Call of Duty: Modern Warfare 3 beginnt traditionell...
Die Story von Call of Duty: Modern Warfare 3 folgt erneut den Spuren der Task Force 141, die, ganz ihrer Natur entsprechend, ein weiteres Mal einschreitet, um eine
globale Katastrophe zu verhindern. Im Mittelpunkt steht,
Ein Bösewicht, der einfach nur böse sein soll und dadurch austauschbar wird: Makarov.
wie im 2011 veröffentlichten ersten
Modern Warfare 3, der russische Ultranationalist Vladimir Makarov, der seine Zeit im Gefängnis effektiv nutzte, um einen fiesen, wenn auch arg vorhersehbaren Plan zu schmieden. Mit geklauten Giftgas-Raketen will er die Welt bedrohen und versucht gleichzeitig, verschiedene terroristische Anschläge dem fiktiven Nahost-Staat Urzikstan in die Schuhe zu schieben.
Warum? Weil er böse ist. Einfach so. Die Autoren geben sich so gut wie keine Mühe, Makarov eine sinnvolle Hintergrundgeschichte oder zumindest eine halbwegs glaubhafte Argumentation für sein Handeln zu verpassen. "Unschuldig? Niemand ist unschuldig", raunt er Soap MacTavish in einer Mission ins Ohr – deshalb ist es ihm auch vollkommen egal, wie viele Zivilisten für sein Ziel der globalen Destabilisierung sterben müssen. Ganz getreu dem Motto: Kriegsverbrechen? Nie davon gehört.
Doch bevor es überhaupt dazu kommt, beginnt Call of Duty: Modern Warfare 3 so, wie man es sich von einer Kampagne der Fließband-Shooter-Reihe vorstellt: Atmosphärisch. Als Mitglied eines Trupps von völlig in schwarz
Der Anfang der Modern Warfare 3-Kampagne ist schick und gehört zu den ganz wenigen Highlights.
gekleideten Spezialeinheiten muss ich in den ersten Minuten ein russisches Gulag erstürmen. Mit schallgedämpften Waffen und Nachtsichtgerät werden die ersten
Wachen lautlos erledigt, es kommt zu koordinierten Angriffen, bei denen die zahllosen Insassen mitunter als Ablenkungsmanöver oder Schutzschild, je nach aktueller Situation, dienen. Die Kommunikation untereinander ist arg begrenzt, nur kurze Funksprüche über den Erfolg der Mission werden ausgetauscht. Viel passiert in diesen Minuten ohnehin nicht, aber ausgerechnet das Ende dieses kurzen Einsatzes hätte mir schon eine Warnung für die nächsten
circa vier Stunden sein sollen.
In diesem atmosphärisch dichten Intro spiele ich nämlich nicht ein Mitglied der Task Force 141, sondern bin aktiv daran beteiligt,
Oberbösewicht Makarov zu befreien. Was jedoch komisch anmutet: In der gesamten Mission sprechen die gesichtslosen Spezialeinheiten ausschließlich Englisch. Erst als sich Makarov innerhalb seiner Gefängniszelle zu erkennen gibt, wechselt man umgehend ins Russische. Wieso? Dafür liefert Modern Warfare 3 einfach gar keine Erklärung. Es geschieht einfach. Das gilt noch für einige andere Story-Wendungen innerhalb der Kampagne, bei denen ich
selbst mit drei Tassen Kaffee intus nur schwer ein Gähnen habe unterdrücken können.
... und fällt mit jeder Minute mehr in ein tiefes Loch
Aber gut, für komplexe Geschichten mit dramatischer und vielschichtiger Charakterbildung stand Call of Duty noch nie mit seinem Namen. Die Serie hatte, ganz nüchtern betrachtet, schon immer mit riesigen Logiklücken und dem mitunter leichtfertigen Umgang des Genfer Abkommens zu kämpfen, die man mit
viel Getöse, Explosionen und inszenatorischer Stärke versuchte, in den Hintergrund zu rücken. Call of Duty: Modern Warfare 3 bildet da auf dem Blatt Papier eigentliche keine Ausnahme, scheitert aber hervorragend daran, die eigenen Stärken tatsächlich als solche zu verwerten.
Von den insgesamt
14 Missionen (und Epilog), die die Kampagne umfasst, entfällt etwa die Hälfte auf die neuen Open Combat-Missionen. Im Werbematerial verspricht Publisher Activision, dass man damit den Spielern endlich
Willkommen in den Open Combat-Missions – alternativ auch DMZ im Singleplayer.
mehr Freiheit gewährt und ihnen die Entscheidung überlässt, wie die verschiedenen Einsatzziele erfüllt werden. Ein an sich nobler und interessanter Gedanke, um den Einheitsbrei der Reihe ein wenig aufzufrischen, welcher sich aber schon nach wenigen Minuten als
spielerisch belanglos und völlig uninteressant herausstellt. Die etwas größeren Level-Areale sind zum einen überwiegend aus
Warzone beziehungsweise dem DMZ-Modus übernommen, zum anderen gilt das ebenso für die Missonsziele. Einmal gilt es drei Hubschrauber in die Luft zu jagen, ein andermal verschiedene Container mit einem Peilsender zu markieren. Woanders muss ich verschiedene Handys, natürlich möglichst weit über die Levelarchitektur verstreut, finden, um sie zu hacken. Wirklich Spannung kommt zu keinem Zeitpunkt auf, da sich alles nur wie das
Abarbeiten einer Liste anfühlt.
Die große Freiheit, die Activision und seine Entwicklerstudios im Vorfeld bewarben, existiert derweil nicht wirklich. Ja, theoretisch kann ich tatsächlich in den Missionen schleichend voranschreiten, die wenig intelligenten Wachen aus dem Hinterhalt mit schallgedämpften Waffen oder Wurfmessern erledigen oder mich an ihnen vorbeischleichen.
Es gibt nur keinen Grund dafür. Mit gezückten Sturmgewehr oder Schrotflinte ist man schlichtweg ein vielfaches schneller, was positiv ist, denn dann muss man weniger Zeit mit diesem Missionstyp
Ist wieder als Task Force 141 am Start: Captain Price und seine Entourage.
verbringen. Darüber hinaus agiert die Künstliche Intelligenz vollkommen zufällig: Mal entdeckt sie mich mit Adleraugen auf hunderte Meter sofort, ein andermal kann ich in ihrem direkten Blickwinkel vorbeihuschen, ohne, dass sie mich wahrnimmt. Aus diesem Grund enden die meisten Missionen dieser Art irgendwann zwangsläufig in bleihaltigen Schießereien, bei denen ich alle paar Längen über riesige Munitionskanister, Waffenkisten, Panzerplatten und sogar Killstreaks stolpere, als wäre es eine
Warzone-Runde auf Speed.
Besonders kurios: In der Mission, in der ich mehrere Hubschrauber zerstören muss, finden es die gegnerischen Wachen gar nicht so cool, wenn ich mit einem Raketenwerfer oder C4 den Angriff starte. Nutze ich aber stattdessen eine Explosivdrohne, dann nehmen sie das wahr, ignorieren aber die Konsequenz und gehen ihrem Alltag nach. So einfach kann das Leben sein.