Kämpfe und Rätsel
Das Kampfsystem funktioniert richtig gut. Besonders die Kombos erzeugen spektakuläre Effektketten, die ich teilweise mit Finishern der uralten Magie garnieren kann. Diese werden über eine eigene Leiste mit Energie versorgt. Diese füllt sich dank aus Feinden ploppenden Kugeln, deren Generierung wiederum vom Treffer-Multiplikator abhängt. Ein kleines Hemmnis ist die zunächst sehr geringe Anzahl von Zauber-Slots, deren Menge nur über die Freischaltung im Fähigkeitenbaum vergrößert werden kann. Tatsächlich gestaltet sich die Auswahl über R2 und das Steuerkreuz in der Hitze der Schlacht etwas friemelig – aber immerhin können die Sprüche über ein passendes Menü frei auf die Knöpfe verteilt werden. So kann man sich zwar seinen eigenes Spruch-Set zusammenbasteln, wirklich intuitiv ist der Wechsel der Belegung aber bis zum Ende nicht.
Mit Köpfchen: Rätselpassagen lockern die Missionen immer wieder angenehmen auf.
Neben den Kampfzaubern stehen mir auch eine Reihe von Hilfsmitteln zu Verfügung, die unter anderem zur Bewältigung von Rätseln in den zahlreichen Minen, Gräbern und Hüter-Prüfungen gedacht sind. Es gibt den vielseitigen Spruch Accio, mit dem ich Plattformen bewege oder entfernte Hebel ziehen kann, mir leuchtet die Zauber-Taschenlampe Lumos den Weg, während ich per Wingardium Leviosa größere Gegenstände bewegen und in der Luft auch drehen kann. Das funktioniert richtig gut, überhaupt sind die tollen Rätselabschnitte in den Verliesen eine gelungene Abwechslung zwischen den durchaus schweißtreibenden Gefechten mit Spinnen, Zombies, Kobolden & Co.
Der Rollenspiel-Element-Standard
Mein Style: Die einfache visuelle Anpassung der Ausrüstung ist ein richtig gutes Feature.
Und wo ich gerade die Verbesserungen im Fähigkeitenbaum erwähnte: Ähnlich wie bei God of War, Horizon Forbidden West oder Assassin’s Creed Valhalla gibt es natürlich auch ein Levelsystem, das mich beim Aufstieg mit Punkten für meinen Charakter belohnt. Zusätzlich gibt es von der Brille bis zum Umhang eine gigantische Anzahl von Ausrüstungsgegenständen, die sich auf meine beiden Werte für Angriff und Verteidigung auswirken. So weit, so normal – inklusive Upgrades und zusätzlicher Fähigkeiten, die am Webstuhl des Raumes der Wünsche eingewoben werden können. Der Clou dabei: Die im üblichen Action-Rollenspiel-Farbschema nach Seltenheit und Qualität sortierte Kleidung kann im Aussehen beliebig angepasst werde, wenn man einen Gegenstand bereits im Inventar hatte. Das ist richtig cool, denn einige der Klamotten sehen, typisch Zauberer, für meine Muggel-Augen ganz schön bescheuert aus. So kann ich meinen Stil festlegen, ohne meinen Look zu zerschießen. Ein wichtiges Feature, nicht wahr Cyberpunk 2077?
Nicht so schön ist, dass mein Inventar zu Beginn wenig Platz für neuen Plunder bietet. Und so kann es passieren, dass ich in einem Story-Dungeon vor einer Kiste stehe und den Inhalt partout nicht aufsammeln kann. Das nervt und fühlt sich wenig belohnend an, zumal man während einer Dungeon-Erkundung nicht mal eben nach Hogsmeade teleportieren kann, um überschüssiges Gedöns zu verkaufen. Hier dürfte gerne eine unendliche Tasche nachgereicht werden.
Assassin’s Creed: Hogwarts
Viel zu tun: Die Welt laviert zwischen Mystik und Zauberer-Vergnügungspark. Im Bild: Eines von dutzenden Merlin-Rätseln, die überall zu finden sind.
Generell gibt es in der Welt unheimlich viel Kram zu entdecken und zu absolvieren. Hier laviert Hogwarts auf der Grenze zwischen geheimnisvoll und Zauberer-Freizeitpark. Die schicke Karte ist voll mit Symbolen für Merlin-Rätsel, Überbleibsel alter Magie, Schatzhöhlen oder Banditenlager. Das erinnert mitunter stark an die altbekannte Ubisoft-Formel – erst recht, wenn mir auf dem Besen zerstörbare Heißluftballons den Weg weisen, damit ja keine Langeweile aufkommt. Es gibt Besenrennen, Minispiele und Sammelaufträge an jeder Ecke. Und ja: Das kann man definitiv mögen. Für mich zerreißt hier ab ein ums andere Mal die mythische Faszination der Welt. Klar – dass Hogwarts Legacy kein zweites Elden Ring werden würde war auch mir bewusst, etwas mehr Erkundungs-Faszination und etwas weniger Markierungs-Wahn hätte mir trotzdem besser gefallen. Dafür werde ich aber im atmosphärischen Detail für meine Reisen belohnt – wenn Vögel auffliegen, in Hogsmeade Halloween gefeiert wird, ich mystischen Thestralen hinterherjage oder im Tiefflug auf meinem Besen über den großen See nahe der Schule flitze.
Dass beinahe jede Aktion, egal ob Kampf, Quest, Sammelkram oder Rätsel im Menü auf eine Herausforderung einzahlt, gibt der Massen-Beschäftigung immerhin einen gewissen spielerischen Reiz. Zwar hätte ich mir die eine oder andere Truhe eher im Spiel als im Menü gewünscht, generell hält das Zauberer-Handbuch, das auch alle Menüs beinhaltet, die Vielzahl an Spielelementen aber mit guter Struktur einigermaßen zusammen.
Viele der echten, erzählerischen Nebenquests sind zudem erstaunlich gut geschrieben. Gerade die Questreihen meiner Schulfreunde bieten oftmals mehr Tiefgang als die Haupthandlung selbst. Die dramatische Geschichte von Slytherin-Kamerad Sebastian, der um seine von Ranroks Handlangern verfluchte Schwester kämpft und dabei ein ums andere Mal der dunklen Seite der Macht – Verzeihung, der dunklen Magie – zu nahe kommt birgt starke Zwischentöne. Nicht zuletzt wenn es um die Anwendung der unverzeihlichen Flüche Imperio (Gedankenkontrolle), Crucio (Folter) und Avada Kedavra (Tötungszauber) geht. Hier erscheinen plötzlich die so wichtigen Graustufen in der Erzählung, die mich auch emotional gepackt haben.