Taktik & Strategie
Entwickler: Harebrained Schemes
Release:
26.09.2013
26.09.2013
26.09.2013
25.07.2013
25.07.2013
25.07.2013
2022
Erhältlich: Digital (Steam)
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Durchschnittswertung

55%Gesamt
55%

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Lesertest von sf2000

Shadowrun returns wird in die Geschichte eingehen - aber nur, weil es verdeutlicht hat, dass auch die schöne heile Welt der Kickstarter-Versprechen nicht frei ist von Lizenzzwängen.

Das sagt natürlich wenig über die Qualität des Spiels aus, aber in diesem Fall ist es ein Omen, dass sich erfüllt.

Man wird nicht umhinkommen, Worte wie "Retro-Charme" zu benutzen, möchte man "Shadowrun Returns" nicht schon beim ersten Anlick deinstallieren. Die genutzten 2D-Hintergründe sind zwar sehr ansehnlich, aber eben auch aus einem rasch an seine Grenzen stossenden Tileset zusammengepuzzelt, die sich zwangsläufig wiederholen. Die 3D-Figuren sind nur spartanisch animiert und tragen ebenfalls nicht viel zum Wiedererkennungswert bei. Sound und Musik bleiben unauffälliger Durchschnitt.

Hervorzuheben sind an dieser Stelle die Dialoge, obwohl sie den Lesephobiker vor ein weiteres großes Problem stellen: Vertonung ist nicht. Gesichtsanimationen, virtuelle Schauspielerei? Wird hier durch Regieanweisungen ersetzt. Wer das abkann, findet den einzigen wahren Diamanten dieses Spiels, wenn auch derzeit nur auf Englisch. Wäre Shadowrun ein reines Drehbuch, es wäre fantastisch.

Es soll aber leider ein Rollenspiel sein. Nun gibt es in den meisten Dialogen auch mehrere Antwortmöglichkeiten, aber hier greift bereits die fesselnde Spielmechanik. Und fesselnd heißt: Gefesselt. Selbst die originelle Idee, mit zunehmendem Charisma "Ettiquetten", also zum Beispiel die Sprache der Gangs freizuschalten, bedeutet meist nur, dass ich das, was ich ohnehin sagen muss, dann in einem anderen Stil von mir gebe. Entscheidungen? Extreme Mangelware. Dillemas? Moral? Unterschiedliche Lösungsansätze? Nicht nennenswert.

Die Spielwelt ist ausserdem in Level unterteilt, die nicht durch Größe bestechen, aber wenigstens halbwegs frei begehbar sind. Als Grenzen dienen die scheinbar nicht auszurottenden Straßensperren, Leitplanken und Verkehrsunfälle, was nicht unbedingt zur Faszination beiträgt. Die Spielwelt ist so gut wie nicht interaktiv, es gibt keine Nebenschauplätze, und Euer Söldner wird wie an einer Schnur von Schauplatz zu Schauplatz, und das heißt: von Kampf zu Kampf- geführt. Wer unbeabsichtigt ein Gespräch zu früh führt oder einen Gegenstand zu früh benutzt, wird entweder mit absurden Gründen davon abgehalten oder zerstört das Skript für den Level - bestenfalls bekommt man nur einen Auftrag, den man schon erfüllt hat und dafür dann keine Belohnung, schlimmstenfalls muss man seinen letzten Spielstand laden.

Nur geht das leider nicht.

Warum "Shadowrun returns" sich entschieden hat, Speicherpunkte zu setzen - zu Beginn eines Levels, dessen Länge und Schwierigkeitsgrad nicht abzusehen sind - ist mir schleierhaft. Es ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Durch einen Level zu hetzen, weil ich eigentlich keine Zeit mehr habe, aber eben auch meinen Fortschritt nicht verlieren will, ist exakt das Gegenteil von Spaß. Ich nehme an, so wollte man sich die Kompatibilität für andere Plattformen sichern, weil man den Hals nicht vollkriegen kann, und das stimmt mich kein bisschen milder.

Bleiben noch die Kämpfe. Ich habe "Mass Effect" mal als "Shoot-and-Watch"-Kinofilm deklariert: Du ballerst Dich durch alles, was Dir das Spiel entgegenwirft, damit du den nächsten Teil vom Film gezeigt kriegst.

"Shadowman Returns" ist dann wohl die erste "RTS-Visual-Novel" dieses Zeitalters. Du mußt Dich in verflachter X-Com-Manier durch eine Vielzahl von rundenbasierten Kämpfen quälen, um zu sehen, wie die Geschichte weitergeht. Die werden mit der Zeit sogar besser und später, wenn man in die "virtuelle" Welt abtaucht, sogar so ein bisschen der zweite Tragpfeiler des Spiels. Aber deswegen paßt das noch lange nicht zusammen.
Und selbst die beste Geschichte verliert ihren Reiz, wenn man sie wieder und wieder erzählt bekommt, wenn man sich wieder und wieder durch Dialoge quält, weil man bei den Kämpfen versagt, aber leider nicht vorher abspeichern kann.

Kurzum:

Meinetwegen kann der Ripper diese Welt auseinandernehmen.
Pro
  • Eines der besten Drehbücher, die ein Spiel jemals hatte
  • Präsentation lässt Raum für Vorstellungskraft
  • Sci-Fi-Fantsy-Mix ergibt einen gelungenen Strategie-Teil
Kontra
  • kokettiert mit Indie-Label und Retro-Charme, um Designschwächen zu verbergen
  • Präsentation setzt Vorstellungskraft und Lesewut voraus
  • Levelschläuche, vielmehr Level-Streichholzschachteln
  • X-Com-Strategie und Visual Novel vertragen sich nicht und ergeben ausserdem kein RPG
  • Skripte vertragen nicht den kleinsten Ausbruch aus vorgeschriebenen Pfaden
  • Speicherpunkte zerstören die Stärken des Spiels
 

Shadowrun Returns

Shadowrun Returns
sf2000
sf2000 31.07.2013 PC 
40%
5 2

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