Der Körper im Spiel
Spätestens wenn die obersten Stockwerke eines Hochhauses zerbersten (Mirror's Edge Catalyst stammt aus dem
Battlefield-Studio Dice) und Faith durch den Rauch vor anfliegenden Helikoptern und Polizeikräften flieht, nimmt die Erzählung Schwung auf – Fluchtszenen waren für mich schon die Höhepunkte des ersten Mirror's Edge, denn in solchen Augenblicken kommen die Stärken der akrobatischen Action voll zur Geltung: Faith muss schnell und präzise laufen, klettern und springen. Gewehrsalven und die Rufe der Polizei treiben sie und meinen Puls an.
In wenigen Spielen werde ich so unmittelbar Teil des Geschehens! Immerhin nutzt Faith keine Waffen; anstatt ein Fadenkreuz über Gegner zu ziehen, ist jede Aktion eine physische Interaktion mit der Umgebung. Diese Körperlichkeit
Das freie Bewegen nach den Regeln des Parkour ist wie schon im Vorgänger die größte Stärke von Mirror's Edge Catalyst.
ist der Schlüssel zu dem vereinnahmenden Erlebnis, das Mirror's Edge damals wie heute zu etwas Besonderem macht.
Wenn der Greifhaken nicht greift
Während sowohl das Prinzip als auch die Steuerung also dem Vorgänger gleichen, hat Dice beides um wertvolle Nuancen ergänzt. So bestimmt man über die Dauer der gehaltenen Taste jetzt genauer, wie hoch Faith springt oder wie weit sie auf dem Hosenboden schlittert. Dadurch hüpft man seltener an vorgesehenen Stellen auf nur für diesen Moment drapierte Kisten, sondern bestimmt selbst, ob man mit angezogenen Beinen schnell über ein Hindernis hechtet oder es wie ein Sprungbrett für einen weiten Satz nutzt.
Per Greifhaken schwingt sich Faith außerdem über Straßen und Dächer: Verschiedene Versionen des Werkzeugs öffnen nicht nur neue Wege in der sich langsam öffnenden Stadt, sondern verkürzen auch Laufzeiten und sind in die Suche nach neuen Wegen eingebunden. Während fast alle Neuerungen die Möglichkeiten des Parkours erweitern, ist der Greifhaken allerdings fehleranfällig: Oft muss man an genau der richtigen Stelle stehen, um das in der Umgebung montierte Gegenstück zu treffen. Rückt man einen Meter nach links oder weicht gar auf eine wenig niedrigere
An einem Greifhaken überwindet Faith große Höhen. Richtig zuverlässig funktioniert das Werkzeug allerdings nicht.
Plattform aus, löst er erstaunlich häufig nicht aus. Mit ihm gelingen spektakuläre Aktionen. Er ist allerdings auch das unhandlichste Mittel der Fortbewegung.
Alltag der Boten
Abgesehen davon baut Dice das Prinzip Mirror's Edge aber auf sinnvolle Art aus – allein die offene Spielwelt ist eine konsequente Fortsetzung des virtuellen Parkours. Immerhin sind in der Stadt namens Glass viel mehr Geheimnisse versteckt als am Rande der geradlinigen Laufstrecken des Vorgängers. Viele Objekte dienen dabei nur als Wegweiser; um ein Gefühl dafür zu vermitteln, welche Höhen und Weiten Faith erreichen kann. Einige sind allerdings besser versteckt, darunter viele gelben Taschen sowie elektronische Werbetafeln, die Faith durch Auflegen ihres Netzwerk-Chips hackt. Wobei die wenigstens Ziele wirklich "versteckt" sind – die Frage ist vielmehr, wie man sie überhaupt erreichen kann. Denn oft muss Faith dafür nicht nur vertrackte Kletterpassagen meistern, sondern diese erst einmal erkennen.
An mehreren Stellen warten zudem Auftraggeber mit einem Päckchen, das innerhalb eines Zeitlimits ankommen soll. Automatisierte "Packstationen" leiten sie zudem mit jedem Auftrag an ein anderes Ziel, was die Nebenmissionen ein wenig auflockert. Nicht zuletzt kann sie Rennen absolvierten, deren Bestzeit in einer Onlinerangliste festgehalten wird.