Eroberungen mit Konsequenzen
Die Imperialen Balkanier sind eine von fünf Fraktionen - hier mit ihrem ersten Startvorteil; der andere ist damit futsch!
Sehr schön ist, dass all diese Möglichkeiten behutsam eingeführt werden. Man startet dieses Risiko nur mit einem Grundgerüst an Regeln. Schon beim ersten Öffnen des edel designten Koffers wird man allerdings neugierig: Was sollen all die versiegelten Päckchen? Darin stecken kleine Regelanpassungen, noch mehr Karten und Sticker. Diese öffnet man erst, sobald man bestimmte Voraussetzungen im Spielerfüllt – z.B. wenn eine Fraktion zum ersten Mal den dritten Sieg auf dem Plan markiert oder wenn zum ersten Mal drei Raketen in einem Gefecht gleichzeitig eingesetzt werden. Die bekommt man übrigens für jeden Spielsieg und man darf sie einmal einsetzen, um einen beliebigen Wurf auf Sechs zu erhöhen – auch einen in einem anderen Gefecht!
Aber die Spielbalance ist so gut, dass auch die Verlierer profitieren und Einfluss ausüben: Zum einen können auch sie nach einer Partie eine kleine Stadt gründen oder den Wert eines Gebietes erhöhen. Zum anderen können nur Fraktionen, die in einer Partie ausgelöscht wurden oder kurz davor stehen, eine blaue Fähigkeit auf ihre Karte kleben – das können mächtige Boni sein wie z.B. die Erhöhung aller Angriffswürfe, sobald man ein Hauptquartier angreift. Man muss als Verlierer also nicht den Kopf in den Sand stecken, zumal das Spielziel nicht in der stupiden Vernichtung aller Feinde besteht. Es geht darum, wer als erste Fraktion vier Sterne besitzt. Zwei hat man von Beginn an, symbolisiert durch die eigene Hauptstadt sowie ein Sternplättchen; weitere kann man auf viele Arten
Neben dem Hauptquartier verfügt jede Fraktion über zwei Truppentypen.
gewinnen – und da ist Taktik gefragt!
Vier Sterne führen zum Sieg
Eine davon besteht einfach darin, ein feindliches Hauptquartier zu besetzen oder vier gewonnene Gebietskarten einzutauschen. Eine andere darin, bestimmte Missionen zu erfüllen: Diese kommen erst nach einigen Partien ins Spiel und können z.B. darin bestehen, dass man in einem Zug sieben Gebiete erobert, dass man gleichzeitig sechs Städte kontrolliert oder viermal erfolgreich über Seewege angreift – all das kann einen Stern einbringen. Das Motivierende ist, dass diese Aufträge für alle sichtbar ausliegen und von jedem erfüllt werden können. Und weil jeder per se zwei Sterne besitzt und viele Möglichkeiten hat, weitere zu gewinnen, erreichen die Partien schnell erhöhte Spannung, wenn jeder plötzlich einen Matchball hat.
Auch Ereignisse wie „Widerstand“, „Einmischen“ oder „Bevölkerung kontrollieren“ tragen
Man braucht schon einen großen Tisch, wenn man zu viert loslegt - die Plastikfiguren stehen übrigens stabil (da gab es schon schreckliche Risikowackler in früheren Editionen) und sehen gut aus..
zur Dramaturgie am Tisch bei: Es kann sein, dass alle Kleinstädte, in denen sich nur zwei Einheiten befinden, eine auf ihrem Gebiet platzierte vernichten müssen. Es kann sein, dass die Fraktion mit der höchsten Bevölkerung zusätzliche Einheiten setzen oder eine neue Missionskarte ziehen darf – gerade Letzteres kann taktisch sinnvoll und überaus gemein sein. Aber so richtig Schwung kommt ins Spiel, wenn das Draften aktiviert wird: Denn dann werden vor der Partie reihum Startvorteile wie die Fraktion, die Reihenfolge der Züge sowie der Aufstellung, die anfänglichen Münzen sowie die Einheitenzahl zu Beginn entschieden.
Ausblick
Ich hätte nicht gedacht, dass mir Risiko nochmal so viel Spaß macht! Wir haben es über die Weihnachtstage immer wieder auf den Tisch gebracht und über zwei Wochen fast täglich gezockt. Selbst Brettspielmuffel konnten sich dem Reiz der dynamischen Änderung der Machtverhältnisse nicht entziehen. Das System beruht zwar auf dem Klassiker, wurde aber genial erweitert: Mit jeder Partie ändert sich nicht nur das Antlitz der Weltkarte, sondern auch die Fähigkeiten der fünf Fraktionen sowie das Regelwerk - man schaltet ständig neue Elemente frei. Und im Laufe der Kriege muss man sich teilweise zwischen Möglichkeiten entscheiden, wobei die andere Alternative vernichtet wird; all das wird mit Stickern und Stift permanent festgehalten – ein tolles System! Schließlich ist die Spielbalance hervorragend, denn nicht nur die Sieger, sondern auch die Verlierer können die Welt modifizieren und neue Fähigkeiten gewinnen. Für mich ist dieses Risiko die mit Abstand kreativste Version seit der Premiere 1957!
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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