Nah & fern
Wildes Ballern mit AK47 & Co. gehört nach wie vor nicht zu den Stärken des Titels. Zwar führt der Held stets eine dieser „normalen“ Knarren mit, die Benutzung ist aber weder wuchtig noch elegant; zudem ist es immer noch zu zu schlecht ersichtlich, wann die eigene Figur getroffen wird. Trotzdem empfinde ich, zumindest im ersten großen Level des Spiels, die Balance aus ansprechendem Schleichen mit zwei, drei Stealth Kills (via Messer oder Schalldämpfer-Pistole) und den tatsächlichen Scharfschützen-Arealen ansprechend. Man hat das Gefühl, sich durch ein bisschen taktisches Vorgehen, Schwimmen, Meucheln und Klettern als Belohnung einen klasse Aussichtspunkt für das echte Missionsziel zu verdienen. Dort wechselt man dann in die liegende Position, lässt sich vom Hauptquartier über Funk nochmal über den Feind aufklären und scannt per Fernglas die Lage.
Für einzelne Gegner sollte man keine Munition verbrauchen - besser mit gezogener Pistole anschleichen und dann im Nahkampf zum Messer greifen.
In der ersten Mission waren die Zielorte stets sehr weit von meinem Sniper entfernt – sprich Contracts 2 löst das vielen Scharfschützenspielen innewohnende Dilemma das Gehört-Werdens vielfach über die Entfernung. In der Sniper-Elite-Serie muss man oft mit Schalldämpfern arbeiten, mehr Deckung nutzen oder Momente abpassen, wenn aufheulende Motoren das Schussgeräusch übertönen. Bei Contracts 2 hingegen scheint die Devise: Triff jeden Schuss und töte ohne Zuschauer! Nachdem man möglichst alle Feinde gefunden und markiert hat sowie sich über das Missionsziel im Klaren ist, geht es ans Eliminieren der Wachen. Zuerst die Scharfschützen – denn die erledigen euch im Nu, wenn ihr mal danebenballert und dadurch Alarm auslöst.
Einen nach dem anderen…
Einzelne Wachen sind die leichteste Beute, schwieriger sind Gruppen aus zwei oder drei Feinden. Entweder man ist verdammt schnell und treffsicher, wartet geduldig, bis einer mal ein paar Schritte um die Ecke macht, oder tötet mit einer Kugel doppelt, wenn zwei Gegner in derselben Schusslinie stehen. Das eigentliche Missionsziel steht natürlich nicht auf dem Präsentierteller herum – vielleicht müsst ihr einen Kommandanten durch Sabotage der Stromzufuhr herauslocken oder einen flüchtenden Agenten im Auto erschießen. Hier tickt dann schon mal die Uhr und bei der erfolgreichen Flucht der Zielperson kommt der Game-Over-Schirm schneller als einem lieb ist – hier sehe ich durchaus Frustpotenzial für das finale Spiel. Eine manuelle Quicksave-Funktion haben die Entwickler nicht eingebaut, stattdessen speichert das Spiel automatisch nach beinahe jedem erfolgreichen Kill, der ungehört bleibt.
1-2-3... Alarma!
Contracts 2 ist beileibe kein Rollenspiel, die Hauptfigur darf ihre Fähigkeiten und Gadgets aber doch in etlichen Kategorien aufpolieren.
Schlägt eine Kugel knapp neben dem Kopf einer Wache ein, wechselt diese in den roten Alarmzustand und innerhalb weniger Sekunden sucht die gesamte Besatzung der Basis erstens Deckung und zweitens nach dem Absender. Wie ihr das verhindern könnt? Durch Übung. Das Zielsystem von Contracts 2 hat mir bislang richtig gut gefallen: Es ist nicht sonderlich simulativ, macht Kills aus 1.500 Metern aber auch nicht zu leicht. Hat man Feinde per Fernglas markiert, ist ihre aktuelle Entfernung stets eingeblendet. Wechselt man dann zum Scharfschützengewehr, kann man nicht nur über die Fallkurve einschätzen, wo das Projektil trotz Wind einschlägt, sondern auch noch die Entfernung des jeweiligen Opfers so einstellen, dass das Anvisieren deutlich leichter fällt. Schickt man die Kugel dann auf den Weg, dauert es ein bisschen, bis sie einschlägt – regelmäßig setzt eine Killcam die Treffer besonders martialisch in Szene. Die Inszenierung verzichtet dabei auf Röntgeneffekte, das Markenzeichen der Sniper-Elite-Reihe, fällt aber deutlich professioneller und wenig hampelig aus als noch im Vorgänger. Laut Entwickler-Info soll es diesmal möglich sein, Gliedmaßen abzuschießen – dies gelang mir in der Vorabversion aber noch nicht.
Ein Traum von einem Sniper-Spot: hohe Lage, eine Basis voller ahnungsloser Wachen und niemand in der Nähe, der eure Schüsse hören könnte.
Technisch hinterließ die angespielte PC-Fassung in der Grafik-Einstellung „hoch“ einen ansprechenden, aber auch nicht immens schicken Eindruck – gehobenes PS4- oder Xbox-One-Niveau würde ich sagen; Contracts 2 setzt wie seine Vorgänger übrigens auf die CryEngine. In puncto Umfang bin ich gespannt: Das erste Areal war wirklich ausladend, trotzdem fände ich es schön, wenn am Ende mehr als fünf Gebiete im Spiel stecken würden, wie es die Übersichtskarte im Menü suggiert, und diese auch andere Szenarien abseits einer kargen Felswüste beackern.