Ein Herz für Ninjas
Erinnert sich noch jemand an The Last Ninja? Der schwarze Todesengel hat mir anno 1987 den Schlaf geraubt, als er den C64 mit seiner Katana in ein fernöstliches Theater verwandelte. Es hat aber fast zehn weitere Jahre gebraucht, bis mit
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Zwei Wachen, eine rote Ninja. Viel Langeweile. (Xbox) |
Tenchu endlich echte asiatische Stealth-Action inszeniert wurde. Die mittlerweile dreiteilige Reihe debütierte 1998 auf der PlayStation. Der letzte Ausflug auf der Xbox hieß
Tenchu: Return from Darkness und hat mit 75% gerade noch gut bei uns abgeschnitten.
Warum ich das erzähle? Weil ich ein seit dem Brotkisten-Epos ein Faible für die vermummten Assassine habe. Erst dann kann man vielleicht verstehen, wie hoffnungsvoll ich auf das Debüt der kämpfenden Lady gewartet habe. Erst dann kann man vielleicht nachvollziehen, wieso mich dieses Spiel so maßlos enttäuscht hat. Und das letzte Tenchu ist wichtig, weil es eine Duftmarke gesetzt hat, die im Vergleich zu Red Ninja wie ein frischer Frühlingsmorgen riecht. Oder um es deutlicher zu sagen: Red Ninja stinkt. Also Nase zu und ab ins Land der Schwächen...
Räche deinen Vater
Was im Vorfeld und nach all den Trailern noch erotisch und morbide klang, entpuppt sich auf dem Spielfeld schnell als billig und steril. Nicht nur der erste Schlüpferblick, auch das Tutorial lässt viel Flaches erahnen: Die Kulisse kann zwar noch mit aufstöberndem Laub gefallen, die Melodien sind sogar lieblich, aber die Steuerung ist ebenso hektisch wie die Animationen und man hört und sieht weit und breit nichts Besonderes. Es gibt sowohl auf der PS2 als auch der Xbox eine grundsolide Präsentation ohne Höhepunkte.
Die einleitende Story kann immerhin einen Hauch von Interesse entfachen: Da ist ein begnadeter Schmied, er hat eine mächtige Waffe in Arbeit, er wird von Ninjas getötet. Seine Tochter Kurenai wird zum Sterben in einen Kirschbaum gehängt, aber von einer geheimnisvollen Frau gerettet. Die bildet sie wiederum als Ninja-Lady aus, damit sie Rache üben kann. Aber das war`s auch schon. Die Zeit der Samurai, der Kriege, der Clans. Das 16. Jahrhundert Japans wurde mittlerweile in zig Spielen thematisiert und kann sich in Sachen Prominenz fast mit dem Zweiten Weltkrieg messen. Da braucht es schon eine markantere Story, um das vielfach Erzählte frisch zu präsentieren. Ähnlich wie in Tenchu gibt es zwar ansehnliche Zwischensequenzen,
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Selbst in Bedrängnis kann sich die Lady gut wehren. (Xbox) |
aber die verknüpfen die erste mit der zweiten mit der dritten mit der vierten Tötungs-Mission. Es werden zwar einige Nebenfiguren in die Handlung verstrickt, aber Dramatik? Fehlanzeige.
Ein morbider Drahtseilakt
Das einzig Interessante ist die Waffe der jungen Rächerin: ein Drahtseil, ein so genanntes Tetsugen. Erstens haben die Mörder ihres Vaters sie genau damit zum Kirschbaumtod verurteilt, zweitens kann man das Ende des Seils mit einer Klinge, einem Eisengewicht oder einem Haken versehen. Damit lassen sich bestimmte Markierungen erreichen, um über Abgründe oder in die Höhe zu schwingen. Außerdem kann Kurenai an Balken hangeln, zum Doppel- oder Wandsprung ansetzen und wie ein panischer Hase Anlauf nehmen, um im Matrix-Stil an Wänden entlang zu laufen. Aber all diese Akrobatik sieht nicht nur zu flatterhaft aus, sie ist auch noch so hektisch, dass man sich oft verspringt, verhüpft und verrennt. Vor allem das Wandrennen ist nur mit viel Übung zu meistern.