Es geht doch!
Ich habe es geschafft. Der Teufelskreis wurde durchbrochen. Nachdem beim HSV seit Beginn dieses Jahrtausends beinahe 20 Trainer verheizt wurden, ist endlich Konstanz eingekehrt. Zwar wurde ich bei meinem Amtsantritt als Chefcoach gewarnt, dass mich hier ein Schleudersitz erwartet, doch ich konnte allen Widrigkeiten trotzen. Nachdem ich es geschafft habe, innerhalb der Mannschaft positive Stimmung aufzubauen, folgten entsprechende Ergebnisse. Und die haben dafür gesorgt, dass mein ursprünglich auf ein Jahr angesetzter Vertrag (immerhin war ich als Trainer ein unbeschriebenes Blatt)bereits zur Winterpause verlängert wurde - natürlich zu besseren Bezügen und mit einer Erfolgsprämie, falls der europäische Wettbewerb erreicht würde. Und obwohl selbst die Spieler bei meiner Antrittsrede Zweifel an diesem Ziel geäußert haben, hat die Mannschaft mit Mühe und Not am Ende meiner ersten Saison Platz 6 erreicht. Die enge Budgetierung hat zwar im zweiten Jahr dafür gesorgt, dass viele der Stars nicht mehr gehalten werden konnten und zunehmend auf den Nachwuchs gesetzt werden musste. Doch auch mit dieser Mannschaft konnte ich ein respektables Ergebnis erreichen. Drei Saisons später ohne Titel, aber mit passablen Platzierungen in der oberen Tabellenhälfte sowie einigen Derbysiegen gegen Werder wurde ich jedoch vom Schicksal eingeholt und musste nach einer vor allem Verletzungspech geschuldeten Niederlagenserie doch gehen. Aber das macht nichts. Mittlerweile bin ich in der englischen Premier League bei meiner dritten Station als Manager unter Vertrag und versuche, das walisische Team von Swansea in den oberen Tabellenregionen zu etablieren.
Für die Athleten ein Traumspiel, für den Trainer ein Albtraum: Das unausweichliche Duell mit dem FC Bayern.
Wer den Football Manager von Sports Interactive kennt, der schwört auf ihn. Zwar braucht man immer noch viel Fantasie, um hinter den akribisch recherchierten Zahlenwerten die Athleten zu sehen - zumal die hiesigen Lizenzprobleme (EA hält die Bundesliga-Lizenz immer noch exklusiv) verhindern, dass im Gegensatz zur Premiere League oder der spanischen "La Liga" Fotos der Fußballer eingeblendet werden. Doch wer als Fußball-Fan vor und nach jedem Spieltag (oder gar im Stadion) philosophiert, was bei seinem Lieblingsclub geändert werden muss, hat hier Gelegenheit dazu. Man wird belohnt, wenn man die richtigen Entscheidungen trifft. Und gnadenlos bestraft wird, wer Hinweise der Assistenz-Trainer ignoriert, nicht auf die Stimmen des Mannschaftsrates hört und auf Teufel komm raus versucht, seinen Kopf durchzusetzen - ungeachtet dessen, was das Spieler-Material oder Budget hergibt. Und wer sich einmal durch die nach wie vor spröden Menüs durchgebissen hat, wobei eine kontextsensitive Hilfe bei neuen Aktionen immer klärende (englische) Texte anbietet, wird nicht so schnell vom Football Manager 2015 (FM2015) loskommen. Auch und gerade, wenn man die Vorgänger gespielt hat.
Doll oder Mourinho?
Man steht am Anfang vor einer schweren Entscheidung - die Auswirkungen sind zwar spürbar, aber die Entwicklung ist oberflächlich.
