Ungesunde Farbe
Eigentlich ist die Insel Prisma, auf der Prinzessin Peach mit Mario und Toad gerade angekommen ist, ein kleines Urlaubsparadies: stilvolle Architektur, weite Strände, strahlend blauer Himmel und azurfarbene Meere. Was will man mehr? Doch die Regentin des Pilzkönigreiches und ihr Haus- und Hof-Klempner legen nicht zum Vergnügen mit dem Schiff in Port Prisma an. Sie folgen einer Spur in Form eines Briefes. Doch nicht irgendein Brief: Das sorgsam gefaltete Papier, das ordnungsgemäß frankiert und gestempelt wurde, ist ein Toad, dem die Farbe entzogen wurde, bevor er zweckentfremdet als Postsendung auf den Weg gebracht wurde.
Port Prisma ist ein Urlaubsparadies. Leider können Peach und Mario nicht die Sonne genießen, sondern müssen mit der Hilfe des Eimers Farbian aufklären, wer hinter dem Farbdiebstahl steckt.
Ein gefalteter Toad? Ist das nicht zu grausam? Natürlich nicht. Denn die Paper-Mario-Serie mit ihrem ganz speziellen, leicht minimalistischen Grafikdesign bietet mehr als genug Freiheit für solche Spielereien. Die Charaktere wirken wie aus einem Comic ausgeschnitten und bewegen sich mit nur wenigen Animationsphasen als flache zweidimensionale Figuren durch die dreidimensionale Umgebung, die ebenfalls aus virtuellem Papier, Pappen und Kartons hergestellt wurde. Dieses Stilmittel ist zwar nicht neu, sieht auf Wii U aber so gut aus wie nie zuvor. Das Artdesign wirkt wie aus einem Guss und sorgt von vorne bis hinten für sehr stimmungsvolle Kulissen, die Fans mit etwas Geduld in dieser Form auch in der Realität als Dioramen nachbilden können.
Kreativer Farbkasten
Schon bald nach ihrer Ankunft müssen Peach und Mario allerdings feststellen, dass nicht alles so idyllisch auf Insel Prisma ist, wie es den Anschein hat. Überall sind weiße Flecken zu sehen, bei denen schlichtweg die Farbe fehlt. Nichts bleibt davon verschont: Die Umgebungen sind davon genauso betroffen, wie die Pflanzenwelt und selbst einzelne entfärbte Toads lassen sich ausmachen. Der Niedergang und die Entfärbung der Insel sind jedoch nicht nur auf die Shy Guys zurückzuführen, die mit Strohhalmen bewaffnet Farbe absaugen, wo sie nur können. Entscheidenden Anteil hat auch das Verschwinden der sechs großen Farbsterne, die über dem Brunnen auf dem Marktplatz von Port Prisma strahlen sollten.
Das Papier-Design wird immer wieder für kreative Veränderungen genutzt.
Moment? Sterne finden? Damit kennt sich Mario aus. Und er ist auch nicht auf sich allein gestellt. Der sprechende Farbeimer Farbian (!) steht ihm mit Rat zur Seite, während er mit einem speziellen Hammer nicht nur Feinde bekämpfen, sondern auch den Farbhaushalt auf Prisma regulieren kann.
Zugegeben: Die Geschichte ist weder nach Mario-Standards und schon gar nicht nach allgemeinen Richtlinien innerhalb von Action-Adventures außergewöhnlich. Immerhin wird hier aber für einen relativ langen Zeitraum auf das Thema der entführten Prinzessin verzichtet. Man kann sich allerdings nicht komplett davor schützen, doch Color Splash geht mit sich und seiner erzählerischen Verantwortung sehr selbstironisch ins Gericht – wie auch mit zahlreichen anderen Elementen aus Spiel- oder Pop-Kultur. Zwar sind die mitunter ausufernden Gesprächsseqeuenzen nicht vertont, sondern nur mit einem nervenden „didididididididididid“ unterlegt. Doch wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird auch in Deutsch liebevoll geschriebene Dialoge erleben, die immer wieder zum Schmunzeln anregen. Sehr schön dabei: Jedes Gebiet, das man auf seiner Suche nach den Farbsternen durchstreift, hat meist einen eigenen kleinen Storybogen, der sogar ab und an mit dem übergelagerten Erzählstrang verbunden wird. Aber in jedem Fall kann man sich immer wieder auf kleine Ereignisse freuen, die Marios Abenteuer auflockern.