Dystopisches Einmaleins
Zehn Jahre für Foster – ganze 26 Jahre in unserer Realität. So lange ist es nämlich her, dass Beneath a Steel über die Mattscheiben dicker Röhren flimmerte. Und weil sich in diesen 26 Jahren nicht nur die Displays verändert haben, verschiebt Charles Cecil, der auch schon Teil eins erdachte, seinen Protagonisten diesmal nicht vor zweidimensionalen Pixeln umher, sondern erschuf plastische Kulissen und Charaktere, die denen eines Action-Adventures gleichen.
Ein markantes Orange überwiegt dort, wenn man den Blick auf hohe Wolkenkrater richtet, wo Menschen vor holografischen Werbetafeln und fliegenden Drohnen flanieren. Stilistisch zeichnet erneut Dave Gibbons (
Watchmen) dafür verantwortlich und während Gibbons‘ Architektur mein Fernweh weckt, geizen Cecil bzw. sein Autoren-Team nicht mit unverändert unterhaltsamen Wortspielen und wohl dosiertem Klamauk.
Gleichzeitig nimmt Cecil sein Szenario aber ernst genug, um ihm Gewicht zu verleihen; eine Welt, in der Menschen überwacht und durch strikte Regeln gelenkt werden. Wer ein angenehmes Leben genießen möchte, muss sich dabei systemtreu verhalten. Die Meisten achten deshalb auf Vorschriften und sammeln Bonuspunkte durch gute Taten, denn so steigern sie ihren Qdos-Wert, über den man in Union City Privilegien verdient – dystopisches Einmaleins, das Cecil hier zitiert. Auch wenn er das Szenario eher zum Erschaffen spielerischer Herausforderungen nutzt als zur fundierten Gesellschaftskritik.
Stilvolle Science-Fiction
Nach zehn Jahren kehrt Robert Foster nach Union City zurück.
Doch was treibt Foster überhaupt nach Union City, nachdem er zehn Jahre lang ein einfaches Leben in der Wüste gelebt hat? Er ist auf der Spur eines Jungen, der aus seinem Dorf entführt und in die Stadt verschleppt wurde. Und deckt damit durchaus spannende Geschehnisse auf.
Dabei gefällt mir nicht nur die Geschichte selbst, ich mag auch den Großteil der nie in belangloses Plappern absackenden Unterhaltungen. Die sind nämlich nicht nur gut geschrieben, sondern auch sehr ansprechend vorgetragen, hauptsächlich von Eric Meyers, der Foster nicht nur seine Stimme leiht, sondern über das Aussprechen seiner Gedanken auch anstehende Aufgaben sowie erzählerische Schwerpunkte zusammenfasst. Wem das nicht reicht, der aktiviert außerdem Tipps, sodass selbst anspruchsvolle Rätsel ohne Kopfschmerzen lösbar sein sollten. Die deutsche Version steht aufgrund von Corona-Einschränkungen übrigens noch nicht zur Verfügung, wird zu einem noch nicht bekannten Zeitpunkt aber als Update nachgereicht. Offiziell angepeilt ist der August.
Wer seine Erinnerung auffrischen möchte oder das klassische Adventure noch nicht kennt: Beneath a Steel Sky gibt ist
kostenlos bei GOG.
Gelungen sind auch Steuerung und Menüführung, wobei zentrale Aktionen über Kreismenüs angewählt werden, was besonders dem gemütlichen Spielen mit Gamepad zugute kommt. Ich wünschte zwar, die Kamera würde sich beim Sprinten nicht automatisch nach vorne ausrichten, grundsätzlich habe ich ich es aber sehr genossen, mich in Gibbons stilvoller Science-Fiction zu bewegen! Selbst nach den ersten Bildern hatte ich gar nicht damit gerechnet, dass ein klassisches Adventure so stark über die Kulisse punkten könnte.
Rätsel und Fehler
„Klassisch“ nicht wegen der Steuerung, aber wegen der Art und Weise, mit der Rätsel und Dialoge aufgebaut sind. Denn das muss man erwähnen: Beyond a Steel Sky besteht nach wie vor aus dem bekannten Abarbeiten von Gesprächen, der Suche nach benötigten Gegenständen sowie dem Kombinieren der richtigen Objekte. Auch technisch ist es weit weg etwa von der Mimik großer Produktionen – was ihm grundsätzlich auch gar nicht schadet...