Marvel's Spider-Man 2: Sand im Anzug
Es dürfte vermutlich niemanden überraschen, aber das Offensichtliche vorweg:
Marvel's Spider-Man 2 ist eine ganz klassische Fortsetzung, welches direkt in den ersten Spielminuten klargemacht wird. Es gibt keine Einführung, wer Spider-Man ist und weshalb es gleich zwei von ihnen gibt, sondern wie schon in den beiden
Norman Osborn spielt in Marvel's Spider-Man 2 wieder eine Rolle, wenn auch nur als Vater von Harry (aufgenommen im Leistungsmodus).
Vorgängern wird man umgehend dem ersten großen Kampf zugewandt. War es im ersten Teil noch der Kingpin und in der Stand-Alone-Erweiterung Rhino, steht dieses Mal direkt Flint Marko auf der Liste, dessen Begegnung in gewohnter Weise
spektakulär und halsbrecherisch inszeniert wird. Als Kenner der Reihe schwingt man sich umgehend intuitiv an den ersten Wolkenkratzern vorbei, genießt berauschende Sturzflüge, um sich kurz vor dem unangenehmen Aufprall wieder in die Luft zu schwingen und weicht den ersten, noch verhältnismäßig harmlosen Angriffen des Sandman aus. Während man sich zwischendrin mit ein paar staubigen Handlangern Markos prügelt, nähert man sich Stück für Stück dem riesigen Sandungetüm, der so rein gar nichts mit der für junge Kinder gedachten Abendsendung zu tun hat, an.
Was folgt ist ein erster Bosskampf, der gleichzeitig einen Vorgeschmack auf die
nächsten rund 20 Stunden Spielzeit liefert: Peter und Miles müssen zusammenarbeiten, wodurch man als Spieler abwechselnd in die hautengen, die jeweiligen Körperproportionen wohldefinierenden Anzüge beider Spinnenmänner schlüpft. Dieser Wechsel ist innerhalb der
über 30 Missionen umfassenden Hauptstory fest vorgegeben, in der offenen Spielwelt ist es einem allerdings weitgehend selbst überlassen, welchen Spider-Man man bevorzugt. Per Knopfdruck kann man nahezu nahtlos wechseln, wobei das System grundlegend etwas an
Grand Theft Auto 5 erinnert, bei dem man bereits vor zehn Jahren mehrere Protagonisten spielte.
Nachdem Flint besiegt wurde und wieder ins Gefängnis wandern darf, geht es mit Marvel's Spider-Man 2 erst
Traute Zweisamkeit auf dem Riesenrad: Selbst in solchen Momenten spürt man, dass Peter nicht gänzlich abschalten kann (aufgenommen im Leistungsmodus).
richtig los. Die Geschichte spielt ein paar Monate
nach den Ereignissen von
Marvel's Spider-Man: Miles Morales. Peter Parker schlägt sich mittlerweile mit den üblichen Problemen seiner Zunft herum: Das ernsthafte Leben eines Erwachsenen führen, der auf der Suche nach einem Job ist, damit man pünktlich die Miete überweisen kann, und gleichzeitig ein Superheld sein. Seinem jungen Schützling Miles Morales ergeht es ähnlich, denn der steht eigentlich kurz vor dem Sprung aufs College, will sich aber zugleich als zweiter Spider-Man immer wieder beweisen. Gewohnt verknüpfen die Autoren auf diese Weise
dramatische und ruhige Momente, lassen sowohl den Helden als auch anderen Charakteren zwischen den pompösen Action-Szenen ihren Freiraum, um sich zu entwickeln.
Der Fokus liegt allerdings überwiegend auf Peters Geschichte, der einerseits die Trauer in seinem Inneren noch nicht überwunden hat, aber auf der anderen Seite endlich wieder Zeit mit
seinem besten Freund Harry Osborne verbringen darf. Die friedliche Zeit endet jedoch jäh als
Kraven, der Jäger, nach New York kommt, um endlich eine ihm würdige Beute zu finden. Schnell versinkt New York wieder einmal im Chaos und sowohl Peter als auch Miles müssen die Suppe ausbaden, und sich auf dem Weg zum Finale nach und nach mit einigen Antagonisten anlegen. Aus Spoiler-Gründen folgen keine weiteren Details, aber es sei gesagt, dass sich Insomniac erneut respektvoll an der langen Spider-Man-Historie entlang hangelt, und hier und da auch ein paar eigene Ideen einbringt.
Das schönste digitale New York
Bevor es näher zu den spielerischen Details geht, folgt erst einmal der Blick auf das Technische. Marvel's Spider-Man 2 ist ein absoluter Hingucker. Angesichts des immer noch toll aussehenden Vorgängers ist das zwar
Strahlend schön: New York sah nie so gut aus wie in Spider-Man 2 (aufgenommen im Leistungsmodus).
keine große Überraschung, dennoch kam ich während des Testens nicht umhin, immer mal wieder stehen zu bleiben und das
virtuelle Ebenbild New Yorks aufzusaugen. Egal ob am mit Passanten überlaufenen Times Square, am riesigen, noch immer unbewohnten Avengers-Tower oder dem schicken Zuhause von Doctor Strange – immer und immer wieder strotzt die Spielwelt voller Details und einer schicken Lichtstimmung. Hinter den beleuchteten Fenstern der Hochhäuser kann man in die Wohnungen oder Büros schauen, am Boden warten Eichhörnchen, man darf das bunte Treiben der Geschäfte oder ein paar Graffiti-Künstler, die sich an einer noch grauen Wand austoben, hautnah miterleben.
Ein riesiger technischer Sprung ist Marvel's Spider-Man 2, von den sehr flotten Ladezeiten einmal abgesehen, nicht. Dennoch ist das neue Insomniac-Abenteuer
eines der schönsten Spiele, die man aktuell auf der PlayStation 5 bestaunen kann. Hinzu kommt, dass die Entwickler ein paar technische Kniffe aus
Ratchet & Clank: Rift Apart übernommen haben, aber hier wäre jedes weitere Wort schon wieder ein Spoiler zu viel.
Übrigens hat man die Wahl zwischen einem
Qualitätsmodus, bei dem stabile 30 Bilder pro Sekunde anvisiert werden, und einem
Leistungsmodus, der 60 FPS liefert. Für den Test habe ich überwiegend die flüssige Bildwiederholrate bevorzugt, weshalb auch alle Screenshots in diesem Test damit aufgenommen wurden. Technische Defizite gab es nur selten, aber hier und da kamen ein paar Clipping-Fehler vor oder auch mal ein Moment, wo der Questmarker sich nicht aktualisieren wollte. Die Fehler traten selten auf und ließen sich immer mit einem Neuladen beziehungsweise Zurücksetzen zum letzten Kontrollpunkt beheben.