Nickerchen in der Antike
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Die Zivilisation der Ägypter.
Hallo, aufwachen! Was, wieso? Die Musik lullt mich doch gerade so schön ein und mein Haufen aus Speerkämpfern und Bogenschützen macht wie immer alles platt!? Oh, da geht ja tatsächlich etwas schief im Feindesland: Aha! Meine Truppen schlagen mal wieder lieber auf Felder und Gebäude anstatt auf die Feinde ein, die sie beharken. Jetzt muss ich tatsächlich eingreifen, sonst wird aus meiner numerischen Überlegenheit von drei zu eins gleich noch ein Patt oder Schlimmeres. Und das will ich nicht riskieren, denn hier steige ich nach jeder simplen Mission so spektakulär auf, dass mich die Fanfaren und all die Bestätigungen der absolvierten Höchstleistungen fast aufwecken. Oder habe ich aus Versehen den Casualmodus aktiviert?
Also nochmal ganz stupide alle Kämpfer mit der Lassomethode einfangen, nochmal mit der rechten Maustaste auf den Feind klicken und weiter geht’s mit dem Nickerchen! Das Beruhigende an diesem Age of Empires ist zwar weder die grauenhafte Wegfindung noch die strunzdumme KI, aber dafür ist ja alles gratis. Dass man kein Geld auf den Tisch gelegt hat, merkt man sehr schnell: Aktuell gibt es nur zwei Völker - Griechen und Ägypter. Das ist verdammt wenig, aber einer geschenkten Antike muss man ja nicht zu weit ins Maul schauen; und wer möchte, soll in Zukunft für zwanzig Euro weitere Zivilisationen kaufen können. Aber das will man gar nicht, denn was Microsoft aus diesem großartigen Echtzeit-Strategiespiel gemacht hat, ist eher eine belanglose Klickorgie für Sammler und Freischalter als eine Herausforderung für clevere Feldherren. Und leider kann man sich ein besseres Spieldesign noch nicht in Premium-Paketen dazu kaufen.
Disney statt Herodot
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Ernten, bauen, ausbilden - der Aufbauteil wurde nahezu unverändert aus dem Klassiker übernommen. |
Zu dieser Seichtheit passt die butterweiche Disneykulisse: In der kunterbunten Antike kann man auf Wunsch die Kamera drehen oder an die Comicgriechen heran zoomen. Dann erkennt man die hübschen bis albernen Animationen der Figuren, die schönen Schatten und natürlich das idyllische Meer, in dem die Fische auch mal vor Freude springen. Das Ganze erinnert fast an den zauberhaften Charme der Siedler, aber nicht mehr an das edle historische Flair der Vorgänger. Das Artdesign scheint eher junge Feldherren ansprechen zu wollen. Trotzdem ist die liebevoll gezeichnete Kulisse noch das Beste an einem zähen Eroberungsmarathon über vier Zeitalter (Kupfer, Bronze, Silber, Gold), der nur zu Beginn auch bei Veteranen so etwas wie nostalgische Gefühle wecken kann.
Der gute Aufbau gleicht dem Vorbild der Ensemble Studios, erinnert an eine Mischung aus dem zweiten und dritten Teil von Age of Empires: Wilde Tiere stellen eine Bedrohung im Nebel des Krieges dar, außerdem locken dort bewachte Schätze. Man sammelt mit seinen Bewohnern zunächst Holz, Beeren, Fisch und Fleisch, um sein Dorf vom Zentrum aus mit Lagern und Türmen zu erweitern – es gibt sogar die Alarmglocke, die bei Gefahr bimmelt und die Flüchtenden hinter sichere Mauern leitet, aus denen es dann Pfeile regnet.
Erst wenn man weitere Häuser baut, steigt die Bevölkerungszahl; erst wenn man Kasernen baut, kann man Krieger ausbilden; erst wenn der Hafen steht, laufen Schiffe aus. All das kennt man, all das sorgt auch hier für eine logisch strukturierte Aufbauphase, die Schritt für Schritt komplexer wird und für so manches Déjà-vu sorgt. Auch das Spieldesign erlaubt bekannte Taktiken: Man kann Schiffe bemannen, Küsten überfallen und dort im Hinterland des Feindes heimlich Stützpunkte errichten. Hier wird also ein solides Fundament gelegt.