Manchmal möchte ich kein Böser sein...Video:
Ralph Reichts ist der Filmrealität gewordene Traum jedes Geeks. Plus die eine oder andere Schippe Disney.
Ein Disney-Film braucht klar erkennbare Strukturen: Eine unschuldige Prinzessin, einen kühnen Prinzen, einen knarzigen Bösewicht, einen ach-so-ulkigen Sidekick - und natürlich Gesang. Jede Menge Gesang. Zumindest war das mal so. Diese Zeiten scheinen sehr lang vorbei zu sein, denn „Ralph Reichts“ (so der deutsche Titel für „Wreck-It Ralph“) ist alles andere als das Standardwerk aus der „Under the Sea“-Werkstatt. Der Held ist eigentlich der Bösewicht, hat aber auf diese ausgenudelte Rolle keinen Bock mehr, die Heldin ein quälgeistiger Programmierfehler ohne Sinn für richtig und falsch. Und gesungen wird auch nicht, stattdessen hat Skrillex einen Kurzauftritt als Party-DJ.
Worum geht es? Eine langsame Kamerafahrt zeigt uns den Wandel der Spielhalle von den 80ern in die moderne Zeit: Wo damals Riesenpixel blinkend und plärrend über die wenigfarbigen Bildschirme zappelten, veränderte sich das Bild im Laufe der Zeit immer mehr - Renn-, Tanz- und Ballerautomaten beanspruchten die Stellplätze für sich, kaum ein Kind wollte seine Kröten noch in die olle Kamellen investieren.
In der "Game Central Station" trifft Ralph auch auf Figuren, deren Automaten bereits ausgemustert wurden. Oooooch...
Und so ist der Automat „Fix-It Felix Jr.“ ein einsames Relikt aus den 8-Bit-Zeiten, das ab und zu mal den Gnadengroschen eines neugierigen Spielers kassiert, aber sonst nur noch da steht, weil es wohl nicht allzu viel Strom frisst. In der Maschine geht es genauso trostlos zu - jedenfalls, was den bösen „Randale-Ralph“ (John C. Reilly) betrifft: Seit Jahr und Tag hat er nur eine Aufgabe: „I’m gonna wreck it!“ ausrufen, ein Hochhaus wie King Kong erklimmen, auf dem Weg nach oben alles kaputt machen und dann darauf warten, dass Strahlemann „Fix-It Felix Jr.“ (Jack McBrayer) vorbei kommt, seinen güldenen Hammer zückt, den Schaden repariert und schlussendlich dafür sorgt, dass Ralph von den Bewohnern des Hauses, den „Nicelandern“, vom Dach geworfen wird. Hurra, A Winner Is You! New Game?
Keiner möchte immer nur der stumpfe Bösewicht sein - irgendwann helfen selbst motivierende Gruppen-Sitzungen nicht mehr.
Ist es da ein Wunder, dass Ralph nach 30 Jahren Rauf, Runter, Rauf, Runter, Rauf und Runter einfach keinen Bock mehr auf die elende Routine hat? Er nicht mehr der tumbe Bösewicht sein will, der am Ende jeder Runde im Dreck landet? Er will auch mal mit den anderen lachen, ein Stück Kuchen, eine Medaille und ein personalisiertes Feuerwerk kriegen, anstatt sich zum Feierabend einsam auf seine Müllkippe verdrücken zu müssen. Aber nö, die verdammten Nicelander feiern lieber mit ihrem ach so tollen Haumeister Felix eine Party nach der anderen, während sich Ralph auf den Sitzungen der „Anonymen Bösewichter“ von Bowser, M. Bison oder Zangief anhören muss, dass ein Bösewicht zu sein nicht bedeutet, dass man automatisch auch eine böse Person ist. Schnauze voll!
Also wirft er eines Tages einfach alles hin, verdrückt sich aus dem Videospiel und sucht ein anderes, in dem seine Arbeit noch Wertschätzung findet. Er trifft im Zuckerschock-Kartracer „Sugar Rush“ ein beklopptes Glitch-Mädchen (Vanellope von Schweetz, gesprochen von Sarah Silverman), legt sich mit einer übertoughen Space-Marine-Braut an (Jane Lynch) und sorgt unbeabsichtigt dafür, dass die gesamte Arcade-Welt von sehr wörtlich genommenen Bugs (nämlich „Cybugs“) bedroht wird. Nur Probleme hier...