Zurück in Madagaskar... irgendwie
In dem gespielten Abschnitt wurden umgehend Erinnerungen an den Abstecher nach Madagaskar in Uncharted 4 wach: Wieder sitze ich hinter dem Steuer eines Jeeps inklusive Seilwinde und wieder lädt das wunderschöne Areal mit seinen idyllischen Wasserfällen, dem unwegsamen Gelände sowie mehr oder weniger versteckten Ruinen zum Erkunden ein. Nach einem Blick auf die Karte führt mich der Weg zunächst zu einem großen Turm, der bereits aus der Entfernung gut sichtbar innerhalb der Landschaft heraussticht. Ihn soll ich erklimmen, um mir von oben einen besseren Überblick zu verschaffen, wo sich meine drei Hauptziele befinden.
Chloe Frazer macht auch in der Hauptrolle eine gute Figur.
Dabei wird schnell deutlich, dass Chloe über das gleiche Repertoire verfügt wie ihr Ex-Lover: Das Hochklettern an der Fassade ist ein Kinderspiel, sobald man den Startpunkt gefunden hat. Locker kraxelt man nach oben oder wagt einen Sprung zur nächsten Kante. Bei größeren Entfernungen wird dagegen einmal mehr der Greifhaken ausgepackt, mit dem man sich wie Indiana Jones zum Ziel schwingt. Auch in Auseinandersetzungen steht die attraktive Diebin dem bisherigen Helden der Reihe in nichts nach: Genau wie Nathan ballert sie sich mit dem bewährten Arsenal aus Pistolen, Gewehren und Granaten den Weg frei, teilt im großartig animierten Handgemenge genauso kraftvoll aus oder wählt den subtileren Schleichweg und versteckt sich im hohen Gras oder hinter der Deckung, bevor sie die bösen Buben nacheinander mit Würgeangriffen von hinten oder einem Sprung von oben ausschaltet. Ja: Das Spielen mit Chloe fühlt sich tatsächlich genauso an wie mit Drake! Das ist sicher nicht schlecht, aber manchmal hätte ich mir noch die eine oder andere Anpassung an der Mechanik gewünscht. Vielleicht eine schwindende Ausdauer beim Klettern? Oder Möglichkeiten, Gegner gezielt abzulenken, um den Stealth-Aspekt zu stärken? So wird dagegen der Eindruck erweckt, dass es sich die Entwickler mit diesem Copy&Paste vielleicht etwas zu einfach gemacht haben.
Eine gute Mischung
Die wunderschöne Landschaft bietet viel fürs Auge.
Die Mischung aus Erkundung, Action, kleinen Rätseln und Geschicklichkeitseinlagen ist in dem gezeigten Abschnitt trotzdem äußerst gelungen: Kaum hat man die Ziele erspäht, werden ihre Standorte automatisch von Chloe auf der Karte markiert. Trotzdem ist es nicht immer einfach, bei all den Hindernissen und versteckten Passagen auf Anhieb den richtigen Weg zu finden. Allerdings lohnt es sich ohnehin, sich auch abseits der Hauptpfade umzusehen. Ich habe z.B. eher zufällig eine Ruine entdeckt, die von Affen bevölkert war und interessante Fundstücke offenbarte. Auch findet man zwischendurch verschlossene Kisten, die man mit einer neuen Dietrich-Mechanik im Stil von Splinter Cell und damit dem richtigen Gefühl für die Controller-Vibrationen bei Drehen der Analogsticks aufbrechen kann.
Ob die Partnerschaft zwischen Chloe und Nadine wirklich gut geht?
Die eingestreuten Rätsel beanspruchen die grauen Zellen zwar nicht besonders stark, sind aber trotzdem wieder eine Bereicherung für den Spielverlauf. Schön z.B. der Moment, wenn man im Stil von Hitman GO die richtige Reihenfolge beim Sprung über Säulen beachten muss, um nicht von der mächtigen Statue im Hintergrund erwischt zu werden, die bei jeder dritten Landung ihren tödlichen Hammer schwingt. Klar auch, dass die Seilwinde nicht umsonst am Jeep montiert wurde: Mit ihr zieht man nicht nur das Fahrzeug an matschigen Steigungen herauf, sondern reißt z.B. auch Türen ein. An anderer Stelle muss man dagegen mehrere Ebenen einer Scheibe richtig ausrichten, um den darunterliegenden Schalter betätigen zu können. Zuvor war man bereits damit beschäftigt, die im Areal verstreuten Schlüsselkonstruktionen aufzuspüren und zu aktivieren, um ein massives Schloss zu öffnen. Dabei greift einem sogar die KI-Begleiterin Nadine Ross, bekannt aus Uncharted 4, automatisch unter die Arme, falls man Probleme hat, die Fundstellen zwischen all den Gräsern und Gemäuern selbst zu finden. Im Kampf hätte ich mir allerdings etwas mehr Unterstützung der ehemaligen Söldner-Kommandantin erhofft, die mir in den knackigen Auseinandersetzungen oft zu passiv agiert. Bereits auf der mittleren Stufe haben es die Gefechte in sich, denn neben dem üblichen Banditen-Kanonenfutter machen schwer gepanzerten Shotgun-Typen und Scharfschützen das (Über-)Leben schwer. Gleichzeitig wird dadurch aber ein willkommener Anreiz geschaffen, den Schleichweg gegenüber der Rambo-Methode zu bevorzugen. Wie gewohnt lassen sich Gegner in Sichtweite markieren, so dass man ihre Routen und Positionen verfolgen kann. Leider fällt hinsichtlich des Designs auf, dass man sich bei den bösen Buben vornehmlich an den Vorlagen aus Uncharted 4 bedient – Überraschungen sollte man also nicht unbedingt erwarten.