Zurück nach Hause
Ist das schon sieben Jahre her? Die Erinnerung an
Dark Souls (Wertung: 92%) ist noch so verblüffend frisch, weil sich
so vieles eingebrannt hat. Ich fühle mich fast wie Zuhause, als mich die riesige Krähe nach der Flucht aus dem Kerker zum Feuerband-Schrein fliegt. Zwischen verwitterten Ruinen hockt ein deprimierter Ritter am Leuchtfeuer und begrüßt den Neuankömmling. Was er nicht weiß: Ich war schonmal hier. Ich kenne nicht nur ihn und sein Schicksal, sondern auch diese verfluchte Welt voller untoter Kreaturen. Erinnerungen an Stunden voller Nervenkitzel und Geheimnisse, voller Melancholie und inspirierender Fantasy, voller glücklicher Siege und frustrierender Niederlagen werden wach. Warum ich so begeistert war, erfahrt ihr in
diesem Test. Es gibt jedenfalls nur sehr wenige neu aufgelegte Spiele, die mich nach so langer Zeit auch emotional derart zurückbeamen können, dass ein Flashback dem anderen folgt.
Dark Souls Remastered wird nicht mehr in 720p, sondern bis hin zu 4K höher aufgelöst - allerdings halten sich die grafischen Verschönerungen in Grenzen.
Wenn ich auf die steile Treppe blicke, die hoch hinauf zur Burg führt, höre ich schon den roten Drachen über der Brücke fauchen, sehe den schwarzen Ritter in dieser verdammt engen Gasse warten. Und wenn ich hinunter blicke, in diesen kreisrunden Schacht, fangen all die digitalen Narben an zu pochen, die die finsteren Abgründe von Schandstadt oder die bösen Überraschungen in den bedrückenden Gemäuern von Neu Londo hinterlassen haben - ich hatte eine Gänsehaut wie in
Silent Hill.
Wie komme ich nochmal in diese Gassen mit dem Zauberer? Als ich versuche, mir die komplette Infrastruktur vorzustellen, gelingt es mir nur in Ansätzen. Diese unglaublich abwechslungsreich designte Spielwelt inszeniert besteht ja aus einem meisterhaft verwobenenen Labyrinth mit über 20 Schauplätzen. Ohne Karte oder gar Routenanzeige erarbeitet man sich selbst immer wieder befriedigende Déjà-vus, wenn man sich gerade noch verirrt fühlt und plötzlich eine Abkürzung an einen bereits bekannten Ort findet - und davon gibt es so viele. Hier muss man zwar weitere und gefährlichere Strecken gehen als in
Dark Souls 3, kann nicht sofort von Feuer zu Feuer teleportieren, aber es schließen sich immer wieder Kreise. Ich kann diese Art von Spieldesign gar nicht hoch genug loben, wenn ich bedenke, was für weitgehend automatisierte und auf Komfort getrimmte Abenteuer damals en vogue waren -
Fable 2,
Assassin's Creed 2 & Co.
Grafische Ernüchterung
Auch in der Schandstadt läuft Dark Souls Remastered auf der PlayStation 4 Pro stabil mit 60 Bildern pro Sekunde.
Aber ich bringe nicht nur diese älteren Erinnerungen mit, sondern auch jüngere an
Bloodborne und
Dark Souls 3. Außerdem habe ich gerade erst
God of War gespielt. Und diese visuellen Reize innerhalb der Soulsreihe sowie aktueller Titel sorgen auf den ersten Metern für eine gewisse Ernüchterung. Denn im direkten Vergleich wirkt dieses neu aufgelegte Abenteuer fast schon wie aus einer älteren Generation, was die Texturen und einige Effekte bis hin zu den unfreiwillig komischen Ragdoll-Verrenkungen betrifft. Hätte man dieses Epos nicht mit der vollen Power der PlayStation 4 schöner strahlen lassen können? Vor allem die künstlich wirkende Beleuchtung der Seelen, in diesem viel zu knalligen Blau, hat mich verzweifelt in den Menüs nach einem Filter suchen lassen. Das habe ich dort zwar nicht gefunden, aber immerhin kann man die Knopfbelegung seines Gamepads jetzt frei anpassen.
Immer noch stimmungsvolle Spielwelt
Hat man sich erstmal damit abgefunden, dass diese Wiedergeburt lediglich Vorhandenes grafisch poliert und nicht wie jene von
Shadow of the Colossus sogar Figuren, Landschaften sowie Animationen teilweise komplett neu designt, entfaltet das stimmungsvolle Artdesign im Zusammenspiel mit der monumentalen Architektur auch nach sieben Jahren noch seine
Artdesign und Architektur sorgen immer noch für monumentale Sogkraft.
Sogkraft. Außerdem bemerkt man einige kleine sowie große technische Fortschritte. Es gibt bessere Kontraste sowie Farbverläufe, so dass die Kulisse in der Tiefe etwas harmonischer wirkt, dazu Funkengestöber in der Luft, markantere Lichteffekte und man erkennt mehr Details an der Ausrüstung. Es bleibt allerdings auch bei den bekannten Clipping- und Kollisionsfehlern sowie manch unglücklich verdeckter Sicht bei Kameraschwenks auf schmalen Simsen. Und unterm Strich sieht nicht nur Dark Souls 3, sondern auch Bloodborne deutlich besser aus.
Der wichtigste Fortschritt: Im direkten Vergleich mit dem in 720p laufenden Original läuft jetzt alles in 1080p komplett flüssig mit 60 Bildern pro Sekunde; auf der PS4 Pro in 1800p und auf der Xbox One X in nativem 4K - ja, selbst in der für ihre Ruckelorgien berüchtigten Schandstadt bricht die Bildrate nicht mehr ein. Damit wird das Spiel vielleicht auch für PC-Abenteurer interessant, denn bis heute skalieren die verfügbaren Mods die 720p-Kulisse auf dem Rechner nur hoch und sorgen für einige spielerische Nebenwirkungen wie andere Sprungdistanzen oder Physikbugs inklusive Sturzflügen durch komplette Böden. Ab sofort ist dieses Dark Souls Remastered wesentlich besser modifizierbar, weil es diese Probleme nicht mehr gibt. Es gibt zudem einen Rabatt von 50% für alle Besitzer der PC-Version auf Steam, so dass man noch knapp 20 Euro zahlt.