Alles 3D?
Wir schreiben das Jahr 1999: Quake 3 Arena und
System Shock 2 auf PC,
Silent Hill und Medal of Honor auf der PlayStation, Donkey Kong 64 und Pokémon Snap auf N64,
Shenmue und
Crazy Taxi auf Dreamcast. Merkt ihr was? Die Spielewelt dieser Zeit ist beinahe komplett dreidimensional. Sechs Jahre nachdem Pioniere wie
Doom oder Ridge Racer die Ära des räumlichen Spielens eingeläutet haben, ist die Zockergemeinde noch immer euphorisiert vom "Schneller, Höher, Weiter" des 3D-Grafikbooms. Die ersten Shooter ohne Story-Ballast laden zu blitzschnellen Ballerparties in dreidimensionalen Arenen ein, Sony-Konsoleros toben sich in den polygonalen Autoverfolgungsjagden von
Driver aus, die Sega-Fraktion mit Import-Kontakten staunt über die unglaubliche Grafikpracht von
Shenmue, der damals teuersten Videospielproduktion überhaupt. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen: Nur im Handheld-Bereich rund um den erfolgreichen GBA werden 2D-Spiele noch die erste Geige spielen, vom Retro-Revival-Trend, der heutzutage in den digitalen Stores Pixel noch und nöcher serviert, sind wir locker ein Jahrzehnt entfernt.
Terrys fetzig animierte Spezialattacke haut Kevin aus den Latschen.
Doch SNK, kurz für Shin Nihon Kikaku, ist 1999 noch nicht bereit, seine Pixel-Power-Maschine Neo-Geo fallen zu lassen. Zwar ist man sich auch in Osaka der Tatsache bewusst, dass die große Ära der 2D-Spiele bald vorüber ist, doch weil die hauseigene 3D-Offensive mit dem Hyper Neo-Geo 64 krachend gescheitert ist, werden 1999 die Kräfte auf wenige, dafür bewährte Projekte gebündelt. Die Metal-Slug-Abteilung schraubt an der technisch aufwändigsten, längsten und letztlich wohl auch besten Serienepisode (Teil 3) und die langlebige Fatal-Fury-Serie wird komplett auf links gedreht: Garou: Mark of the Wolves, der neunte (und bislang letzte) Teil wirft nicht nur den prominenten Namen über Bord, sondern tauscht bis auf Posterboy Terry Bogard den kompletten Charakter-Cast aus. Das ist nur eine der vielen Parallelen zu Street Fighter 3: New Generation, mit dem Capcom bereits zwei Jahre zuvor viele Serienfans überraschte. SNK stellt Bogard eine wilde Bande an coolen Neuzugängen zur Seite: Piratin B. Jenet bringt eine der schönsten Einlaufanimationen überhaupt mit, Gato und die beiden Kims entfachen ein Martial-Arts-Feuerwerk ohne Gleichen, Hokutomaru punktet mit blitzschnellen Ninja-Skills, Freeman erinnert an KoF-Legende Iori Iagami und Rock Howard, neben Bogard die Hauptfigur der Episode, kombiniert die Stärken seines leiblichen Vaters Geese und seines Lehrmeisters Terry.
Wenig Umfang? Von wegen!
Rock Howard vs. Tizoc: Selten bot die Fortsetzung einer langlebige Prügel-Serie derart viel spielstarke Neuzugänge.
Mit nur zwölf spielbaren Figuren plus den zwei von Beginn an freigeschalteten Bossen Kain und Grant (einfach in der Charakterauswahl am Rand weiterdrücken) wirkt Garou auf den ersten Blick etwas unterbesetzt - vor allem im Vergleich zur hauseigenen King-of-Fighters-Konkurrenz. Doch das Spiel macht die überschaubare Zahl an Spielfiguren auf vielfältige Art wett. Da ist zum einen die grafische Präsentation: Mit seinen mal pittoresken, mal belebten Hintergründen und den verschwenderischen Animationen gehört der 2D-Fighter damals wie heute zu den hübschesten seiner Art. Dazu gesellt sich eine überaus einsteigerfreundliche Bedienung: Garou steuert sich so elegant und behände wie kaum ein anderes Prügelspiel, Special Moves gehen wunderbar leicht von der Hand. Selbst mit Charge-Charakteren wie Boss Kain Heinlein kann ich hier Spezialattacken spielerisch aus dem Ärmel schütteln - ein Umstand, den ich sehr begrüße.