Einen Gott töten?
In Dishonored: Der Tod des Outsiders steht Billie Lurk im Mittelpunkt des Geschehens. Sie hat schon in den anderen Dishonored-Teilen eine wichtige Rolle gespielt, konnte bisher jedoch nicht selbst gespielt werden. In dem eigenständigen Kapitel, wie Publisher Bethesda es in Abgrenzung zu einer eigenständigen Erweiterung nennt, soll Billie den mysteriösen und gottgleichen Outsider töten, weil Daud (Mentor von Billie) ihn und seine Gabe als "vergiftend" ansieht. Daud denkt, dass die Welt ohne den "schwarzäugigen Mistkerl" besser dran wäre. Um dieses Ding der Unmöglichkeit zu bewerkstelligen, muss Billie zunächst Informationen zusammentragen und sich eine passende Waffe besorgen. Am Ende ihrer Mission darf die Attentäterin dann eine Entscheidung treffen, was sie letztendlich mit dem Outsider machen möchte. Diese Entscheidung ist übrigens nicht an das Chaos-System aus Dishonored 2 gekoppelt. Das sorgte bekanntlich dafür, dass sich die Spielweise auf die Tonalität des Endes auswirkte - das fehlt hier komplett, was aber der spielerischen Freiheit zugute kommt.
Schwache Charaktere in einer großartigen Welt
Dishonored: Der Tod des Outsiders bietet wie Dishonored 2 vielfältige Vorgehensweisen und Freiräume bei der Erledigung der Mission sowie beim Ausschalten von Gegnern.
Obgleich die Entwickler (Arkane Studios) mit Daud und Billie zwei interessante und bekannte Hauptcharaktere ins Rennen schicken, verpassen sie es, um das Attentäter-Duo herum eine spannende Geschichte zu stricken und beide glaubhaft weiterzuentwickeln. Dabei sind die Ansätze gar nicht verkehrt, da Daud zu Beginn einige philosophisch angehauchte Sätze über das Nichts zum Besten gibt, dann jedoch in die Mentor- bzw. Questgeber-Rolle verfällt. Auch Billie bleibt weitgehend blass und hat im Prinzip keine eigene Motivation den Outsider zu töten. Sie macht nur das, was Daud von ihr verlangt. Beide Charaktere sind mir zu schwach im linearen Storyverlauf umrissen - schade! Dafür weiß die ebenso malerische wie dystopische Steampunkwelt zu überzeugen, die mit reichlich Lesematerial in Form von Briefen oder Notizen, weiter vertieft wird. Bezüge zu den Vorgängern werden so ebenfalls hergestellt.
Während das Storytelling nicht gerade eine Stärke ist, können die Arkane Studios vor allem in den Bereichen Level-Design (plus Erkundung) und spielerische Freiheit massiv punkten. Sämtliche Missionen und Aufträge können - beinahe wie in einer Sandbox - auf unterschiedliche Arten gelöst werden. Abgesehen davon, dass Häuser und Räume verschiedene Zugangswege bieten, können Gegner getötet, betäubt oder umgangen werden. Je mehr die Umgebung erkundet wird, desto mehr Möglichkeiten werden sichtbar - wobei manche Hinweise und Vorgehensweisen ziemlich offensichtlich sind. Wie Dishonored 2 kann man Dishonored: Der Tod des Outsiders durchspielen, ohne eine Person zu töten. Man muss sich „nur“ überlegen, wie man spielen möchte, zum Beispiel als schattenhafter Attentäter, als Geist, als mordende Metzelmaschine oder als Mischung zwischen den Extremen.
Nichtsdestotrotz hatte ich auch hier wieder das Gefühl, dass die Stealth-Vorgehensweise wesentlich spaßiger bzw. befriedigender als die Rambo-Variante ist. Wenn ich mich mit purer Gewalt als brutaler Meuchelmörder mit dem gewohnt hektischen Nahkampfsystem durch die Feinde schnetzele,
Wie dringt man in die Bank ein? Über das Dach? Durch die Kanalisation? Nutzt man die Müllentsorgung? Und wie lassen sich schon im Vorfeld viele Gegner ausschalten?
stellt sich nicht das gleiche befriedigende Glücksgefühl ein, das mit einem Schleicherfolg und einer „Rätsellösung“ einhergeht. Oftmals dachte ich nach einer brutalen Direktkonfrontation, dass ich etwas „falsch“ gemacht hatte und bemühte die Schnellladefunktion. Wobei an dieser Stelle noch gesagt werden soll, dass Billie auf dem brutalen Weg sehr schnell das Zeitliche segnet, da sie nicht wirklich viel aushält.
Tolles Level-Design
Obwohl das Level-Design in Dishonored: Der Tod des Outsiders wirklich sehr gelungen ist, kann sich der erneute Ausflug nach Karnaca nicht aus dem Schatten von Dishonored 2 lösen, was unter anderem daran liegt, dass im Prinzip das gleiche Szenario erneut verwendet, wenn nicht sogar teilweise recycelt (Royal Conservatory), wird. An das herausragende Maschinenhaus oder an Stilton Manor (Vergangenheit/Gegenwart) kommt keines der fünf Kapitel aus Dishonored: Der Tod des Outsiders heran. Highlight war für mich die dritte Mission, in der Billie in eine Bank einbrechen und anschließend die Beute aus einem Tresor, der zugleich ein Aufzug war, besorgen musste - natürlich schwer bewacht, auch von Maschinen.
Die Computerintelligenz hinterlässt wie bei Dishonored 2 einen ordentlichen Eindruck und bemerkt es zum Beispiel, wenn Wachen auf einmal "fehlen". Auf Geräusche reagieren sie in der Regel adäquat und lösen gerne Alarm aus, was oftmals dazu führt, dass man von einer kleinen Übermacht verfolgt wird.