Phantasiefördende Politik
Die Hauptoberfläche ist übersichtlich und bietet viele Informationen auf einen Blick.
Spannend ist, dass die Entwickler bei der Darstellung ausschließlich auf Statistiken und eine zentrale Oberfläche setzten. Sonstige Grafiken gibt es nicht. Auf Videosequenzen, Landkarten oder animierte Aktionen wurde ebenfalls verzichtet. So bleibt es der Fantasie des Spielers überlassen, welche Reaktionen seine Entscheidungen mit sich bringen. Im Kopf formt sich so ein Bild des eigenen Landes. So verwandelt man England in blühende Landschaften, errichtet in Kanada eine polizeistaatliche Dystopie oder lässt Deutschland im Smog versinken. Der Vorstellungskraft sind kaum Grenzen gesetzt, einzig der Wählerwille und die nahenden Wahlen lassen die Macht wanken – auch wenn die deutsche Lokalisation teilweise eher schlecht als recht ist und z.B. die „Light Defenses“ meiner Armee zur Lichtverteidigung werden.
So gut die Übersicht der Oberfläche funktioniert und mit seiner spartanischen Darstellung zu überzeugen weiß, fehlt es an mancher Stelle doch an Darstellungs- und Interaktionsoptionen. So gibt es z.B. kein Parlament, in dem man seinen Politikstil durchsetzten müsste. Und egal welchen der sechs Staaten man spielt: ich werde direkt gewählt. Einmal im Amt gibt es nur noch das Kabinett, das aber ebenfalls nur die rudimentäre Funktion der Ressourcenbeschaffung hat und selten eine zentrale Rolle spielt. Mit Ministern kann nicht gesprochen werden und auch ihr Ungehorsam wirkt sich nicht auf die von ihnen betreuten Politikbereiche aus. Stattdessen kann ich die Posten sehr schnell neu- und umbesetzten, was aus mir eher einen despotischen Alleinherrscher als ein einen demokratischen Regierungsschef macht.
Einsames Regieren
Nervig: Mordanschläge von (teils merkwürdigen) Terrorgruppen sind zu häufig.
So vergibt man aber nicht nur die Chance auf hitzige Debatten mit dem politischen Gegner. Auch Wahlkämpfe gibt es nicht, Koalitionen sind in den grundsätzlich nur als Zweiparteiensysteme aufgebauten Staaten nicht möglich und Auseinandersetzungen mit der eigenen Parteibasis wurden ebenfalls ignoriert. So fehlt mit der Auseinandersetzung auf politscher Ebene und dem Ränkespiel auf der Regierungsbank ein nicht unerheblicher Teil einer modernen Demokratie. Dies reduziert das Regierungshandeln auf die durchaus anspruchsvolle Interaktion mit dem Volk, was ebenfalls seinen Reiz hat. Dennoch wäre hier mehr drin gewesen, zumal auch die außenpolitische Auseinandersetzung, etwa im Rahmen der UN oder EU, völlig fehlt.
Ebenfalls störend ist, dass sich nach einiger Zeit die wichtigen Entscheidungen, die ich zum Beginn jeder Runde treffen muss, wiederholen. Dreimal in zwei Amtszeiten z.B. Fracking zu verbieten wirkt unrealistisch. Zudem nerven einige Mechanismen: Ich bin mehrfach von kapitalistischen Extremisten ermordet worden, obwohl ich einen gemäßigten, sozialliberalen Kurs verfolgt habe, der der deutschen sozialen Marktwirtschaft nicht unähnlich war. Warum mein Geheimdienst diese (unrealistische) Gefahr ignorierte, ist mir bis jetzt noch nicht klar. Auch ist es dummerweise immer sinnvoll auf einen Polizeiapparat zu setzen, der mit eiserner Faust agiert: zivilen Ungehorsam und Aufstände gegen einen Polizeistaat gibt es nicht, die Wirkung ist ausschließlich positiv. Zudem habe ich in einer Partie einen Punkt erreicht, in dem eine Entscheidung mein Spiel reproduzierbar abstürzen ließ und das Weiterspielen verhinderte. Ärgerlich, da ich mich bereits in der dritten Amtszeit befand und England endlich auf einem guten Kurs wähnte.