Tödliche Sturmattacke
Los, einfach alle Mann nach vorne! Dieses Alien-Kroppzeug werde ich doch mit meinem Trupp überrennen. Zumal die explosiven Gefechte selbst in voll aufgedrehtem 3D bei einer Änderung des Blickwinkels nicht wackeln. Wenn man
Code Name: S.T.E.A.M. auf dem New 3DS spielt, bleibt das Bild mit räumlicher Tiefe stabil. Aber noch wichtiger ist: Man taucht auch bei abgeschalteter Funktion ein in ein farbenfrohes viktorianisches Steampunk-London. Die Präsentation punktet mit tollem Intro, schickem Comicflair, Regie-Einblendungen und sogar Sprachausgabe.
Als Anführer eines von Abraham Lincoln zusammen gestellten Elitetrupps gilt es Außerirdische abzuwehren – in Japan trägt das Spiel übrigens den Untertitel "Lincoln vs. Aliens".
Ach so: Ich bin übrigens tot. Mein Trupp wurde komplett von diesen insektoiden Viechern aufgerieben. Die plumpe Sturmattacke ins Vorfeld war natürlich eine blöde Idee. Denn obwohl es cool ist, dass man einzelne Soldaten aus Schultersicht zunächst wie in
Valkyria Chronicles in Echtzeit bewegt und gerade diese Perspektive für einen Augenblick an fulminante Action erinnert, steckt anspruchsvolle Rundentaktik dahinter. Im Gegensatz zu
XCOM geht es etwas verspielter und arcadiger zur Sache, aber auch hier muss man seine Söldner abwechselnd und clever durch das Gelände führen.
Der Trupp der außergewöhnlichen Helden
Code Name: S.T.E.A.M. wird sämtliche amiibo-Figuren aus Fire Emblem unterstützen: Marth, Ike, Daraen und Lucina sind mit eigenen Fähigkeiten spielbar.
Man befehligt keine schnöden Uniformträger, sondern charismatische Figuren, die im Auftrag von Abraham Lincoln unterwegs sind. Wer sich für amerikanische Literatur interessiert, wird sich über die Hommage an einige Helden freuen: „Lion“ ist ähnlich wie in „Der Zauberer von Oz“ tatsächlich ein Löwe und kann mehrere Gegner mit seinem Gebrüll betäuben; Tiger Lily ist wie schon in „Peter Pan“ eine Indianerin, die Freunde heilen und einen Vogel einsetzen kann; Tom Sawyer sieht aus wie der Lausbube aus „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ und kann mit seiner Schleuder einen Minenteppich legen.
Auch der eigentliche Anführer Henry Fleming hat ein literarisches Vorbild, das weniger bekannt sein dürfte: In „The Red Badge of Courage“ von Stephen Crane taucht er erstmals 1895 auf, in einer Geschichte über den Amerikanischen Bürgerkrieg. Da hat sich Nintendo endlich mal etwas einfallen lassen, um frische Figuren abseits der bekannten Stars einzuführen. Wer darauf nicht verzichten will, muss in amiibo-Figuren investieren: Nur so können Marth & Co aus
Fire Emblem als spielbare Charaktere mitmischen. Ob die Story um diesen Trupp der außergewöhnlichen Helden überzeugen kann, bleibt natürlich noch abzuwarten. Der Einstieg hat mich zumindest angenehm überrascht, weil Intelligent System gekonnt mit heroischem Pathos und lockerem Comicflair jongliert. Noch wichtiger als Drehbuch oder Regie ist bei diesem Entwickler natürlich die Taktik. Wie funktioniert sie?