Denn natürlich hat Sports Interactive den Football Manager nicht von Grund auf neu entwickelt, sondern baut auf dem bewährten Fundament der letzten Jahre auf. Doch es gibt eine große Neuerung, die vom Start weg das Spielgefühl beeinflusst. Nachdem man sich einen Verein ausgesucht hat, steht man vor der Wahl, ob man sich eher als „Tactical“- oder als „Tracksuit“-Manager sieht. Sprich: Eher einer, der auf dem Trainingsplatz die Spieler voran bringt oder ein Taktikfuchs. Basierend auf dem Hintergrund, den man sich selber als Figur gibt (unterklassiger Spieler oder Nationalmannschaft, mittlerer Trainer-Schein oder Top-Taktiker), hat man nun nicht nur Einfluss auf den generellen Schwierigkeitsgrad, wenn man sich z.B. zum Tausendsassa macht. Denn man legt hier auch fest, wo man seine Schwächen hat und ggf. die Hilfe seiner potenten Assistenz-Trainer in Anspruch nehmen muss, um seine Kicker in den wöchentlichen Trainings-Sessions weiterzuentwickeln, wobei die Assistenten mitunter mit ihren Vorschlägen auch mal falsch liegen. Prinzipiell halte ich diese Option der Definition seines Trainer-Daseins für eine sinnvolle Ergänzung. Allerdings ist mir das gesamte Vorgehen zu statisch. Ausnahmsweise hat die mittlerweile eingestampfte Fussball-Manager-Serie von Bright Future, die hier scheinbar das Vorbild war, die Nase vorn. Dort konnte man als Coach im Level aufsteigen und seine Werte verbessern. Das wäre hier auch sinnvoller gewesen, da man so noch Möglichkeiten hat, im Laufe der Jahre seinen Coaching-Stil zu verändern. Hier kann man zwar auch Lehrgänge beim Vorstand beantragen, um neue Lizenzen zu bekommen. Doch letztlich ist man hier auf die finanzielle Unterstützung des Vereins angewiesen, bei dem man angestellt ist.
Als Coach muss man immer mit unvorhersehbaren Ereignissen wie Verletzungen fertig werden.
Noch besser wäre es gewesen, wenn im Hintergrund ein System werkeln würde, das meine Spielweise analysiert und entsprechend die Fähigkeiten meines Alter Egos anpasst - quasi ein "Learning-by-Doing", wie es bei einigen Rollenspielen eingesetzt wird. Damit würde diese Auswahl-Ebene nicht so aufgesetzt und abstrahiert wirken. Denn auch ohne diese Grundsatz-Entscheidung hat man genug zu tun, wobei man sich in den üppigen Optionen die Arbeit auch von anderen Angestellten des Clubs abnehmen lassen kann. Allerdings sollte man sich dann auch darauf verlassen können, dass diese in ihren entsprechenden Bereichen kompetent sind, da ansonsten der Schuss nach hinten losgeht. Wenn man sich nicht im Detail um Aufbau und Pflege des Nachwuchses kümmern möchte, kann man einen Kollegen damit beauftragen. Gleiches gilt für Transferverhandlungen, das Scouting in Frage kommender zukünftiger Spieler und vieles mehr, wobei auch Abstufungen möglich sind und man sich z.B. bei Transfers nur in der letzten Phase einschaltet, wenn es ums Geld geht. Und natürlich auch für das Training, das in diesem Jahr noch übersichtlicher ausgefallen ist: Man kann dem Team wochenweise Trainingspläne verpassen, wobei man in der Matchvorbereitung einen anderen Fokus legen kann als während des Rests der Woche. Man darf individuell Verbesserungen anregen, wobei man entweder auf bestimmte Fähigkeiten Wert legt oder dem Spieler eine Position bzw. einer bestimmten Interpretation dieser Rolle nahebringt. Dabei nimmt Sports Interactive auch neue Entwicklungen in die Positionen auf und gibt einem die Möglichkeit einen "Raumdeuter" zu installieren (heißt tatsächlich in der englischen Version so), der offensiv versucht, Räume zu reißen oder zu nutzen. Oder eine „falsche 9“. Oder einen Achter oder Sechser, der in verschiedenen Ausprägungen offensiv oder defensiv auf dem Platz seine Bahnen zieht. Zu guter Letzt kann man seinen Trainingsstab so auf die Aufgaben verteilen, dass die entsprechenden Wünsche und Bedürfnisse erfüllt werden - und das alles sehr übersichtlich und einfach zu erreichen.