Ein Meer aus Klischees
Oje, schon wieder ein Held mit einzigartiger Gabe, der dem Bösen Einhalt gebieten und die Welt vor der Zerstörung retten muss... Wirklich originell ist die Story um 1000 Jahre lang weg gesperrte Killermaschinen, die aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt wurden und wieder ruhig gestellt werden müssen nicht.
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Die Charaktere stammen fast ausschließlich aus der Klischeekiste, die Storysequenzen können sich aber dennoch sehen lassen. |
Aber zumindest ist das Ganze trotz gewisser Vorhersehbarkeit ansehnlich in Szene gesetzt und nach anfänglicher Klischeesudelei durchaus spannend erzählt. Die Grenzen zwischen Gut und Böse werden immer wieder aufgebrochen, Freunde scheinen zu Feinden zu werden und umgekehrt. Trotzdem wirken Überraschungen nicht an den Haaren herbei gezogen und am Ende fügt sich alles zu einem durchdachten Puzzle zusammen.
Atsuma, der naiv aufbrausende Held des Spiels, ist anfangs nur ein unbedeutend erscheinender Baustein in einem Netz aus Manipulation, Intrigen und Vergangenheitsbewältigung. Zusammen mit seinen Jugendfreunden Toya und Makoto besucht er die Enchanter-Universität in Yokohama, deren Studenten im Umgang mit niedriger Magie geschult werden, um das Leben der Menschen mit verzauberten Maschinen zu erleichtern. Hohe Magie ist seit dem katastrophalen Golem-Krieg vor tausend Jahren, als magische Kampfkolosse außer Kontrolle gerieten und alles in Schutt und Asche legten, hingegen verboten.
Trotzdem wird im Geheimen bereits wieder damit experimentiert und Atsuma ist ohne seines Wissens Teil der Experimente, denn er verfügt über einen künstlichen Arm, in dem einzigartige magische Fähigkeiten schlummern. Zudem hat er die Fähigkeit, mir von Anfang an unsympathisch zu sein - ich weiß nicht, ob's an der unpassenden Synchronstimme, dem uncharismatischen Babyface oder einfach nur an seiner Begriffsstutzigkeit liegt.
Da wäre mir Iceman Toya trotz aller Überzeichnungen als Held weit lieber gewesen. Aber es hätte auch noch schlimmer kommen können: Klischeeschwuchtel Makoto oder Schlumpf-Cowgirl Yuki als Protagonist(in) hätte ich wohl nicht verkraftet...
Aber egal, es kommt jedenfalls wie es kommen muss: Atsumas Arm macht sich eines Tages selbstständig, setzt die tausend Jahre versiegelte Eiskönigin frei, die sogleich seine Heimatstadt zerstört, sich seinen Freund Toya krallt und verschwindet. Doch keine Angst, ihr seht die frostige Braut mit ihren spiegelglatten Kurven und euren unterkühlten Schulkameraden bald wieder - schließlich sind sie Schlüsselfiguren im anstehenden Machtkampf der Elemente. Zudem bekommt ihr schon bald Gesellschaft von einer rebellischen Prinzessin, ihrem hünenhaften Leibwächter und besagtem Cowgirl mit Hang zum Heliumkonsum. Keine Lust auf das chaotische Trio? Kein Problem, dann macht euch eure Begleiter einfach selbst.
Ich will sie alle!
An bestimmten Terminals könnt ihr euch nämlich eigene Mitstreiter schaffen, indem ihr Golemkerne mit magischen Edelsteinen kombiniert. Voilà: fertig ist der Golemfreund! Am Anfang sind Auswahl und Effizienz der künstlichen Begleiter zwar noch relativ bescheiden, aber im später wird gerade ihre Erschaffung sehr facettenreich und motivierend: Mit klug zusammengesetzter Gruppe räumt ihr selbst schwere Brocken im Nu aus dem Weg, profitiert von miteinander harmonierenden Spezialfähigkeiten und bemerkt kaum, wie ihr langsam in einen
Pokémon -ähnlichen Sammelwahn verfallt -
Gotta catch'em all! Dieses Prinzip konnte schon bei
Suikoden begeistern und sorgt auch bei Enchanted Arms dank über hundert individueller Kreaturen für einen nicht zu verachtenden Motivationsschub.
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Die Schauplätze machen optisch einiges her - vor allem zu Beginn des Spiels. Allerdings sind die meisten NPCs nur namenlose Statisten... |
Zudem erhalten die Golems wie jedes mitgeführte Partymitglied Erfahrungs- und Fertigkeitspunkte. Zwar können sie im Vergleich zu menschlichen Mitstreitern keine neuen Fähigkeiten und Spezialangriffe erlernen und auch keine neuen Waffen ausrüsten, aber sonst sind sie vollwertige Mitstreiter und lassen sich mithilfe der Fertigkeitspunkte, die ihr nach eigenem Ermessen auf Attribute wie Nahkampfstärke, Lebenskraft oder Agilität verteilen könnt, individuell formen.
Eine Frage der Elemente
Bei menschlichen Gruppenmitgliedern dürft ihr darüber hinaus auch noch bestimmen, welche Kampf- und Unterstützungsfertigkeiten sie lernen und welche Waffe sie ausrüsten sollen. Andere Ausrüstungsgegenstände gibt es nicht und persönliche Spezialfähigkeiten werden mit bestimmtem Level automatisch erworben. Das Skill- und Ausrüstungsmanagement bietet jedenfalls genug Freiheiten und ist trotzdem sehr handlich. Wichtiger als Attribute, Skills und Waffen sind jedoch die elementaren Zugehörigkeiten eurer Begleiter. Jeder Mitstreiter und Gegner gehört nämlich einem von sechs Elementen an und wenn gegensätzliche Elemente im Kampf aufeinander prallen, kann das schwere Folgen haben. Ein Feuerangriff macht gegen einen Eisgegner beispielsweise viermal so viel Schaden wie gegen ein Feuermonster. Doch Vorsicht: Kommt euch der Gegner zuvor, könnt auch ihr schnell das Zeitliche segnen. Fairerweise werden euch die Elementarzugehörigkeiten aller Beteiligten aber schon vor dem Kampf angezeigt, so dass nerviges Trial&Error entfällt.