitig gibt es aber auch noch ein Vandelay-KI-Geheimprojekt namens SPECTRA, das dringend aufgehalten werden muss. Chai ist ein trotteliger Gernegroß, der weder versteht, was mit ihm passiert, noch die Tragweite seiner Handlungen wirklich einordnen kann. Durch den generell eher lockeren Ton von Hi-Fi Rush fällt das aber nicht negativ auf, die absurden Dialoge und bescheuerten Situationen tragen eher zum großen Spaßfaktor dieser knallbunten Rhythmus-Klopperei bei.