Konkurrenz belebt das Geschäft
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Auch mit frischer Tackling-Physik und einigen anderen Neuerungen, stagniert das Spielgefühl.
Was wäre die Sportwelt ohne Rivalitäten und Konkurrenz? Öde! In den Monday Night Wars zwischen der WWE (damals noch WWF) und der WCW haben sich die beiden Pro Wrestling-Organisation stets zu neuen Höchstleistungen getrieben. Oder man denke an die zahlreichen Derbys in der Fußball-Bundesliga wie z.B. Schalke und Dortmund bzw. Werder und der HSV, die nicht nur die Fans, sondern auch die Akteure immer wieder anspornen.
Auch in der virtuellen Sportwelt sorgt die nicht schlafende Konkurrenz für kontinuierliche Weiterentwicklung. Hier denkt man natürlich zuerst an den Kampf zwischen FIFA und Pro Evolution Soccer. Überhaupt war Electronic Arts im Sportbereich immer Teil irgendwelcher Serienfehden. NBA Live kämpfte lange gegen NBA 2K, MMA gegen UFC Undisputed.
Madden NFL musste sich gleich gegen zahlreiche Konkurrenz erwehren: 2K Sports schickte erst die voll lizenzierte NFL 2K-Serie ins Rennen, konnte aber ohne Lizenz mit All-Pro Football nicht mehr zu alter Klasse zurückfinden. Midway brachte mit den Blitz-Spielen eine interessante, eher anarchische Variante. Und Natural Motion versuchte mit Backbreaker sowie einem XBL- bzw. PSN-Ableger den Altmeister mit Hilfe ausgefeilter Physik ins Wanken zu bringen. Die traurige Wahrheit ist: Auch wenn jeder einzelne dieser Titel in irgendeinem Punkt besser war als der Platzhirsch, ist es kaum einem gelungen, das Gesamtpaket zu schlagen, das EAs Tiburon Studio alljährlich auftischte. Mit einer Ausnahme: ESPN NFL Football 2K4, das die Madden-Serie seinerzeit gehörig ins Schwitzen brachte und für mich bis heute eines der besten Sportspiele aller Zeiten darstellt. Doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und mittlerweile ist EAs Football-Vormachtstellung unantastbar. Kein anderer Entwickler scheint gewillt, den Kampf aufzunehmen - zumal EA nach wie vor die Exklusivrechte an der NFL-Verwertung besitzt. Und das hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass man sich auf den ehemals verdienten Lorbeeren ausruht und nicht mehr als nötig macht, um eine neue Jahreszahl im Namen zu rechtfertigen.
Fortgeschrittene Stagnation
Die gute Nachricht: EA hat dieses Jahr in einigen Punkten einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht. Die schlechte: Diese Punkte sind größtenteils oberflächl
Auch neu: Die Kommentatoren, die mit ihren Analysen meist richtig liegen.
ich und haben entweder mit neuen Problemen zu kämpfen oder wirken sich schlichtweg nur geringfügig auf das Spielgefühl aus.
Das große Zugpferd dieses Jahres ist die so genannte "Infinity Engine". Dahinter verbirgt sich eine physikalisch akkurate Berechnung der Tacklings, die zu einer unendlichen Anzahl realistischer Animationen führen soll. Die Tage der größtenteils vorberechneten Tackling-Bewegungen sind also endlich gezählt. In der Praxis hinterlässt das Ganze auf den ersten Blick einen richtig guten Eindruck: Die Kollisionen der Spieler sind intensiv, werden tatsächlich stets aufs Neue berechnet und sorgen für eine frische Intensität auf dem Platz. Allerdings stellt sich "Infinity" auch immer wieder selbst ein Bein, was man in den eindrucksvollen Wiederholungen begutachten kann. Nach einem geglückten Tackling passiert es häufig, dass Spieler übereinander stolpern oder sich verhaken und stürzen. Noch schlimmer sind allerdings die Aktionen, in denen die Physikdarstellung über das hinausgeht, was der menschliche Körper an Belastung verkraftet: Hüften, Knie oder Ellbogen werden mitunter über den realistischen Grad hinaus gebogen, bevor sie unversehens wieder in die korrekte Position springen. Daneben wirken die Clippings als Zeichen einer nicht optimierten Kollisionsabfrage beinahe wie ein vernachlässigbares Übel.
Doch es ist nicht alles schlecht, was an Infinity hängt. Bei Laufspielen kommt es zu spannenden Situationen, wenn der Running Back bei Ausweichversuchen berührt wird, oder über einen liegenden Spieler stolpert, ins Straucheln gerät und sich gerade noch fängt, bevor der von der Seite heran stürmende Linebacker ihn doch noch krachend zu Fall bringt. Doch unter dem Strich ist dies nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ein Schritt, bei dem positive Elemente nur dann überwiegen, wenn man sich keine Details oder Zeitlupen zu Gemüte fort. Und ein Schritt, der trotz aller guten Ansätze immer noch von dem entfernt ist, was das zwei Jahre alte Backbreaker auf den Bildschirm brachte.