Bessere Belagerungen und RTS-Schwächen
Belagerungen wurden im Vergleich zu den anderen Age-of-Empires-Teilen ausgebaut. Zunächst beginnt man damit, die eigene Siedlung mit Holzpalisaden zu schützen. In späteren Zeitaltern können massive Mauern hochgezogen werden, auf denen sich Truppen wie Bogenschützen stationieren lassen. Als Konter gibt es schwere Belagerungseinheiten oder vor Pfeilbeschuss geschützte Rammen, die zeitraubend vor Ort gebaut werden müssen und dann das Bollwerk durchbrechen können. Übrigens: Im Gegensatz zu Age of Empires 3 fliegen Geschosse nicht durch, sondern über Mauern hinweg. Allerdings wirkt es so, als wären die abgefeuerten Pfeile zielsuchende Raketen und keine Projektile, denen man ausweichen kann.
Auch in Age of Empires 4 findet man altbekannte und für das Genre gewohnte Schwachstellen. So kämpft die Wegfindung der Einheiten mit Engpässen (vor allem in Formationen), manche Truppen lassen sich zu gut aus der Deckung locken und einige Komfortfunktionen wie das Auto-Aufdecken bei Scouts fehlen. Die praktische Alarmglocke im Dorfzentrum, um Arbeiter bei Angriffen zusammenzutrommeln, und das Diplomatie-Fenster, um Allianzen während und nicht nur vor einer Partie zu schmieden, glänzen durch Abwesenheit.
Die Grafik spaltet
Grafisch ist Age of Empires 4 ein Spalter. Das Spiel setzt auf starke Kontraste zwischen Vorder- und Hintergrund, um die Umgebung klar vor den Einheiten zu trennen. Die Landschaften mit ihren blassen Pastellfarben, die an Gemälde erinnern, sollen nicht so sehr von den zentralen Spielelementen ablenken - dazu ist der Untergrund auch viel zu verwaschen. So soll ein ruhigerer Gesamteindruck entstehen und der Blick auf das Wesentliche, also die Kämpfe, gerichtet werden. Zur Kontrastbildung sind die Truppen in eindeutige und leuchtende Teamfarben gekleidet - und mit teils übergroßen Waffen ausgestattet, was gelegentlich unpassend wirkt. Teamfarben können bei Gefechten bisher nicht manuell geändert werden. Die Entwickler wollten die Einheitenmodelle und die Gebäude so gestalten, dass ihre Aufgaben respektive Funktionen möglichst mit einem Blick erkannt werden. Diese Prämisse ist ordentlich umgesetzt worden, wurde aber nicht bei allen Truppentypen und Bauwerken durchgehalten.
Die Mauern sind durchbrochen!
Obwohl das Spiel auf einer eigenen Engine von Relic fußt, physikbasiertes Rendering einsetzt und Assets in 4K bietet, wirkt die Grafik nicht zeitgemäß. Die meisten Modelle (Einheiten und Gebäude) bestehen aus zu wenigen Polygonen und wirken grob und wenig komplex, selbst wenn man die Grafikoptionen auf das Maximum hochschraubt. Mehr Details, bessere Schatteneffekte, komplexere Texturen und aufwändigere Modelle hätten das mittelalterliche Schauspiel sichtbar aufgewertet. Immerhin wurden die Animationen der Pfeile von Bogenschützen seit der ersten Präsentation verbessert. Hinzukommen unnötig sichtbare Level-of-Detail-Sprünge (besonders bei Bäumen), wenn man die Kamera näher an das Geschehen zoomen lässt. Hier kann man genau beobachten, wie die Baumdetails mit zunehmender Kameraentfernung weniger werden. Auch flackernde Schatten sind häufig zu erkennen. Zudem würde ich die Kamera gerne weiter vom Geschehen entfernen können, um einen besseren Überblick zu bekommen.
Absolut herausragend ist die Soundkulisse. Damit sind nur die klirrenden Schlachtgeräusche gemeint, sondern die Mehrzahl der Einheiten-Kommentare, die allesamt in ihren eigenen Dialekten je nach Zeitepoche sprechen. Auch hier zeigt sich, wie aufwändig und ernst die Entwickler die Recherche der historischen Gegebenheiten genommen haben. Was Age of Empires 4 hier auffährt ist große Klasse.
Technische Probleme
Für größere Unterschiede sorgen die acht Zivilisationen, die sich verschieden spielen, obwohl der grundlegende Technologiebaum bei allen Zivs ähnlich ist.
Auch auf der technischen Seite gibt es Verbesserungspotenzial, vor allem die Performance auf AMD-Grafikkarten (Navi) soll derzeit nicht optimal sein, dies haben die Grafik-Experten von
Digital Foundry herausgefunden. Außerdem haben sie entdeckt, dass das Spiel stark auf "Single Threads" setzt, weswegen viele Prozessorkerne nicht oder kaum genutzt werden - sowohl beim Laden auch als im Spiel selbst. Des Weiteren kann das Bewegen der Kamera zu Schwankungen der Frametime führen und den Prozessor belasten. Die Entwickler sollen sich dieser Probleme bewusst sein und kümmern sich hoffentlich darum.